Gesammelte Werke. Джек Лондон
blieb unbeachtet. Spider Hagerthy beugte sich mit aufgedunsenem Gesicht über ihn.
»Krieg nun keine Angst«, warnte er ihn. »Und vergiss die Instruktionen nicht. Du musst aushalten. Nicht aufgeben! Wenn du aufgibst, sollen wir dich nachher vertobaken. Verstanden? Du hast zu kämpfen.«
Das Publikum begann zu klatschen. Danny durchschritt den Ring, trat auf ihn zu und beugte sich zu ihm nieder. Er nahm Riveras Hand zwischen seine beiden und drückte sie mit überströmender Herzlichkeit. Das Publikum jubelte Beifall. Danny begrüßte seinen Gegner mit der Zärtlichkeit eines Bruders. Seine Lippen bewegten sich, und das Publikum, das die Worte, die er sprach, nicht hören konnte, sie aber als freundlich, liebenswürdig und sportsmäßig auffasste, schrie wieder. Nur Rivera hörte die leise gesprochenen Worte.
»Du kleine mexikanische Ratte«, drang es zischend zwischen den lächelnden Lippen hervor, »ich will dir die Eingeweide zum Leibe herausprügeln.«
Rivera rührte sich nicht. Er stand nicht auf. Er sah den anderen nur voller Hass an.
»Steh auf, du Hund«, heulte jemand im Hintergrund des Zuschauerraums. Die Menge begann ihn wegen seines wenig sportgerechten Benehmens auszuzischen und auszupfeifen, aber er blieb sitzen.
Ein neuer Beifallssturm begrüßte Danny, als er sich durch den Ring auf seinen Platz zurückbegab.
Als Danny sich entkleidete, wurde begeistert »Ah!« und »Oh!« gerufen. Sein Körper war vollkommen und strotzte von Geschmeidigkeit, Kraft und Gesundheit. Die Haut war weiß und glatt wie die einer Frau. Und unter ihrer Oberfläche spielten Anmut, Gewandtheit und Stärke. Das hatte er in Dutzenden von Kämpfen bewiesen. Sein Bild war durch die gesamte Sportpresse gegangen.
Als Spider Hagerthy Rivera das wollene Hemd über den Kopf zog, wurde gezischt. Sein Körper erschien wegen der dunklen Hautfarbe schmächtiger, als er in Wirklichkeit war. Er hatte Muskeln, aber sie traten nicht so in Erscheinung wie die seines Gegners. Was das Publikum dagegen übersah, war seine tiefe Brust. Und es hatte auch keine Ahnung – und konnte sie auch nicht haben – von der Zähigkeit seiner Muskelbänder und von der Explosivkraft seiner Fäuste. Das einzige, was das Publikum sah, war ein braunhäutiger, achtzehnjähriger Bursche mit einem Körper, der wie der eines Knaben wirkte. Da war Danny doch ganz etwas anderes. Das war ein Mann von vierundzwanzig Jahren, und sein Körper der eines Mannes. Der Gegensatz war noch auffälliger, als sie nebeneinander im Ring standen und die letzten Weisungen des Schiedsrichters empfingen.
Rivera bemerkte, dass Roberts direkt hinter den Reportern saß. Er war noch mehr berauscht als gewöhnlich und seine Rede entsprechend schleppender.
»Nur immer ruhig, Rivera«, sagte Roberts. »Totschlagen kann er dich nicht, das vergiss nicht. Er wird gleich im Anfang mächtig auf dich losgehen, aber lass dich nicht dadurch verblüffen. Deck dich nur gut, steh fest und geh in Clinch. Dann kann er dir nichts weiter tun. Stell dir einfach vor, dass er im Trainingssaal auf dich losschlüge.«
Rivera gab kein Zeichen, dass er es gehört hätte.
»Ein mürrischer kleiner Teufel«, murmelte Roberts seinem Nebenmann zu. »So ist er immer gewesen.«
Aber Rivera vergaß, ihm seinen üblichen gehässigen Blick zuzuwerfen. Eine Vision zeigte sich ihm in Gestalt zahlreicher Gewehre. Jedes Gesicht im Zuschauerraum von den teuersten Plätzen bis ganz hinten, soweit er sehen konnte, hatte sich in ein Gewehr verwandelt. Und er sah die mexikanische Grenze vor sich – ausgedörrt, von der Sonne versengt und trostlos, und an ihr die zerlumpten Scharen, die auf die Gewehre hofften.
Er wartete, aufrecht ganz hinten in seiner Ecke stehend. Seine Sekundanten waren unter den Seilen hinausgekrochen und hatten ihre Klappstühle mitgenommen. Danny stand ihm gegenüber in der entgegengesetzten Ecke des viereckigen Ringes. Der Gong ertönte, und der Kampf begann. Das Publikum brüllte vor Freude. Noch nie hatte es einem Kampf beigewohnt, der überzeugender begann. Die Zeitungen hatten recht gehabt. Es war ein Kampf zwischen erbitterten Feinden. Drei Viertel der Entfernung legte Danny in einem Sprung zurück, um seinem Gegner auf den Leib zu kommen, ein Vorstoß, der deutlich verriet, dass es seine Absicht war, den kleinen Mexikaner mit Haut und Haaren zu fressen. Er griff nicht mit einem Schlage, nicht mit zweien, nicht mit einem Dutzend Schlägen an. Es war ein Wirbelwind von Schlägen, ein vernichtender Sturm. Rivera verschwand gleichsam. Er wurde überschüttet, begraben unter Lawinen von Schlägen, die ein Meister von überall her austeilte. Er wurde über den Haufen gerannt, gegen die Seile gefegt, vom Schiedsrichter losgebracht und abermals gegen die Seile geschleudert.
Es war kein Kampf. Es war ein Gemetzel, ein Blutbad. Jedem anderen Publikum als den Zuschauern eines Boxkampfes wäre einfach in dieser ersten Minute die Luft ausgegangen. Wahrhaftig: Danny wusste, was er konnte – es war eine fabelhafte Leistung. Das Publikum war seiner Sache so sicher und dabei so aufgeregt und voreingenommen, dass es ganz übersah, dass der Mexikaner sich noch auf den Beinen hielt. Es hatte Rivera ganz vergessen. Es sah ihn kaum, derart verschwand er unter der mörderischen Attacke Dannys. Eine Minute verging auf diese Weise, und noch eine. Dann sah das Publikum in einem Augenblick, als die Kämpfenden getrennt waren, deutlich den Mexikaner. Eine Lippe war gespalten, seine Nase blutete. Als er sich umdrehte und wankend in Clinch ging, sah man dort, wo er die Seile berührt hatte, rote Streifen auf seinem Rücken, aus denen das Blut hervorquoll. Was das Publikum aber nicht bemerkte, war, dass seine Brust nicht schwer arbeitete und dass seine Augen kalt und ruhig wie je waren. Allzu viele angehende Meister hatten es bei dem alles eher als weichlichen Training mit ähnlichen mörderischen Angriffen auf ihn versucht. Gegen eine Vergütung von einem halben Dollar bis zu fünfzehn Dollar wöchentlich hatte er durchzuhalten gelernt – eine harte Schule, die er durchgemacht hatte.
Da geschah etwas Erstaunliches. Das verwirrende Handgemenge, dessen Einzelheiten man kaum zu folgen vermochte, hörte plötzlich auf. Rivera stand allein da. Danny, der furchtbare Danny, lag auf dem Rücken. Sein Körper zitterte, während er langsam das Bewusstsein wiedergewann. Er hatte weder gewankt, noch war er niedergesunken oder langsam zu Boden gefallen. Riveras Rechte hatte ihn, als er in der Luft schwebte, wie ein Blitz aus heiterem Himmel getroffen. Der Schiedsrichter wies Rivera durch eine Handbewegung zurück und beugte sich, die Sekunden zählend, über den gefallenen Helden. Das Publikum eines Boxkampfes pflegt den fällenden Schlag mit Beifall zu begrüßen. Aber dies Publikum jubelte