Gesammelte Werke. Джек Лондон
legte seinen eigenen Handschuh Rivera auf den Mund, um ihm den Atem zu nehmen. Wenn sie einander dicht auf dem Leibe waren, zischte er zwischen den aufgeschlagenen, aber lächelnden Lippen Rivera abscheuliche, unaussprechliche Schimpfworte ins Ohr.
Alle, vom Schiedsrichter bis zum Publikum, hielten zu Danny und halfen Danny. Und sie wussten, was er im Sinne hatte. Überwältigt durch diesen überraschenden Unbekannten, setzte er all seine Hoffnung in einen einzigen entscheidenden Schlag. Er gab sich Blößen und steckte die Schläge ein, reizte seinen Gegner, machte Scheinangriffe und versuchte Rivera dahin zu bringen, dass er sich die Blöße gab, die es ihm erlaubte, aus aller Kraft zuzuschlagen und zu siegen. Wie ein anderer, größerer Boxer vor ihm getan, konnte er seinen Gegner vielleicht mit einem Rechten und einem Linken auf den Solarplexus und über das Kinn treffen. Er konnte es, denn er war bekannt für die Stoßkraft, die in seinen Armen war, solange er sich nur auf den Beinen halten konnte.
Riveras Sekundanten sorgten in den Pausen zwischen den Runden nur wenig für ihn. Sie trockneten ihn ein bisschen mit den Handtüchern ab, verschafften aber seiner keuchenden Lunge nicht viel Luft. Spider Hagerthy gab ihm Ratschläge, aber er wusste, dass es schlechte Ratschläge waren. Alle waren gegen ihn. Er war von Verrätern umgeben. In der vierzehnten Runde brachte er Danny wieder auf den Boden und ruhte sich aus, während der Schiedsrichter die Sekunden zählte. Aus der anderen Ecke hatte Rivera ein verdächtiges Flüstern gehört. Er sah, wie Michael Kelly zu Roberts ging, sich über ihn beugte und ihm etwas zuflüsterte. Riveras Ohren waren wie die einer Katze, in der Wüste geübt, und er hörte Bruchstücke von dem, was Michael sagte. Er wollte gern mehr hören, und als sein Gegner sich erhob, glückte es ihm, so zu manövrieren, dass er Gelegenheit zu einem Clinch an den Seilen bekam.
»Er muss«, hörte er Michael sagen, und Roberts nickte. »Danny muss gewinnen – ich verliere ein Vermögen – ich habe eine Unsumme gewettet – mein eigenes Geld – wenn er die fünfzehnte Runde durchhält, bin ich ruiniert – der Junge wird sich danach richten, was du sagst. Steck es ihm.«
Und jetzt hatte Rivera keine Visionen mehr. Sie versuchten ihn zu narren. Noch einmal schlug er Danny zu Boden und ruhte sich, die Hände in die Seiten gestützt, aus. Roberts stand auf.
»Jetzt ist er fertig«, sagte er. »Geh in deine Ecke.«
Er sprach gebieterisch, wie er oft beim Training mit Rivera gesprochen hatte. Aber Rivera sah ihn erbittert an und wartete, dass Danny aufstehen sollte.
Als er in der minutenlangen Pause wieder in seiner Ecke saß, kam Kelly, der Unternehmer, zu Rivera und sprach mit ihm. »Gib auf, verdammter Kerl!« fauchte er leise. »Du musst dich schmeißen lassen, Rivera. Tue, wie ich dir sage, und ich sichere dir deine Zukunft. Nächstes Mal lasse ich dich über Danny siegen. Aber diesmal musst du dich besiegen lassen.« Rivera ließ ihn durch einen Blick verstehen, dass er seine Worte gehört hatte, gab aber durch kein Zeichen zu erkennen, ob er einwilligte oder nicht.
»Warum sagst du nichts?« fragte Kelly zornig.
»Du verlierst unter allen Umständen«, fügte Spider Hagerthy hinzu. »Der Schiedsrichter lässt dich nicht siegen. Höre auf Kelly und lass dich schmeißen!«
»Ja, lass dich schmeißen, mein Junge!« drang Kelly in ihn. »Dann verhelfe ich dir zur Meisterschaft.«
Rivera antwortete nicht.
»Ich tue es, so wahr mir Gott helfe, mein Junge.«
Als der Gong ertönte, hatte Rivera das Gefühl, dass irgendeine Gefahr ihm drohte. Das Publikum merkte nichts. Was es auch sein mochte – jedenfalls war es innerhalb des Ringes und ganz in seiner Nähe. Danny schien seine frühere Sicherheit wiedergewonnen zu haben. Die Zuversichtlichkeit, mit der er ankam, erschreckte Rivera. Offenbar waren sie im Begriff, ihm irgendeinen Streich zu spielen. Danny sprang auf ihn los, aber Rivera wich ihm aus. Er brachte sich in Sicherheit, indem er einen Schritt zurücktrat. Der andere hatte erwartet, dass er in Clinch gehen würde. Das war zu einem gewissen Grade nötig, wenn der Streich gelingen sollte. Rivera zog sich zurück und umkreiste den Gegner, fühlte aber doch, dass bei dem Zusammenstoß, der früher oder später erfolgen musste, der Kniff versucht werden würde. Als Danny wieder vorstürmte, tat Rivera, als wolle er in Clinch gehen. Aber im letzten Augenblick sprang er, gerade als ihre Leiber zusammenstoßen wollten, rasch zurück. Und im selben Augenblick ertönte aus Dannys Ecke der Ruf: »Foul!« Rivera hatte sie angeführt. Der Schiedsrichter zögerte unentschlossen. Die Entscheidung, die ihm auf den Lippen lag, fiel nie, denn eine Knabenstimme auf der Galerie schrillte: »Schiebung!«
Danny schimpfte laut auf Rivera und stürmte auf ihn los, aber Rivera wich ihm tänzelnd aus. Rivera beschloss jetzt, nicht mehr nach dem Körper des anderen zu zielen. Damit setzte er seine halbe Chance, zu gewinnen, aufs Spiel, aber er wusste, dass er, wenn er überhaupt siegen wollte, den Nahkampf vermeiden musste. Beim geringsten Anlass würden sie ihn eines »Fouls« beschuldigen. Danny ließ alle Vorsicht beiseite. In zwei Runden stürmte er auf den Jungen los, der ihm nicht im Nahkampf zu begegnen wagte. Immer wieder wurde Rivera getroffen; er steckte die Schläge zu Dutzenden ein, um dem gefährlichen Nahkampf zu entgehen. Bei dieser einzig dastehenden Schlussszene Dannys erhob das Publikum sich und wurde wahnsinnig. Es verstand nichts von dem, was vorging. Das einzige, was es sehen konnte, war, dass sein Favorit doch siegte.
»Warum kämpfst du nicht?« schrien sie Rivera zornig zu. »Jammerlappen! Jammerlappen! Los, du Hund! Schlag ihn tot, Danny! Du hast ihn ja schon! Hau ihn«
Von allen im ganzen Hause war Rivera der einzige, der seine Kaltblütigkeit bewahrte. Nach Temperament und Rasse war er der leidenschaftlichste von allen, aber er war so weit größeren Aufregungen ausgesetzt gewesen, dass diese gemeinsame, aus zehntausend Kehlen schreiende Leidenschaft, die sich Woge auf Woge erhob, ihm nicht mehr als die sammetartige Kühle eines Sommerabends bedeutete.
In der siebzehnten Runde setzte Danny seine Angriffe fort. Unter einem heftigen Schlag wankte Rivera. Seine Hände sanken hilflos herab, während er widerstrebend zurücktaumelte. Jetzt dachte Danny, dass seine Chance gekommen wäre. Der Junge war in seiner Gewalt. Durch diese Komödie überrumpelte Rivera ihn und traf ihn mit der geraden Rechten auf den Mund. Danny fiel. Als er aufstand, fällte Rivera ihn durch einen rechten Haken auf Hals und Kinn. Das wiederholte sich dreimal. Kein Schiedsrichter der Welt hätte von einem Foul sprechen können.
»Oh, Bill! Bill!« flehte Kelly den