Die wichtigsten Dramen von Ödön von Horváth. Ödön von Horváth

Die wichtigsten Dramen von Ödön von Horváth - Ödön von Horváth


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KOHN

      kommt langsam von links; unterdrückt zum Polizisten: Sehen Sie nicht hin! Er sieht her. Dort drüben: unterm Haustor. Dort steht einer –

      POLIZIST

      schielt vorsichtig nach links: Aha. Er winkt unauffällig einem Polizisten und eilt mit ihm plötzlich nach links ab. Man hört »Halt!« rufen. Alle starren nach der Richtung. Man hört Laufen und Rufen; dann wie einer stolpert, zur Erde sinkt und festgehalten wird. – Das Licht im Laden erlischt.

       Inhaltsverzeichnis

       Das bürgerliche Wohnzimmer. Die Türe rechts ist geöffnet. Sturmnacht.

       Ilse tritt durch die Haustüre ein und wendet sich auf der Schwelle Müller zu, der im erleuchteten Treppenhause steht.

      ILSE

      leise: Daß du mich bis herauf begleitest war doch unnötig. Geh nun bitte.

      MÜLLER

      leise: Wann sehen wir uns wieder?

      ILSE

      Ich dachte du wolltest mich nicht mehr sehen.

      MÜLLER

      Quatsch! Wenn du –

      ILSE

      Schrei doch nicht so! Sie lauscht in die Wohnung; der Wind wimmert; dumpf. Einmal geht man aus.

      MÜLLER

      Ilse. Vergib, wenn ich grob und ungeduldig war. Aber deine Ansichten –

      ILSE

      unterbricht ihn: Ich habe ja gar keine Ansichten.

      MÜLLER

      Du hast sogar vortreffliche, jedoch auch –

      ILSE

      unterbricht ihn wieder: Jetzt schweig endlich! Und geh, geh –

      MÜLLER

      Nein.

      ILSE

      Ich schließ die Türe. Müller stemmt sich dagegen. Ich schrei.

      MÜLLER

      ergreift ihr Handgelenk: Schrei.

      ILSE

      Herbert laß mich, au! Tust weh! Bitte, ich – Müller tritt ein; schließt die Türe, Finsternis; umarmt sie. Nein! Nicht – Stille.

      Atemlos. Jetzt geh. Bitte.

      MÜLLER

      Nur zwei Minuten. Alles schläft. Niemand kommt.

      ILSE

      Das kann niemand wissen, du – Stille; unten schlägt der Wind eine Türe zu.

      MÜLLER

      Du. Heut Abend. Ich fühle so, wenn wir uns quälen: haben eine Seele –

      ILSE

      Nimm die Hand fort, nicht – oh! Die Hausglocke ertönt. Die zwei fahren auseinander. Schreit unterdrückt auf. Jesus Maria!

      MÜLLER

      Vielleicht ein Telegramm.

      ILSE

      Wir bekommen nie ein Telegramm. Still, geh – es ist wer im Zimmer!

       In der Ecke links im Hintergrunde fällt ein Stuhl um; jemand röchelt; es läutet nochmals kräftiger. Müller öffnet rasch die Haustüre und prallt zurück. Draußen stehen der Kommissar und zwei Detektive. Paul tritt verschlafen in Hemd und Hose durch die linke Türe ein.

      KOMMISSAR

      zu Müller: Sie bleiben!

      MÜLLER

      Aber –

      KOMMISSAR

      drängt ihn zurück: Kein Aber! Licht! Paul dreht das Licht im Vorzimmer an. Die anderen erblicken ihn. Polizei. Wer ist Herr Paul Klamuschke?

      PAUL

      Ich.

      MÜLLER

      zu Paul: Hatte Fräulein Ilse nur nachhause begleitet.

      KOMMISSAR

      grinst; zu Müller: Sie heißen?

      MÜLLER

      Herbert Müller. Student.

      PAUL

      begreift nicht: Ja: aber was soll das?

      KOMMISSAR

      Wir suchen Ihren Bruder.

      PAUL

      Herr, ich habe keinen Bruder!

      KOMMISSAR

      Das sind doch nur Wörter!

      PAUL

      Es sind nicht nur Wörter! Doch bleiben wir sachlich.

      KOMMISSAR

      Gut! Wenzel Klamuschke steht im Verdachte einen Raubmord verbrochen zu haben. Sie hatten ihn bereits gefaßt, aber er entkam den beiden Agenten. Mathilde erscheint in der Türe links. Sie verstehen: unsere Pflicht ist nachforschen. Überall. Also auch hier.

      PAUL

      Bitte. Er dreht das Licht im Wohnzimmer an, in der Ecke links im Hintergrunde mit Hosenträgern an einem Hacken erhängt Wenzels Leichnam; am Boden ein umgeworfener Stuhl.

      MATHILDE

      gellend: Herrgott! Alle starr – Dann schneiden die beiden Detektive die Leiche ab und betten sie auf das Sofa.

      KOMMISSAR

      Da: Wenzel Klamuschke.

      ILSE

      zu Müller: Das halt ich nicht aus! Er sah mich an, komm! Ein Polizist hünenhaft; erscheint in der Haustüre.

      KOMMISSAR

      Niemand verläßt die Wohnung!

      MATHILDE

      ist anderswo; tonlos: Er kommt wieder, er kommt wieder –

      PAUL

      Thilde!

      EIN DETEKTIV

      hat die Leiche untersucht: Tot.

      KOMMISSAR

      Verständigen Sie 57 8 12. Rasch! Detektiv ab. Zu Paul. Sie wußten, daß er hier war.

      PAUL

      Nein.

      KOMMISSAR

      Wer öffnete dann? Paul zuckt die Achseln. Es riecht nach Mitwissen. Wir führen strenge Untersuchung. Der Tod des Täters kann keinen Beteiligten begnadigen.

      MATHILDE

      Daß immer so viele mitgestraft werden –

      KOMMISSAR

      Nur die Schuldigen! Paul grinst.

      MÜLLER

      Herr Kommissar, darf ich nun gehen? Hatte ja Fräulein Klamuschke nur nachhause begleitet.

      KOMMISSAR

      Nein. Muß erst sehen – Er denkt nach; notiert.

      MUTTER

       erscheint in der Türe links, erblickt Wenzel; nickt und starrt vor sich hin.

      PAUL

      zum Kommissar: Meine Mutter.

      


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