Der Landdoktor Staffel 3 – Arztroman. Christine von Bergen

Der Landdoktor Staffel 3 – Arztroman - Christine von Bergen


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Augen.

      »Nachdem sich Claudia in unsere Gegend verliebt hat, möchte sie hier ein kleines Haus mieten«, fuhr Angela fort.

      »Vielleicht ein Haus, das mitten im Grünen liegt«, verdeutlichte Claudia Koch ihre Vorstellungen. »Das würde passen.«

      »Meine Eltern und ich haben uns schon umgehört, aber bis jetzt noch nichts entdeckt«, sagte die Braut in bedauerndem Ton.

      »Ich werde meine Ohren offen halten«, versprach Matthias Brunner ihrer Freundin. »Vielleicht höre ich diesbezüglich etwas von meinen Patienten.«

      »Ich bewundere Ihren Mut«, führte Ulrike mit anerkennender Miene die Unterhaltung fort. »Habe ich das richtig verstanden, dass Sie bisher als Apothekenhelferin gearbeitet haben?«

      »Ja. Ende nächster Woche ist mein letzter Arbeitstag.« Claudia hustete ein paar Mal, dann fuhr sie sichtlich erfreut über das Interesse des Arztehepaars fort: »Verzeihung. Also, mein Chef ist plötzlich verstorben, und die Apotheke wird verkauft, was ich als Wink des Schicksals angesehen habe. Schon seit Langem stehe ich den chemisch hergestellten Arzneimitteln skeptisch gegenüber. Deshalb hat mir mein Beruf auch keinen Spaß mehr gemacht. Ich habe den Kunden die Medizin mit immer größerem schlechten Gewissen verkauft.«

      »Claudia ist eine leidenschaftliche Verfechterin der Homöopathie und Naturheilkunde«, klärte Angela die Brunners mit schelmischem Zwinkern auf.

      Ihre Freundin lachte vergnügt. »Ich weiß, dass Sie als Mediziner meine Meinung nicht teilen können«, sagte sie zu dem Landarzt.

      »Lassen Sie mich Ihre Ansicht ein klein wenig zu meinen Gunsten korrigieren«, berichtigte Matthias sie lächelnd. »Sowohl die Naturmedizin wie auch die sprichwörtlichen chemischen Keulen haben ihre Berechtigung. Und ihre Zeit. Bei einfachen Erkältungen rate ich zum Beispiel meinen Patienten auch, es mit Tees oder Aufgüssen zu versuchen. Ich halte viel von den Selbstheilkräften des Körpers. Es gibt jedoch Krankheiten …« Er verstummte, als er den Ausdruck von Unwillen in den großen schwarzen Augen sah.

      Vielleicht ging Claudia Koch mit ein wenig zu viel Leidenschaft an die Verwirklichung ihres Traums?, fragte er sich im Stillen. Ein zu enger Blick auf die Dinge konnte womöglich ihre Chancen auf Erfolg mindern.

      »Ich empfinde große Achtung vor jungen Menschen, die einen Traum haben und für seine Verwirklichung kämpfen«, sagte er zu ihr. »Obwohl ich natürlich ein paar Hürden bei der Verwirklichung Ihres Projektes sehe. Darf ich das so sagen?«, fragte er mit väterlichem Lächeln.

      Da seufzte Claudia laut auf. Sie musste husten, bevor sie antwortete: »Ich leider auch. Aber trotzdem…« Sie straffte sich. »Zumindest bin ich schon einmal davon überzeugt, dass ich mir den richtigen Ort zur Verwirklichung meiner Pläne ausgesucht habe. Das Ruhweiler Tal und seine Umgebung sind ein wahres Kräuterparadies, was die vielen Wanderer, die hier durch die Natur streifen, gar nicht wissen. Also habe ich hier die Bestandteile meiner Produkte geradewegs vor der Haustür. ­Wissen Sie, ich habe ganz genaue Vorstellungen. Das Haus, das ich suche, soll mir die Möglichkeit ­geben, dort wohnen zu können. Weiterhin muss es über Räumlichkeiten verfügen, wo ich meine Produkte herstellen wie auch verkaufen kann. So spare ich Kosten.«

      Matthias schmunzelte. »Ein genaues Konzept ist schon einmal eine gute Voraussetzung.«

      »Haben Sie sich auch schon überlegt, wie Sie Ihren Namen und Ihre Produkte im Tal bekannt machen wollen?«, erkundigte sich Ulrike, die ein Händchen fürs Geschäftliche hatte. »Seien wir ehrlich, Murmeltiersalben kann man bei uns im Schwarzwald in jedem Souvenirladen kaufen.«

      Das hübsche Gesicht der Schwarzhaarigen verzog sich zur besorgten Miene.

      »Das ist ein Problem, das ich natürlich auch sehe. Ich dachte daran, Flyer zu verteilen. Vielleicht im Touristenbüro, in Hotels und Pensionen.«

      »Da kommt mir gerade eine Idee.« Matthias rieb sich die Stirn, bevor er weitersprach. »Eine Idee, die Sie möglicherweise umsetzen könnten. Unser alter Apotheker hat gerade sein Geschäft in junge Hände übergeben. Der neue Apotheker will das Sortiment erweitern. Nehmen Sie zu ihm Kontakt auf. Wie heißt er noch mal?« Er sah seine Frau fragend an.

      »Dr. Thomas Brandler«, wusste die Landarztgattin.

      »Vielleicht kann Dr. Brandler ein paar Produkte aus Ihrem Sortiment bei sich aufnehmen«, sprach Matthias weiter.

      »Stimmt.« Ulrike Brunner nickte. »Es ist immer gut, mehrere Vertriebsschienen zu haben, besonders, wenn man in einem so kleinen Ort wie unserem noch unbekannt ist.«

      »Und unser Bauernmarkt in Kürze«, fiel Matthias ein. »Dort sollten Sie unbedingt mit einem Stand vertreten sein. Er ist stets gut besucht.«

      »Danke, ich werde mir Ihren Rat zu Herzen nehmen«, erwiderte Claudia sichtlich dankbar für so viel Interesse an ihrer Person und ihrer Geschäftsidee. Wieder hinderte sie ein mehrmaliges Husten daran weiterzusprechen.

      »Wissen Sie was? Kommen Sie doch in den nächsten Tagen zu uns zum Kaffee«, lud die Landarztfrau sie mit herzlichem Lächeln ein. »Dann können wir uns noch einmal in Ruhe unterhalten. Hier unter den vielen Leuten bei der lauten Musik …«

      Nur zu gern nahm die junge Frau diese Einladung an. Vielleicht würde der neue Apotheker aus Ruhweiler gegenüber den Naturheilmitteln etwas positiver eingestellt sein als ihr ehemaliger Chef. Falls ja, dann konnte sie womöglich einen Verbündeten für sich gewinnen; andernfalls musste sie ihn als Konkurrenten betrachten. Sie war jedenfalls wild entschlossen, ihre Idee gegen jeden Widerstand in die Tat umzusetzen.

      *

      Claudia sah sich nach beiden Seiten um. Nun war sie schon zum vierten Mal im Ruhweiler Tal. Dieses Mal, um zu bleiben.

      Wie bei ihren ersten Besuchen kam es ihr so vor, als wäre hier die Zeit stehen geblieben. In dem beschaulichen Ort schienen die Uhren noch langsamer zu laufen als anderswo auf der Welt. Kein lärmender Straßenverkehr, keine laute Betriebsamkeit zerrissen die friedliche Stille auf der Landstraße, die zu beiden Seiten schmucke Bauernhäuser säumten. Sie lagen in blühenden Wiesen. Schafgarbe, Hahnenfuß und Wiesenschaumkraut überhauchten die sattgrünen Flächen mit Gelb, Grün und Lila. Über ihnen erhoben sich dunkelgrüne Wälder. Sie zogen sich bis in das helle Blau des Himmels hin. Die Leute auf der Dorfstraße bewegten sich im gemächlichen Tempo, eilten nicht hektisch mit gesenktem Kopf durch die Gegend wie in Freiburg.

      Langsam fuhr sie an dem kleinen Marktplatz vorbei, an der weißen Kapelle mit dem Zwiebelturm, auf dessen Spitze der goldene Wetterhahn wie ein Willkommensgruß für sie in der Abendsonne aufblinkte. Hinter der Kirche gab es einen Gasthof, ihm gegenüber, zwischen Apotheke und Fleischerei, einen Blumenladen sowie ein Café.

      Claudia musste wieder husten.

      Nun gut, in der klaren Luft hier droben würde ihr hartnäckiger Husten, dem sie schon seit Längerem mit Kamille- und Pfefferminzdampfbädern, Einreibungen mit ätherischen Ölen sowie Hustentropfen aus Thymian und Primeln zu Leibe rückte, bald der Vergangenheit angehören.

      Ihr ging das Herz auf, als sie hinter dem Ortsausgangsschild das Haus in den Wiesen liegen sah. Ihr neues Zuhause, ihre zukünftige Arbeitsstätte.

      In das kleine ehemalige Bauernhaus mit dem tief gezogenen Schindeldach hatte sie sich auf den ersten Blick verliebt. Es gehörte einem Bekannten von Dr. Brunner, einem sympathischen älteren Herrn, der in Baden-Baden in einer Seniorenresidenz lebte und von ihrer Geschäftsidee sehr angetan gewesen war. Da sich ihr Traum so schnell verwirklicht hatte, sah sie ihre Zukunft unter einem guten Stern stehen.

      Sie parkte vor dem hölzernen Gartentor und stieg aus. Sofort musste sie wieder husten.

      So viel klare Luft war sie gar nicht mehr gewöhnt, dachte sie belustigt, nachdem sie sich wieder beruhigt hatte.

      Sie schaute hoch zu dem unendlich weiten Himmel, der türkisfarben zwischen den Fichten hervorblitzte. Roséfarbene Wolken segelten an ihm dahin. Welch eine Idylle! Stille umfing sie. Keine Totenstille, nein. Eine lebendige Stille, begleitet vom leisen Rauschen der Tannen. In einem der Kirschbäume vor


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