Butler Parker Staffel 3 – Kriminalroman. Günter Dönges
besser übersehen konnte.
Eine der Rotnasen holte tatsächlich Streichhölzer hervor und verbeugte sich ironisch vor dem Butler.
»Rauchen können Sie dann wohl allein, wie?«
»In der Tat, das erledige ich gern allein.«
Parker klappte das altertümliche Zigarrenetui zu und beugte sich über die Flamme des Streichholzes. Der andere Gangster schob sich nahe an den Butler heran. Ein plötzlicher Überrumpelungsversuch wäre von ihm jäh im Keime erstickt worden. Nein, Parker hatte keine Chance …!
Paffend, beifällig nickend, bedankte sich Parker und ließ sich wieder im Sessel nieder. Elsie Warner schloß enttäuscht die Augen.
Die beiden Rotnasen unterhielten sich leise miteinander und ließen den Butler nicht aus den Augen. Ihr Chef schien sie vor diesem so freundlich und harmlos aussehenden Mann besonders gewarnt zu haben.
Plötzlich erlitt der Butler einen Schwächeanfall. Die Zigarre entfiel seiner Hand. Er hüstelte und öffnete weit die Augen, als kämpfe er gegen eine bleierne Müdigkeit an. Aus dem Hüsteln wurde ein Röcheln, dann schlossen sich Parkers Augen. Ein Zucken ging durch seinen Körper, dann hing er sehr lässig und unvornehm im Sessel, streckte die Beine weit von sich.
»Vorsicht, das ist ein Trick«, murmelte die Rotnase rechts von Parker. Der Gangster wischte sich den Schweiß von der Stirn und hatte plötzlich Ärger mit seinem Gleichgewichtsgefühl. Die Waffe in der Hand wurde zentnerschwer. Der Gangster flüchtete sich auf einen Stuhl, ließ den Kopf hängen und verlor das Bewußtsein.
Die zweite Rotnase rief seinen Partner an. Keine Antwort. Elsie Warner lag nun ebenfalls still und unbeweglich auf der Couch. Schwer ging ihr Atem.
Der Gangster taumelte zum Fenster, wollte es aufreißen, um frische Luft eindringen zu lassen, doch das schaffte er nicht mehr.
Mit weichen Knien taumelte er zur Couch und ließ sich absichtslos neben Elsie nieder, die davon überhaupt nichts merkte. Polternd landete der Revolver auf dem Boden.
Genau in diesem Augenblick hob Parker hastig die Zigarre zum Mund und peitschte sich mit einem Zug des mehr als aromatischen Tabaks wieder auf. Doch auch sein Gang war unsicher, als er zum Fenster torkelte. Spaltbreit öffnete er es und schnappte nach frischer Luft.
Nicht umsonst hatte er um das Rauchen einer Zigarre gebeten. Das Etui enthielt nämlich nicht nur einen eingebauten Zigarrenabschneider, sondern auch eine Gaspatrone, die innerhalb weniger Sekunden totale Ohnmacht auslöste. Dank seiner eisernen Lungen, die selbst die Spezialzigarre vertrugen, hatte Parker länger ausgehalten als die Rotnasen.
Schnell wurde ihm wieder besser. Parker getraute sich jedoch nicht, das Fenster ganz zu öffnen. Es führte zur Straße hinaus. Und er wollte den erwartenden Chef der »Rotnasen« auf keinen Fall vorzeitig warnen.
Ein Geräusch an der Tür warnte ihn.
Parker konnte gerade noch das Fenster anlehnen und hinter der Couch in Deckung gehen, als die Tür sich öffnete. Der Chef der »Rotnasen« erschien im Zimmer, stutzte und sah sich mit gerunzelter Stirn und prüfenden Augen um.
Dann begriff er. Der Mann wollte flüchten, durch die Tür wischen und sie hinter sich zuwerfen. Da erhob sich Parker und richtete seinen vorsintflutlichen Colt auf den Gangster, der ihn starr und bösartig ansah.
»Ich hoffe, Sie bleiben noch etwas«, schlug Parker vor. »Wir haben uns ja noch so viel zu sagen …!«
»Sie verdammter Hund …!« fluchte der Chef der »Rotnasen« und wollte seine Waffe ziehen.
Der Colt in Parkers Hand dröhnte auf. Das Geschoß lähmte den Arm des Gangsters, der daraufhin aufsteckte und sein Spiel verloren gab.
»Ich schlage vor, bis zum Eintreffen der Polizei unterhalten wir uns schon etwas«, meinte Josuah Parker. »Es interessiert mich zu erfahren, wie Sie zum Chef einer solchen Gang avancieren konnten, Mr. Cardiff …!«
*
Leutnant Custer, Mike Rander, Massel, Gerald Thorne und Elsie Warner hörten schweigend zu. Josuah Parker versuchte sich kurz zu fassen und schilderte die Zusammenhänge. Da er dabei eine seiner Zigarren rauchte, waren die Anwesenden mit diesem Schnellverfahren durchaus einverstanden. Der Rauch dieser Zigarre zerrte an ihren Nerven. Sergeant Monti hatte es bereits vor einigen Minuten vorgezogen, das Feld zu räumen.
»Die Initiative, die Rotnasen zu gründen und Banken auszuplündern, ging von dem Clubsekretär Cardiff aus«, erläuterte der Butler in wohlgesetzten, verschnörkelten Wortungetümen. »Cardiff sah tagtäglich, was man sich für Geld alles leisten kann. Er wollte nicht länger Clubsekretär bleiben, sondern das Leben in Saus und Braus genießen.
Einschlägige Kenntnisse besaß er bereits. Cardiff, das steht inzwischen fest, heißt in Wirklichkeit anders und ist vorbestraft. Mit Leuten seines Schlages wußte er umzugehen. Als Miss Warner eingestellt wurde, zog er im Rahmen seiner Arbeit als Clubsekretär Erkundigungen über sie ein. Er fand heraus, daß Miss Elsie vorbestraft war.
Als sie mit Gerald Thorne und Henry Harrison näher bekannt wurde, wollte er Elsie zuerst direkt für sich einspannen. Doch dann hörte er, daß Elsie mit Lern Barry bekannt war. Barry, diesen Mann kannte Cardiff vom Hörensagen. Er witterte Zusammenhänge und beschattete das Trio Miss Warner, Thorne und Harrison. Als sie sich regelmäßig in Massels Boxring mit Barry trafen, da baute Cardiff seine Gang auf.
Er engagierte seine früheren Freunde Dungee, Spotters und Fayton. Sie waren sofort bereit, mit Cardiff wieder zusammenzuarbeiten. Als Maske wählten sie Rauschebärte und rote Pappnasen, die durch die Presse erst richtig populär wurden.
Bei einem dieser frechen Überfälle gelang es mir, Cardiff die Anstecknadel des Clubs zu entreißen. Ich gebe zu, daß ich dabei nachhalf, um bei der Gelegenheit wieder einmal die Geschmeidigkeit meiner Finger auszuprobieren. Diese Nadel nun wies mir den Weg.
Leider wurde mein Kollege Senfton, der Butler des St. John’s Club, erschossen, bevor er mir eine wichtige Mitteilung machen konnte. Senfton hatte Cardiff zur Rede gestellt, weil ihm einmal bekannt war, daß Cardiff nach Dienstschluß gern als St John’s Junior auftrat, um Geld Vortäuschen zu können, zum anderen, weil er an Cardiffs Anzug eine eingerissene Stoffstelle entdeckte. Cardiff fühlte sich durchschaut und ermordete den Butler.
Barry war ihm bekannt. Er hetzte ihn gegen Vorauszahlung auf meine Wenigkeit, womit Barry allerdings einiges Pech entwickelte. Es gelang mir mit sehr viel Glück, mich den Nachstellungen der Barry-Gang zu entziehen.
Um Verwirrung zu stiften, ließ Cardiff die übrigen Reservenadeln des Clubs verschwinden und lenkte den Verdacht auf Gerald Thorne und Henry Harrison.
Harrison mußte nach einem Mordversuch an mir in die Wohnung eines der Barry-Gangster gehen. Er sollte Spuren vernichten und sich möglicherweise als Täter anbieten. Ich räume ein, daß ich mich täuschen ließ. Jetzt gestand Cardiff, daß Harrison gehorchen mußte, er schuldete Cardiff recht viel Geld, dachte sich darüber hinaus nichts dabei.
Ähnlich verfuhr der Clubsekretär, als er Harrison aus dem Wege räumen mußte, da der junge Mann sich seinem Freund Thorne anvertrauen wollte. Cardiff zwang Harrison, mir zu sagen, Thorne habe ihn in Gus Sollings Zimmer geschickt. Bevor Harrison mit mir reden konnte, wurde er erschossen. Der Täter, es war Cardiff, benutzte dazu ganz absichtlich seinen eigenen Wagen. Damit wollte er sich im Endeffekt ein Alibi besorgen. Wer benutzt schließlich schon seinen eigenen Wagen, wenn ein Mord begangen werden soll? So ähnlich dachte Cardiff. Tatsächlich verblüffte er mich mit diesem Trick. Ich räume ein, daß ich etwas unsicher wurde, was sich dann recht schnell wieder legte.
Barry und seine beiden Leibwächter waren das nächste Ziel Cardiffs. Der Gangsterboß – wie es hier in den Staaten so treffend heißt – wollte nicht mehr mitspielen. Eine Maschinenpistole beendete diesen Aussteigeversuch. Die Einzelheiten sind inzwischen ja bekannt.
Conway, Barrys Buchhalter, entging diesem Massenmord und versuchte Kapital aus seinem Wissen zu schlagen. Dieser Versuch endete, wie ebenfalls bekannt wurde, mit einer bösen, aber nicht lebensgefährlichen