Butler Parker Staffel 3 – Kriminalroman. Günter Dönges
ich kenne diese Geschichte«, gestand Massel. »Aber reißen Sie mich nicht rein, Mr. Parker. Lern erzählte mir davon. Er hatte George und Sollings auf sie gehetzt. Warum, wußte ich nicht. Als Gus mächtig angeschlagen war, verlor George die Nerven und gab Sollings den Rest.«
»Falls das die Wahrheit ist, hat George diesen Mord bereits mit seinem eigenen Leben bezahlt«, stellte Parker fest. »Mr. Massel, nehmen Sie einen guten Rat von mir an, lehnen Sie in Zukunft jede Zusammenarbeit mit Gangstern ab. Falls Sie selbst noch einer sind, geben Sie dieses Handwerk besser auf. Die Erfahrung lehrt doch immer wieder und treffend, daß jeder Krug, der zum Brunnen geht, einmal bricht. Ich wünsche noch einen friedlichen Verlauf des Abends …!«
Parker lüftete seine schwarze Melone und verschwand im Ausgang. Eddie Massel grinste unverhohlen und zündete sich eine Zigarette an und starrte dem Butler nach …!
*
Carl Conway hielt sich in seiner Wohnung auf, die er fest verrammelt hatte. Er stand neben dem kleinen Tisch und hielt einen Telefonhörer in der Hand. Auf seinem schwammigen Gesicht hatten sich rote Flecken der Erregung gebildet.
»An Ihrer Stelle würde ich mir das sehr überlegen«, sagte er in seiner langsamen, schleimigen Art. »Mit mir fahren Sie nicht Schlitten, verlassen Sie sich darauf. Ich weiß schließlich, mit wem ich es zu tun habe.«
»Mich kennen Sie zwar, jedoch nicht meine beiden anderen Partner«, erwiderte die Rotnase kühl und ruhig. »Wenn Sie mich verpfeifen, geht’s Ihnen an den Kragen, Conway. Ihre Mörder können dann überall sein. Und sie werden Sie erwischen, wetten?«
»Ich beabsichtige nicht, Sie der Polizei zu verraten, doch dafür möchte ich belohnt werden, ich brauche so eine Art Schweigegeld.«
»Erpressung also …? Ausgeschlossen, darauf lasse ich mich nicht ein, Conway, denken Sie an Barry! Der wollte auch madig werden. Und was ist aus ihm geworden …? Sie wissen das doch am besten. Ihre Chance besteht darin, den Mund zu halten. Mehr sitzt für Sie nicht drin.«
»Damit bin ich auf keinen Fall einverstanden«, erwiderte der Buchhalter. »Ich lasse Ihnen Zeit bis morgen, dann möchte ich Ihre Vorschläge hören. Ende …!«
Conway legte auf und rieb sich nachdenklich den Nasenrücken. Wohl in seiner Haut fühlte er sich nicht. Er wußte, daß sein Gesprächspartner nicht geblufft hatte.
Entweder verrate ich ihn der Polizei und gehe das Risiko ein, daß seine Partner sich um mich kümmern, oder ich halte durch und lasse mich nicht bluffen. So überlegte Conway. Als er an die Summe dachte, die er von der Rotnase gefordert hatte, überlief es ihn heiß. Er war geldgierig. Mit dem Geld war er endlich in der Lage, am großen Leben teilnehmen zu können. Dann konnte er sich leisten, was immer er wollte. Vielleicht auch Elsie, die mit fliegenden Fahnen zu ihm übergehen würde, sobald sich das lohnte.
Seine Gedanken kreisten wieder, wie so oft in den vergangenen Wochen, um Elsie Warner, die bisher für ihn unerreichbar gewesen war.
Er goß sich ein Wasserglas von Whisky, und trank es in einem Zug leer. Carl Conway trat an das Fenster und sah ohne Absicht auf die Straße hinunter. Es war weit nach Mitternacht, der Verkehr schlief ein. Nur einzelne Wagen waren noch zu sehen.
Er kniff die Augen zusammen, als vor dein Haus plötzlich ein Auto anhielt. Der Blickwinkel war zu spitz. Er konnte nicht erkennen, wer den Wagen verließ.
Carl Conway bekam es mit der Angst zu tun. Hatte er zu vorschnell angerufen?
Hastig griff er nach dem 38er, der auf dem Tisch neben dem Telefon lag. Er war fest entschlossen, keinen Menschen in seine Wohnung zu lassen.
Bald schon klingelte es an der Wohnungstür.
Mit angehaltenem Atem und auf Zehenspitzen pirschte er sich an die Tür heran.
»Wer ist da?« rief er, seitlich an der Wand stehenbleibend.
»Carl, machen Sie schon auf …!« hörte er eine bekannte Stimme, die sein Blut in Wallung brachte. »Erkennen Sie mich denn nicht? Elsie Warner …!«
Conway ertappte sich dabei, daß er nach der Schließkette griff, um sie auszuhaken. Dann aber ließ er die Hand in der Schwebe und fragte sich, ob Elsie wohl allein gekommen sei. Oder brachte sie etwa seinen Mörder mit …?
*
Am anderen Morgen hielt Josuah Parker sich im Hauptquartier der Stadtpolizei auf und studierte die Augenzeugenberichte, die sich mit dem Auftreten der »Rotnasen« befaßten. Parker nahm sich sehr viel Zeit. Erst nach fast zwei Stunden bedankte er sich bei Custer und verließ das Haus.
Was Parker nun trieb, schien mit dem Fall überhaupt nichts zu tun zu haben. Er fuhr mit seinem hochbeinigen Monstrum etwa acht Adressen in der Stadt ab und unterhielt sich ausführlich mit den verschiedenen Augenzeugen. Parker stellte ganz präzise Fragen und ließ sich die Täter immer wieder genau beschreiben.
Ihn interessierte nicht, daß alle Augenzeugen die Gesichter der vier »Rotnasen« nicht beschreiben konnten. Ihm kam es darauf an, welchen Wuchs und welche noch so feinen Angewohnheiten die Täter gezeigt hatten.
Erst nach Mittag beendete er seine diversen Unterhaltungen und speiste in einem stillen französischen Feinschmeckerlokal. Bei einem guten Cognac und anschließend einer Tasse Mokka zog er ein vorläufiges Fazit. Da der sparsame Butler sich einen zusätzlichen Cognac leistete, war anzunehmen, daß er eine wichtige Spur gefunden hatte.
Es. verhielt sich tatsächlich so. Parker war auf eine der vier Rotnasen aufmerksam geworden, die stets eine gewisse Unsicherheit beim Gehen gezeigt hatte. Drei der befragten Personen hatten das erneut bestätigt. Um welche Rotnase es sich handelte, das wußten die Befragten nicht zu sagen.
Parker aber entwickelte und förderte in sich einen ganz bestimmten Verdacht, der durchaus seiner schon längst gebildeten Theorie entsprach.
*
Nach dem Mittagessen und seiner Siesta dachte der Butler daran, Carl Conway einen Besuch abzustatten. Es wurde Zeit, ihm auf den Zahn zu fühlen und an die Lügen zu erinnern, die er bisher hartnäckig vorgebracht hatte.
Parker erlebte jedoch eine herbe Überraschung. Sein Klingeln wurde nicht beantwortet. Conway schien nicht zu Hause zu sein. Der Butler genierte sich nicht, auch dieses fremde Türschloß zu öffnen. In dieser Hinsicht kannte er keine Hemmungen.
In weniger als einer Minute gab das Türschloß nach, Parker betrat vorsichtig die ihm bereits bekannte Wohnung, rief Conways Namen und spürte gleich, daß eine böse Überraschung in der Luft lag.
Es dauerte nicht lange, bis er den Buchhalter des Gangsterchefs fand.
Conway, nur mit einem übergeworfenen Bademantel bekleidet, lag in der Duschecke und rührte sich nicht. Wasser tropfte auf ihn hinab und spülte das Blut in den Ablauf. Daraus schloß Parker allein schon, daß die Tat an Conway erst vor ganz kurzer Zeit begangen sein mußte.
Zu seiner Überraschung lebte der Buchhalter aber noch. Seine Rippen hatten die beiden Schüsse, die auf ihn abgefeuert worden waren, verfälscht.
Josuah Parker ging zurück in den Wohnraum, fand das Telefon und wollte die Polizei verständigen. Dabei fiel sein Blick auf einen Notizblock, auf dem deutlich der Name Thorne und eine Telefonnummer standen.
Josuah Parker überlegte einen Augenblick, um dann den Zettel vom Block zu trennen. Er steckte ihn ein und verschob nun nicht länger den Anruf. Er ließ sich mit Leutnant Custer verbinden und gab lakonisch und trocken seinen Bericht.
Bis zum Eintreffen der Polizei sah Parker sich anschließend in der Wohnung des Buchhalters um. Er vergaß selbstverständlich nicht, Conway vorher einen Notverband anzulegen und ihn unter der tropfenden Brause wegzuziehen.
Im Schlafraum Conways entdeckte der Butler eine weitere Spur.
Demnach, so schlußfolgerte er, mußte Elsie Warner den Buchhalter besucht haben. Sie hatte den Kamm mit ihren Initialen auf dem Spiegelbord vergessen. E. W., nun, das konnte doch nur Elsie Warner heißen!
Der Butler überlegte