Butler Parker Staffel 3 – Kriminalroman. Günter Dönges
bekannt sein mußte. Schon daran sah Josuah Parker, daß Carl Conway tatsächlich Privatgeschäfte machen wollte. Er ließ sich dadurch aber nicht abhalten, auch den Namen des von seinem Partner erschossenen Gus Sollings zu nennen. Wie zu erwarten war, wußte Conway damit angeblich auch nichts anzufangen.
»Seien Sie versichert«, verabschiedete sich Parker nun endgültig, »daß ich den Polizeibericht, der Ihre Ermordung eines Tages bekanntgeben wird, mit großem Interesse lesen werde!«
Conway schluckte und sah unsicher an Parker vorbei. Er konnte sich trotz dieser eindringlichen Warnung aber nicht entschließen, die Wahrheit zu sagen. Er glaubte schlauer und gerissener zu sein als die ›Rotnasen‹…!
*
Am Abend dieses Tages riskierten die »Rotnasen« einen neuen Banküberfall. Es war, als könnten sie den Hals nicht voll genug bekommen. Oder aber sie wollten sich über die Anstrengungen der Polizisten lustig machen.
in der Nähe des Irving Park hatten sie sich wieder einmal eine Bankfiliale ausgesucht. Wieder zeigte es sich, daß sie alles sehr gut vorbereitet hatten. Im Gegensatz zu ihrer sonstigen Gewohnheit betraten sie die Filiale nicht durch den Haupteingang, sondern sie verschafften sich Zutritt durch die Hintertür.
In der Schalterhalle wurden die letzten Kunden abgefertigt. Die Kassierer waren mit ihren Tagesabrechnungen beschäftigt. Der Hauptkassierer und der Filialleiter standen vor dem geöffneten Tresor im Keller des Gebäudes und hatten gerade die schwere Panzertür geöffnet.
Genau in diesem Augenblick tauchten vier »Rotnasen« auf. Mit Rauschebart und Pappnase betraten sie überraschend das Kellergeschoß. Ihre Gesichter waren unter der Maskerade natürlich nicht zu erkennen. Sie waren mit Revolver und Maschinenpistolen bewaffnet.
»Rüber an die Wand«, zischte ihr Anführer. »Bei der geringsten Bewegung wird sofort geschossen!«
Die beiden Bankangestellten spürten, wie nahe sie dem Tod waren. Widerspruchslos gehorchten sie.
»Bitte, nicht schießen«, stöhnte der Hauptkassierer angstvoll. »Wir sind versichert, nehmen Sie, was Sie wollen!«
Der Gangster kicherte und wies seine Partner an, den Tresor zu plündern. Wieder verschwanden Banknotenbündel in den Segeltuchtaschen, die die Gangster sich umgebunden hatten. Die beiden Bankangestellten verhielten sich vollkommen ruhig.
Alles wäre relativ harmlos verlaufen, wenn nicht in diesem Augenblick ein Schalterkassierer mit einem voll bepackten Zahlbrett nach unten in den Keller gekommen wäre. Völlig absichtslos ging er leise, es lag einzig und allein an seinen Schuhen, die dicke Gummisohlen aufwiesen.
Der Hauptkassierer sah seinen Kollegen, schwitzte vor Angst, wagte jedoch nicht, sich zu rühren.
Der Mann hatte bereits die halbe Treppe hinter sich gelassen. Plötzlich sah er die »Rotnasen« und fühlte sich zum Helden berufen.
Er ließ das Zahlbrett fallen und zog seinen Revolver, der in einem Schulterholster stak. Gewiß, es gelang ihm, einen Schuß zu lösen. Doch der Angestellte sah schon nicht mehr, ob er auch getroffen hatte.
Eine der »Rotnasen« warf sich beim Aufbellen des Schusses herum und zog die Maschinenpistole durch. Wie von unsichtbaren Fäusten geschlagen, wurde der Körper des Angestellten herumgerissen. Er taumelte gegen die Wand der Treppe, richtete sich hoch auf und stürzte dann kopfüber unten in den Tresorraum.
Die »Rotnasen« brachen ihr Unternehmen sofort ab. Die Maschinenpistole des Schützen schwenkte herum. Die häßliche dunkle Mündung der Waffe richtete sich auf die beiden Angestellten an der Wand.
»Nicht schießen …!« rief eine der »Rotnasen«. Doch der Schütze schien nichts gehört zu haben. Aus dem Hüftanschlag heraus belegte er die beiden Angestellten mit Feuer. Sie verdankten ihr Leben der »Rotnase«, die gegen weitere sinnlose Morde war. Dieser Gangster rampelte seinen Partner an. Dadurch wurden die tödlichen Schüsse abgelenkt und wurden von den Geldsäcken verschluckt.
Die »Rotnasen« ergriffen die Flucht. Doch nur drei von ihnen erreichten die Treppe. Die vierte »Rotnase« blieb mit lahmen Beinen neben der Panzertür stehen. Der Gangster versuchte zwar, zur Treppe zu gelangen, doch er schaffte es nicht. Hilflos knickte er ein, fluchte und rief seinen Partnern nach.
Als merkte er erst jetzt, daß er sich damit in Lebensgefahr brachte, humpelte er hinter die Tür. Ganz schaffte er es nicht mehr. Die »Rotnase« mit der Maschinenwaffe blieb an der unteren Treppenstufe stehen. Sie erkannte mit einem Blick, daß der vierte Partner nicht mitflüchten konnte.
Brutal und. konsequent kehrte der Gangster die Waffe um und belegte seinen Mitspieler mit Feuer
Doch zu spät …! Der angeschossene Gangster hatte sich bereits einigermaßen in Sicherheit gebracht Er wurde von der schweren Panzertür gedeckt, hatte aber noch die Nerven, zurückzuschießen.
Der Gangster mit der Maschinenwaffe fluchte. Er durfte nicht noch mehr Zeit verlieren. Seine beiden anderen Partner standen bereits oben an der Treppe und riefen nach ihm, er solle sich beeilen
Als der Gangster hinter der Panzertür sogar noch schoß, da wandte der Mann an der Treppe sich hastig ab und flüchtete nach oben.
Die beiden Bankangestellten warfen sich sicherheitshalber zu Boden. Doch der flüchtige Gangster schoß nicht mehr. Er wollte von seinen beiden anderen Partnern nicht abgehängt werden.
Der Gangster hinter der Panzertür sah ein, daß es für ihn kein Entkommen mehr gab. Die Bankfiliale und der Tresorraum im Kellergeschoß füllten sich mit dem nervenzerfetzenden Geheul einer Alarmsirene.
Vorsichtig richteten die beiden Angestellten sich auf. Sie konnten es noch immer nicht glauben, daß sie mit dem Leben davongekommen waren. Sie hörten das Stöhnen hinter der Panzertür, schleifende Schritte und wieder unterdrücktes Stöhnen.
Mit einem schnellen Blick verständigten sie sich. Sie sprangen hoch und warfen sich gegen die schwere Panzertür. Gewiß, sie schwang nicht sofort zu, doch sie bewegte sich in Richtung Schloß.
Der Gangster ahnte, was passieren sollte. In einer wild aufsteigenden Panik warf er sich gegen die langsam schließende Tür. Doch seine Kräfte reichten nichts mehr aus. Die beiden Angestellten waren stärker. – Unaufhaltsam schloß sich die Tür. Der Gangster erinnerte sich erst in letzter Sekunde seiner Waffe. Er versuchte sich freizukämpfen, schoß einige Male durch den immer kleiner werdenden Türschlitz und wurde dann endgültig eingeschlossen, ohne weiteren Schaden anzurichten.
Eine der »Rotnasen« war ins Netz gegangen. Die Aufklärung der Verbrechen konnte jetzt nur noch eine Frage von wenigen Stunden sein. Es war schließlich anzunehmen, daß der von seinen Partnern hintergangene und betrogene Gangster rückhaltlos auspackte …!
*
Nur dank der guten Freundschaft zwischen Leutnant Custer und Anwalt Rander erfuhr Josuah Parker von der Einschließung einer der »Rotnasen«.
Mike Rander rief den Butler in der gemeinsamen Wohnung am Lincoln Park an. Parker entwickelte daraufhin eine fast unziemliche Hast, fuhr mit dem Lift hinunter in die Tiefgarage des Wohnblocks und setzte sich ans Steuer seines hochbeinigen Monstrums.
In einer rasanten Kurvenjagd erreichte der Butler den Irving Park und die Bankfiliale. Vor dem Gebäude hatte sich eine große Menge neugieriger Menschen versammelt, die von einigen Verkehrsstreifen nur mühsam in Schach gehalten wurde.
Josuah Parker ließ die beiden mit Preßluft getriebenen Sirenen seines Monstrums ertönen und preschte auf die Absperrung zu. Die Neugierigen spritzten auseinander. Die Verkehrsstreifen gaben den Weg frei. In einschlägigen Kreisen war Parkers Spezialwagen nämlich sehr bekannt.
Würdevoll, als sei er zumindest der Polizeipräsident, verließ Parker seinen Wagen und schritt auf die Treppe der Bankfiliale zu. Ein noch recht junger Kriminalbeamter, der diesem Bezirk erst neu zugeteilt worden war, wollte ihm den Weg versperren.
Er bekam Schüttelfrost, als ihn ein Blick aus Parkers eisigen grauen Augen traf. Hastig trat er zur Seite und schluckte jede Frage hinunter.