Butler Parker Staffel 3 – Kriminalroman. Günter Dönges

Butler Parker Staffel 3 – Kriminalroman - Günter Dönges


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Zwei dieser Halbstarken wirkten im Grunde recht harmlos, aber der dritte Bursche schien nur aus Heimtücke, Brutalität und Zynismus zu bestehen. Er hatte ein buntbedrucktes Tuch um den Hals geschlungen. Die Stirn war niedrig, das Haar dicht und bildete eine fast gerade Linie. Die Nase war schiefgeschlagen worden. Narben irgendeiner früheren Pockenkrankheit verunstalteten sein Gesicht. Der Mund war breit, die Lippen aufgeworfen. Der Bursche war zwar nur mittelgroß, aber er war sehr stämmig und muskulös.

      »So ergeht’s Schlaumeiern, wie du einer bist«, sagte dieser Pockennarbige grinsend, »du wirst noch die Engel im Himmel singen hören, Schnüffler. Auf so was haben wir gerade gewartet.«

      »Butch, ich muß jetzt gehen«, ließ sich eine andere Stimme vernehmen.

      Rander hatte diese Stimme schon einmal gehört. Eigentlich erst vor ganz kurzer Zeit. Aber sein Erinnerungsvermögen versagte. Wem gehörte diese kraft- und saftlose Stimme?

      »Du bleibst erst mal hier, mein Junge«, sagte Butch. Butch, dieser Vorname gehörte zu dem Hauptnamen Stadium. Soviel begriff Rander jetzt. Butch Stadium, das war doch der Anführer der Gorillas.

      »Butch, nimm doch Vernunft an«, sagte die Rander bekannte Stimme, »man wird mich zu Hause vermissen!«

      »Einen Dreck wird man … Halte jetzt den Rand, Art, ich kann Wimmern nicht ausstehen!«

      Rander fiel es plötzlich wie Schuppen von den Augen.

      Es kostete ihn einige Anstrengung, bis er endlich den Kopf herum bekam. Und dann starrte Rander verblüfft auf den jungen Mann, Art Canters, den er eben noch ausgeblutet auf dem Boden gesehen hatte. Der angebliche Tote war quicklebendig und grinste Rander an.

      »Da staunste was?« fragte Butch Stadium. »Du Trottel bist ja schnell auf unseren Leim gegangen! Natürlich war Art nichts passiert. Er sollte nur dafür sorgen, daß du den Kopf herunternahmst. Aber schieben wir los, Jungens, bringen wir den Schnüffler erst mal in den Bunker.«

      Obwohl Mike Rander nach wie vor rasende Kopfschmerzen hatte und weich in den Knien war, schätzte er bereits seine Fluchtmöglichkeiten ab. Sollte er den Versuch machen?

      Nein, selbst unter anderen körperlichen Voraussetzungen hätte er wohl kaum eine Chance gehabt. Butch Stadium hielt einen schweren Revolver in der Hand. Seine beiden Partner spielten mit Messern, deren Klingen feststanden.

      Die beiden jungen Burschen schoben und boxten den Anwalt auf die Kellertreppe zu. Rander mußte sich an der rauhen Wand festhalten, seine Beine wollten nicht so, wie er wollte. Einige Male taumelte er und wäre um ein Haar zu Boden gestürzt.

      Sie rissen ihn aber wieder hoch und sorgten dafür, daß er hinunter in den Keller kam. Butch Stadium war nachgekommen und ging nun voraus. Er blieb vor einem Unratberg aus Dachlatten, Balkentrümmern und leeren Ölbüchsen stehen.

      Rander war gespannt, was Stadium mit dem Schacht gemeint haben könnte. Er lehnte sich gegen die Wand und entspannte sich. Er wollte so schnell wie möglich wieder fit werden. Er beabsichtigte keineswegs, der Spielball dieser jugendlichen Gangster zu bleiben.

      Art und die beiden anderen Halbstarken hatten sich inzwischen gebückt und räumten den Schutt weg. Rander staunte, denn die scheinbar regellosen Schuttmassen waren untereinander verbunden und stellten so etwas wie ein Gerüst dar. Die Öldosen waren nur als zusätzliche Tarnung darüber verteilt worden. Innerhalb weniger Minuten wurde ein Gully freigelegt, aus dem es scheußlich roch.

      »Ich werde zuerst nach unten klettern«, sagte Butch Stadium, »dann schickt ihr mir den Schnüffler nach, Jungens, dann könnt ihr kommen. Die Tarnung braucht nicht rübergeschoben werden.«

      Stadium verschwand schnell in dem Loch und stieg nach unten. Anschließend mußte Mike Rander einsteigen. Einer der Jugendlichen leuchtete mit einer Taschenlampe in den recht engen Schacht hinein, damit Rander die Steigeisen finden konnte.

      Wenn ich unten bin, habe ich es nur mit Stadium zu tun, sagte Rander sich, als er langsam, fast bedächtig nach unten kletterte, wenn ich alle Kraft zusammennehme, müßte ich ihn eigentlich …

      Nein, er hätte es selbst beim besten Willen niemals geschafft. Er brachte ja gerade die Kraft auf, sich auf der Steigleiter zu halten. Wie sollte er da Stadium anspringen, der bestimmt nicht zerbrechlich war?

      Rander erreichte den Boden und keuchte. Er war restlos fertig, der Schlag mit dem kleinen Sandsack hatte die Schaltstellen im Kopf blockiert. Wo aber steckte Butch Stadium …?

      Der lachte plötzlich leise und spöttisch auf, stand also dicht neben Rander.

      »Na, noch Lust, abhauen zu wollen, Schnüffler?« erkundigte er sich.

      Rander verzichtete auf eine Antwort. Er rutschte zur Seite, als Stadium nach ihm schlug. Er schloß die Augen, als das Licht einer Taschenlampe in seine Pupillen fiel.

      »Weiter, Jungens!« kommandierte Stadium, als die übrigen Jugendlichen nachgestiegen waren.

      Rander stampfte hinter Stadium her und war froh, daß er sich in dem engen Gang nicht zu bücken brauchte. Im Licht der Taschenlampen sah er dicke Rohrbündel, die an der Decke des Schachts angebracht waren. Sie waren verrostet und hatten sich teilweise aus den Halterungen gelöst. Nach wenigen Minuten stieg der Schacht etwas an, Rander merkte es in den Oberschenkeln. Dann endlich war dieser Weg beendet. Sie blieben in einem ausgeschlachteten Kesselraum stehen.

      »Schmeißt ihn in den Bunker«, ordnete Butch Stadium an, »und dann zurück an die frische Luft. Wir haben noch eine Menge zu erledigen. Jetzt müssen wir uns noch diesen komischen, alten Vogel kaufen. Und auf den freue ich mich ganz besonders!«

      Rander leistete keine Gegenwehr, als man ihn in einen niedrigen, lichtlosen Bunker schob, der sich rechts von den Fundamenten der ehemaligen Kesselanlage befand. Er stürzte zu Boden und blieb kraftlos liegen. Er hörte das harte Zuschlägen der Eisentür, dann herrschte für einen Moment Stille. Dann war Stadiums Stimme erneut zu hören. Er schickte seine beiden Begleiter zurück in den abbruchreifen Bau. Mit Art blieb er jedoch zurück.

      »Ich muß weg!« sagte Art Canters erneut, »was ist denn noch, Butch?«

      »Warte, bis sie verschwunden sind«, antwortete der Anführer der Gorillas und lachte leise auf, »und tu nur ja nicht, als ob du nicht wüßtest, was ich mit dir besprechen will.«

      »Meinst du … Helen …?«

      »Klar … Ich erinnere mich an unsere Abmachung. Ich habe dir Kredit gegeben. Du hast dir dafür Koks kaufen können. Aber jetzt will ich endlich Taten sehen. Wie steht’s nun mit Helen? Ich warte nicht länger.«

      »Laß mir noch etwas Zeit«, sagte Art Canters klagend, »nichts überstürzen …«

      *

      Henry Molster war die fleischgewordene Feigheit.

      Nachdem seine rechte Hand Benny Lagarda ausgeschaltet worden war, machte er noch nicht einmal den Versuch, Butler Parker anzugreifen.

      Er ging willig zur Tür und schüttelte hastig den Kopf, als er seine beiden anderen Leibwächter sah, die sich im Korridor aufgebaut hatten.

      »Verschwindet, Jungens!« sagte er mit heiser-trockener Stimme, »ich bin gleich wieder zurück.«

      Die beiden Leibwächter zögerten.

      Natürlich verstanden sie nur zu gut, Molster befand sich in Schwierigkeiten, hatten jedoch Angst, ihm könne etwas passieren, falls sie eingriffen.

      Noch stand die Situation auf des Messers Schneide.

      Schossen sie auf Parker, dann hatte der Butler keine Chance, mit dem Leben davonzukommen. Gewiß, es würde ihm noch gelingen, Molster mitzunehmen, aber was war damit schon gewonnen?

      »Ich denke, Sie sollten jetzt dort ins Nebenzimmer gehen und sich um Lagarda kümmern«, sagte Parker mit kühler, beherrschter Stimme, »Sie haben doch gehört, daß Mister Molster keine Auseinandersetzungen wünscht.«

      Zwar widerwillig, aber immerhin nachgebend, verschwanden die beiden Gangster in dem Zimmer, in dem Lagarda


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