Butler Parker Staffel 3 – Kriminalroman. Günter Dönges
blieben. Nach der Ankunft bei seiner Freundin wollte Lagarda sofort wieder verschwinden und sich eine sichere Bleibe suchen. Die Bandenmitglieder brauchten und sollten ab sofort nicht mehr wissen, wo er sich aufhielt und womit er sich beschäftigte.
Genauso handelte Lagarda auch.
Nach der Ankunft bei seiner Freundin, die in einem umgebauten Ranchhaus vor der Stadt wohnte und dort einen Schnellimbiß betrieb, schickte er die beiden Leibwächter zurück in die Stadt. Sie sollten sich dort mit Butch Stadium in Verbindung setzen und gemeinsam mit ihm dafür sorgen, daß der Anwalt Mike Rander erledigt wurde.
Als die beiden ahnungslosen Gangster verschwunden waren, rief er Wellman an, nannte seinen Namen und rückte mit der Sprache heraus, Er sprach lange und ausgiebig mit dem Strohmann der Konkurrenz-Bande und glühte vor Eifer und Betriebsamkeit, als er den Hörer endlich wieder auflegte. Die Verhandlungen ließen sich sehr gut an. Wellman war grundsätzlich bereits einverstanden, wollte aber Unterlagen sehen.
Lagarda erklärte seiner Freundin, er käme in zwei Stunden zurück, was er aber keineswegs beabsichtigte. Er lieh sich ihren Wagen aus und fuhr zurück in die Stadt. Er war fest davon überzeugt, das Geschäft seines Lebens tätigen zu können.
*
Nach zehn Minuten wußte Butler Parker, was er wissen mußte. Art Canters hatte nach anfänglichem Leugnen rückhaltlos die Wahrheit gesagt.
Parker überlegte, was er mit Art Canters machen sollte. Er durfte auf keinen Fall frei herumlaufen, sonst war er glatt in der Lage, Butch Stadium zu warnen. Wo also sollte er Art unterbringen?
Brachte er ihn zur Polizei, wohin er gehörte, wurden Fragen gestellt. Das aber bedeutete Zeitverlust. Auf der anderen Seite konnte Parker den jungen Mann nicht so behandeln, daß er aus eigener Kraft nicht mehr aus dem Bett kam.
Oder gab es noch eine andere Möglichkeit?
Sie ergab sich von selbst. Helen zog die Schublade des Nachtkästchens auf: »Hier sind noch ein paar Briefchen mit dem Gift. Wollen Sie sie nicht an sich nehmen?«
Parker wollte, aber Art. Canters war schneller.
Gut, dachte der Butler, soll er, dann schaltete er sich für die nächsten Stunden selber aus.
Parker verhielt sich passiv. Auch Helen griff nicht ein.
Art Canters nahm ihm nämlich jede Arbeit ab. Er öffnete die Briefchen und schnupfte das Gift durch die Nase, ein. Er stöhnte wohlig auf und ließ sich langsam zurück auf die Couch gleiten. Er schloß die Augen, und ein erstaunlich friedliches Lächeln umspielte seinen Mund.
Er hatte bekommen, wonach er gegiert hatte. Er war jetzt nicht mehr in der Lage zu stören und befand sich bereits auf der Wanderung in eine andere Welt, die nur er sah und kannte.
»Wie lange hält diese Dosis bei ihm vor?« fragte Parker Helen Canters.
»Ein paar Stunden wird, es bestimmt dauern«, sagte sie, »und was soll ich jetzt machen?«
»Bleiben Sie oben in Ihren. Räumen, Helen. So kann er wenigstens nichts Dummes machen. Sollte sich aber etwas, ereignen, dann müssen Sie sofort die Polizei anrufen, ja?«
Sie nickte und geleitete Parker vor die Tür. Er ging hinüber zu dem schnellen Alfa.
Art Canters hatte ihm die Lage des Fabrikhofes genau beschrieben und auch erklärt, wie man hinunter in die Kellerräume der ehemaligen Kesselanlage kam. Parker sah alles bildlich vor sich und versuchte abzuschätzen, mit wieviel Gegnern er es wohl zu tun haben könnte. Er handelte sich auf dieser Fahrt gut und gerne drei Strafmandate ein, aber er ließ sich nicht aufhalten. Es ging um Mike Rander …!
*
Der Anwalt hatte keine Ahnung, daß Hilfe nahte.
Er hockte nach wie vor unterhalb der Tür und lauschte.
Dann war er in einen leichten Dämmerschlaf verfallen und schreckte plötzlich hoch, als Schritte hinter der Tür zu hören waren.
Seine Henker nahten …
Rander hatte alle Vorkehrungen getroffen, deshalb war er ja auch an der Tür geblieben. Er schloß die Augen und entspannte sich. Nun mußte es sich zeigen. Würde sein Trick Erfolg haben? Oder ließen die Gangster sich nicht täuschen?
Er hielt unwillkürlich den Atem an, als ein Schlüssel in das Schloß gesteckt wurde. Ein Riegel wurde aufgezogen, gedämpfte Stimmen waren zu hören.
Sie hielten wohl die entsicherten Revolver in den Händen. Sie wollten gewiß nur die Tür öffnen, das Licht der Taschenlampen einfallen lassen und dann gnadenlos auf ihn schießen.
Die Tür wurde aufgezogen.
Dann war es soweit.
Die Stimmen wurden lauter, Flüche waren zu hören. Die Gangster wunderten sich gewiß über den Widerstand, den die Tür bot.
Endlich hatten sie es geschafft, die Tür aufzuziehen. Die Taschenlampen blendeten genauso auf, wie Mike Rander es erwartet hatte. Sie waren gekommen, um den Anwalt wie einen tollen Hund niederzuschießen.
An der Spitze dieser Henker stand Butch Stadium. Er wurde von seinen beiden Gorillas begleitet. Oberhalb des Einstiegs hielten sich die beiden Leibwächter des nun toten Molster auf. Sie warteten auf die Schüsse.
Die aber zu ihrer Verwunderung ausblieben.
Butch Stadium starrte nämlich entgeistert auf die an der Türklinke hängende Gestalt.
Mike Randers Kopf hing schief, die Krawatte, zu einem Strick gedreht, war an der Türklinke befestigt worden. Mike Rander, so mußte er annehmen, hatte Selbstmord begangen.
Das Bild, das sich ihm bot, wirkte sehr überzeugend.
»Seht euch das an!« sagte Stadium und grinste, »dieser Bursche hat uns die Drecksarbeit abgenommen.«
»Mein lieber Mann, glatt aufgehängt!« sagte einer der beiden Jugendlichen, »so was hab’ ich noch nie gesehen. Was machen wir jetzt?«
Mike Rander spannte vorsichtig die Beinmuskein. Würden sie gehen, ohne ihn näher zu untersuchen? Oder würden sie schießen?
»Sieh mal nach, was los ist!« kommandierte Butch Stadium. Er hatte bereits jedes Interesse an Rander verlören und wendete sich ab. Er hatte wichtigere Dinge zu überlegen. Die beiden ehemaligen Leibwächter hatten ihm mitgeteilt, was mit Molster passiert war. Lagarda war also jetzt der Boß. Stadium rechnete sich einige Chancen aus, nun die rechte Hand zu werden. Er wollte so schnell wie möglich Kontakt mit Lagarda aufnehmen.
Einer der beiden Jugendlichen kam dem Befehl des Stadiums nach, ging zur Tür und beugte sich über Mike Rander.
Der Anwalt handelte augenblicklich, mußte jetzt handeln, wenn seine List noch wirken sollte.
Er schlug von unter her gnadenlos zu, fetzte die Taschenlampe, aus der Hand des Gangsters und griff nach dem Revolver.
Butch Stadium hörte den Krach hinter sich, sah im Licht der noch brennenden, aber am Boden liegenden Lampe eine Gestalt und feuerte rücksichtslos seinen Revolver ab.
Der jugendliche Gangster schrie gellend auf, er war nämlich getroffen worden. Er rollte über Mike Rander, der gerade nach dem Revolver seines Gegners greifen wollte.
Dadurch wurde Randers Hand aus der Richtung geschlagen, er kam im Moment nicht an die Waffe heran.
Butch Stadium feuerte erneut.
Er stand breitbeinig vor der Tür und fetzte aus dem Lauf, was immer nur im Magazin stecken mochte. Sein Gesicht war zu einer häßlichen Grimasse verzerrt.
Wieder wurde der jugendliche Gangster, der wie schützend über Rander lag, von einem Geschoß getroffen. Er stöhnte noch einmal auf, ein Zucken ging durch seinen Körper, dann war es aus mit ihm.
Rander trat mit dem Fuß nach der Lampe.
Ein glühender Strich fuhr gleichzeitig in seine Wade. Er war von einem Streifschuß erwischt worden.