Balboa: Ein Trauerspiel in fünf Aufzügen. Heinrich Joseph von Collin

Balboa: Ein Trauerspiel in fünf Aufzügen - Heinrich Joseph von Collin


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erblick’ ich deinen Pfad, Maria!

      Linares.

      Wir alle fürchten. Er allein ist ruhig.

      Er ahnet nichts; vielmehr er will nichts ahnen.

      So war Kolombos auch. Das ist die Art

      Der großen Männer. — Wo Gefahr sich zeigt,

      Im Schlachtgewühl, in der empörten See:

      Da stehen sie wie Gottes Cherubim,

      So flammt ihr Auge, blitzt ihr Schwert empor! —

      Doch steigen diese Mächtigen herab

      In des gemeinen Lebens niedern Kreis:

      Man möchte sie für schwache Kinder halten;

      So unbefangen wandeln sie einher,

      Wo rings die Tücke lauernd Netze stellt. —

      Was sollt’ auch Argwohn in der Heldenseele?

      Des Argwohns bleiche Mutter ist die Furcht. —

      Wie gerne täuscht der große Mann sich selbst!

      Um einsam nicht zu stehen, hebt er rings

      Den Menschen auf zu sich; doch der — bleibt klein.

      Jeronimo.

      (vom Nachdenken erwachend.)

      Ich muß Marien sprechen, Linares.

      Linares.

      So wartet hier. Ich eile sie zu holen.

       Inhaltsverzeichnis

      Jeronimo.

      Wer wohl vermag die Räthsel mir zu lösen? —

      Ich weiß ja doch, daß dieser Pedrarias,

      Zum Sturze Balboa’s, in Spanien

      Nun jede Mine sprengt. — O Gott im Himmel!

      Reicht er darum die falsche Hand dem Eidam,

      Daß er ihn sichrer nur und ganz verderbe?

      Wenn vor dem Throne die gehäss’ge Klage

      Sich mit dem Scheine abgedrung’ner Pflicht

      Die Wangen schminkt; Vertrauen sich gewinnt?

      Es ist zu gräßlich! Nein, es kann der Haß

      Zu solcher Wuth nicht steigen, daß ein Vater

      Ihm blind die einz’ge Tochter opfern könnte!

      O meine Ahnung werde nicht erfüllt! —

      Seit ich dies Land betrat, das heißersehnte,

      Wird enger stets, und enger, meine Brust;

      Als käm’ ich hier zu einem Unglück an. —

      Nun, Alter, fasse dich! — Sie ist’s — Sie kommt!

       Inhaltsverzeichnis

      Maria. Jeronimo.

      Maria.

      Ach, wär’ es möglich? Ja fürwahr, er ist’s!

      Jeronimo, mein Freund, mein Lehrer, Vater!

      Jeronimo.

      Verehrte Donna!

      Maria.

      Nennt mich eure Tochter!

      Ich bin’s von jenen Stunden noch gewohnt,

      Als ich an euerm Munde horchend hing.

      Seyd nicht so fremd, so kalt, Jeronimo!

      Setzt euch zu mir, mein hochwillkommner Gast.

      O theurer Mann! Wie nun schon heil’ges Silber

      Hellglänzend euch die fromme Stirn umflattert.

      Laßt mich sie küssen. Viel ja dank’ ich euch.

      Jeronimo.

      Das seh’ ich wohl — Ihr habt mich nicht vergessen.

      Maria.

      Vergessen? euch? und hier? und jetzt? — O Gott!

      In meinem Herzen hab’ ich euch getragen,

      Und meinen Engel täglich angefleht,

      Daß er euch schütze mit dem Flammenschilde!

      Jeronimo.

      Nehmt meinen Segen, gutes, theures Kind!

      — Man sagt, ich dürf’ euch nun als Braut begrüßen,

      In einer Stunde würdet ihr vermählt?

      Maria.

      Jeronimo, o mein Jeronimo!

      Daß ihr zu uns gekommen, heute, jetzt;

      Laut laßt mich diese Himmelsfügung preisen!

      Der Mann, dem ich mein tiefstes Weh vertraute,

      Er durfte nicht bei meinem Glücke fehlen. —

      Oft denk’ ich wohl nach Spanien zurück. —

      Wie düster floß dort meine Jugend hin!

      Die Menschen quälten mich, ich war nur froh

      Verhallt’ ich bei der Laute Klang mein Leid,

      Im kühlen Dunkel meines Silberbachs.

      Nur, wenn ich weinte, ward mir herzlich wohl.

      Jeronimo.

      Dann sagt’ ich stets: Das macht euch krank und schwach.

      Maria.

      Wie alles, alles lebhaft mir erscheint!

      Ich seh’ euch noch zu meiner Rosenlaube

      Mit Eile nah’n, jetzt freundlich vor mir stehen,

      Mit sanft gebeugtem Haupt, mit mildem Blicke; —

      Ich hör’ euch fragen: Kind, was fehlt dir nun?

      Was weinest Du? — Stets ging das Herz mir auf,

      Wenn ihr mich fragtet: Kind, was weinest du? —

      Jeronimo.

      Vom Herzen kam’s, und traf daher das Herz.

      Maria.

      Ich klagt’ euch dann mit kindlich offnem Sinne,

      Wie rauh, wie ungerecht man mich behandle;

      Wie jedes edle, heilige Gefühl,

      Als Schwärmerei mir hart verwiesen werde;

      Wie selbst mein Vater — — stille! nichts davon. —

      Hinweg, so rief ich, fort von dieser Welt!

      Ach, gönnet mir ein stilles Heiligthum,

      Eh’ Menschenhaß mein junges Herz ergreife!

      Da zürntet ihr, wie eine Mutter zürnt,

      Wohlwollend, liebevoll! Der sündiget,

      So spracht ihr warnend, sündiget an Gott,

      Wer frech der Schöpfung Meisterwerk verachtet. —

      Viel


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