Begierde. Lilly Grünberg

Begierde - Lilly Grünberg


Скачать книгу
setzte, wie man etwas mehr Bein als üblich zeigen oder die Hüften schwingen musste. Insbesondere die verheirateten, gelangweilten Männer hatten es ihr angetan. Ein kurzer, enger Rock, der ihre schlanken Beine betonte. Ihr ganzes Geld gab sie für Mode aus, gerne auch für teure halterlose Strümpfe. Der Rest ließ sich unschwer erahnen. Der Ausschnitt ihrer Bluse war tief und gab je nach ihrer Wahl den Blick auf ein teures Dessous oder nackte Brüste frei.

      Aber sie ließ nur den heran, der ihr gefiel, der ein gewisses Etwas verströmte und sie nicht einfach wie ein geiler Bock anstarrte. Es gab Männer, die hatten diesen gewissen Blick, unter dem ihre Nippel sich steil und hart aufrichteten, auffordernd durch den eng anliegenden Stoff pressten, darauf warteten, berührt und liebkost zu werden, und es in ihrem Slip warm und feucht wurde.

      In dieser Nacht hatte es nur einen gegeben, den sie schließlich ganz an sich heran ließ, so weit, wie es ihr recht war, um davon erregt zu werden. Ihre Taktik ging wie immer auf. Im Schutze einer dunklen Ecke hatte sie sich von ihm streicheln lassen, ihre Augen geschlossen, um ihn nicht anschauen zu müssen, hatte selbst ihre Klitoris liebkost und sobald sie ihren Höhepunkt erreicht hatte, hatte sie ihn weggestoßen und schnell das Lokal verlassen.

      Es war gegen drei Uhr morgens, als sie vor ihrer Haustür ankam und parkte. Sie schnappte sich ihre Handtasche vom Beifahrersitz, gähnte verhalten und stieg aus. Während sie ihren Wagen abschloss, ging alles rasend schnell. Zwei Männer zerrten sie von ihrem Auto weg, kaum dass sie die automatische Türverriegelung betätigt hatte. Einer hielt ihr sofort den Mund zu, der andere zog ihr die Hände auf den Rücken und legte ihr ein Paar Handschellen an. Dabei waren sie nicht zimperlich und langten kräftig zu. Ein paar blaue Flecken würde sie wohl davontragen.

      Es nützte nichts, dass Vicky sich bemühte, mit ihren spitzen Hacken um sich zu treten. Sie verlor den Halt unter den Füßen. Ein breites Klebeband über ihren zarten roten Lippen brachte sie sicher zum Schweigen, ehe sie grob auf den Rücksitz des fremden Wagens gestoßen wurde. Ihr Herz raste. Dann wurde ihr ein merkwürdig riechendes Tuch auf die Nase gepresst und sie verlor sofort das Bewusstsein.

      Als Vicky wieder zu sich kam, lag sie auf der Rückbank eines Autos, unfähig sich aufzurichten. Die Hände waren ihr immer noch auf den Rücken gefesselt und auch die Beine waren zusammen gebunden. Ihre Arme schmerzten von der unbequemen Stellung und man hatte ihr die Augen verbunden, so dass sie keine Ahnung hatte, wohin man sie brachte oder wo sie sich gerade befand.

      Die Fahrt dauerte lange, sehr lange. Obwohl Vicky völlig das Gefühl für Zeit verloren hatte, so musste sie doch davon ausgehen, dass sie seit Stunden unterwegs waren. Sie hatte wütend gebrummt, versucht sich aufzurichten oder zu strecken, aber ohne Erfolg. Niemand hatte darauf reagiert. Zwei Männer unterhielten sich ab und an auf Italienisch, wovon Vicky nur Bruchstücke verstand, die jedoch belanglos waren. Zwischendurch summte einer davon zu den Melodien aus dem Autoradio, das internationale Schlager spielte.

      Dann, nach einer ihr unendlich lang erscheinenden Zeit, wurde das Auto langsamer und hielt schließlich. Der Motor wurde abgestellt. Jemand erklärte ihr, dass sie aussteigen würden, packte sie an den Hüften und half ihr aus dem Auto. Sie war überrascht, wie vorsichtig dies geschah. Man achtete darauf, dass sie sich nirgends den Kopf anstieß, zog ihr den linken Schuh wieder an, der ihr vom Fuß gerutscht war und führte sie ein Stück vom Auto fort. Ihr Herz klopfte vor Angst so heftig, dass sie das Gefühl hatte, man müsste es hören.

      Die Luft streifte kühl ihr offenes Dekollete und es wurde ihr peinlich bewusst, dass es ein Leichtes war, den Stoff wegzuschieben und ihre Brüste freizulegen. Noch schlimmer, die Kerle hatten gewiss vor, sie auszuziehen und zu vergewaltigen, und dann würden sie ihr die Kehle durchschneiden – andererseits, warum hatten sie es dann nicht längst schon getan? Warum erst die lange Fahrt?

      Als man ihren knappen Rock hochschob und ihren Slip bis zu den Kniekehlen herunter zog, geriet sie in Panik und begann zu wimmern.

      »Scht, per favore – keine Angst, Signorina. Niemand Ihnen etwas tut. Beruhigen sich. Bitte.« Vicky zitterte am ganzen Leib. Tränen schossen ihr in die Augen und bahnten sich unter dem Tuch den Weg über ihre Wangen. Sie bekam kaum noch Luft durch die Nase.

      Jemand strich ihr sanft über die Oberarme. »Ruhig, nur Pipi machen, hier im Wald. Es geschieht Ihnen nichts. Gehen Sie runter in die Hocke und machen Sie.«

      Die Stimme klang beruhigend und glaubwürdig. Vicky versuchte tief durchzuatmen und ging langsam in die Hocke. Sie schwankte ein wenig auf ihren hochhackigen Schuhen, sank in dem weichen Boden mit den Absätzen ein und es dauerte einen Moment, bis sie ihre Scham überwand und es ihr trotz der übervollen Blase gelang, sich zu erleichtern.

      »Va bene.« Der Mann half ihr aufzustehen, und zog sie wieder sorgfältig an.

      »Du nicht schreien, du nicht sprechen, verstanden?«, sagte er mit italienischem Akzent. Vicky nickte. Er nahm ihr die Handschellen ab und löste vorsichtig das Klebeband von ihren Lippen. Dann fühlte sie, wie jeweils ein breiter Riemen um ihre Oberschenkel gelegt wurde. »Einsteigen.« Er drückte ihren Kopf und ihre Schulter herunter und Vicky tastete nach dem Sitz. Ihre Handgelenke wurden in Schlaufen gefesselt, die sich an den Gurten ihrer Oberschenkel befanden. Immerhin war es bequemer als zuvor, aber Vicky war nur allzu bewusst, dass man sie gegen ihren Willen mitnahm.

      »Bitte, lassen Sie mich doch gehen. Was wollen Sie von mir?«

      Ein Finger, der nach Zigarettentabak roch, presste ihre Lippen zu. »Pssst, Signorina, kein Wort, per favore

      Der Sicherheitsgurt wurde ihr angelegt und eine Decke über den Beinen ausgebreitet. Niemand, der ins Auto hereinschaute, würde also die Fesseln sehen. Alles wirkte annähernd normal. Dann erst nahm man ihr die Augenbinde ab. Sie blinzelte ein paar Mal, ehe sie wieder klar sehen konnte.

      Das Auto befand sich auf einem Parkplatz am Rande der Autobahn, eher eine Notausfahrt. Aus dem angrenzenden Wald trat soeben ein großer kräftiger Mann, der noch dabei war, seine Hose zu schließen. Er schaute kurz in ihre Richtung. Bitte, komm näher, schau doch her, fällt dir nichts auf?, flehte Vicky stumm. Doch der Mann wandte sich ab und ging zu seinem Lastwagen.

      Einer der Entführer erklärte Vicky, es würde ihr nichts geschehen, vorausgesetzt sie verhielte sich ruhig. Ihr Herz klopfte bis zum Anschlag. Wirre Gedanken rasten durch ihren Kopf und ihr war fast schlecht vor Angst.

      Nun war es soweit. Vicky stand in einem üppig mit Antiquitäten ausgestatteten Büro. Sie war erst wieder richtig zu sich gekommen, nachdem sie schon die ersten Häuser der Stadt passiert hatten. Irgendwie hatte sie den Verdacht, in dem Mineralwasser, dass man ihr von Zeit zu Zeit zu trinken gegeben hatte, war ein Schlaf- oder Beruhigungsmittel gewesen, da sie sich benommen fühlte und ihr immer wieder die Lider zugefallen waren. Es fiel ihr schwer, sich auf einen Punkt zu konzentrieren. Mehrere Wandlampen tauchten das Zimmer mit der hohen, von Stuckornamenten verzierten Decke in ein helles aber durchaus angenehmes Licht.

      »Unser Auftrag ist ausgeführt, Patrona. Hier ist sie.«

      Eine etwas korpulente, aber gut gekleidete ältere Dame kam auf Vicky zu. Ihre grau melierten, in zartem Violett getönten Haare waren hoch toupiert und gaben ihr in Kombination mit einem dunkelblauen Kostüm und einer goldumrandeten Designerbrille ein strenges, Respekt gebietendes Aussehen. Die Falten um ihre Augen und ihre Mundwinkel ließen Vicky vermuten, dass sie auf die siebzig zuging.

      »Was soll ich hier? Lassen Sie mich sofort frei. Sie haben kein Recht, mich festzuhalten!« Vicky fand, es war an der Zeit, ihrem Missfallen lautstark Ausdruck zu verleihen. Da man sie bislang weder vergewaltigt noch umgebracht hatte, würde man es wohl kaum jetzt tun. Zumindest hoffte sie das. Wütend zerrte sie an ihren Fesseln.

      Die Dame, die einer der Entführer mit Patrona angesprochen hatte, ignorierte Vickys Protest. Sie umrundete die junge Frau, die in der Mitte des Zimmers stand, seelenruhig, musterte sie noch mal vor ihr stehend kritisch von oben bis unten und gab dann einem der beiden Männer einen Wink.

      »Zieh sie aus, Tomaso, damit ich sie inspizieren kann.« Sie hatte italienisch gesprochen,


Скачать книгу