Perlen der heiligen Vorzeit. János László Pyrker

Perlen der heiligen Vorzeit - János László Pyrker


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nun wandt’ er das Haupt: er sah, mit wachsendem Staunen,

      Kommen den Hügel herab drei Fremd’ in männlicher Schönheit,

      Eng’ verschlungen am Arm, und jetzt noch einen dem andern

      Aehnlich an Höhe, Gestalt, und Gesicht, als wäre nur Einer

      Von des Glases gebrochenem Strahl dem Auge verdreifacht.

      Schwebend däucht’ ihn ihr Gang, und es wichen der Hain und die Fluren

      Hinter den Hohen zurück, wie ein Nebelgewölk in des Sturmes

      Brausendem Hauch. Doch so, wie im Abendschein vor dem Westwind

      Eilend im Fluge dahin, das Gewölk bald purpurn erglänzet,

      Bald in dunkelen Schatten verglimmt: so schwand von den Beiden,

      Die an der Seite des Herrn[2] als dienende Männer erschienen,

      Plötzlich der Hoheit Strahl, und nur er, in der Mitte der Beiden,

      Heischte Verehrung durch Huld und Ernst in den herrschenden Blicken.

      Abraham fuhr in die Höh’, da es schien, als gingen die Pilger

      Eilig vorüber an seinem Gezelt’. Ehrwürdigen Anseh’ns

      Schritt er einher, der Hirtenfürst, dem, rings in den Fluren

      Canaans, Jung und Alt annahte mit kindlicher Ehrfurcht.

      Unter dem schneeigen Bund, gewebt aus der Wolle des Baumes,

      Der ihm die Stirn’ und die Scheitel umgab, erglänzten die Augen

      Ihm so mild, und der Bart in braun gekräuselten Wellen,

      Hüllt’ ihm die Brust umher, von welcher herab zu den Füßen

      Sank das häusliche Unterkleid in räumigen Falten.

      Doch nun beugt’ er sich tief zum Staub vor den nahenden Fremden,

      Stand dann flehenden Blicks, und sprach voll Trauer zu ihnen:

      „Winkte nicht Wanderern stets der Eingang meines Gezeltes

      Freundlich willkommen zum Gruß, und ihr denkt vorüber zu ziehen,

      Ungelabt, jetzt in der Hitze des Tags? O, kommt, und erholt euch

      Dort im Schatten des Baum’s! Bald soll im Becken des Wassers

      Silberfluth die ermüdeten Füß’ euch, reinend, umspülen,[3]

      Und erquicken euch noch, eh’ ihr weiterreiset, ein Stückchen

      Brot, mit freudigem Herzen gereicht: denn wahrlich, ein Segen

      Ist es von oben, ihr Herrn, daß ihr an dem einsamen Zelt hier

      Eueres Dieners vorüber kommt: so mußt’ es sich treffen!“

      D’rauf begann der Ein’ in der Mitte der Beiden: „Du ladest

      Uns gastfreundlich zu dir: wir folgen dem Rufe mit Freuden.

      Stets beglücke dich selbst und die Deinen der Segen des Himmels!“

      Also der Fremd’, und eilte sogleich mit seinen Gefährten

      Nach dem Gezelt. Sie ruhten im Schatten des säuselnden Eichbaum’s.

      Abraham trat nun schnell in das Zelt, und sagte der Gattinn:

      „Theuere, nimm drei Maß des feinsten Mehles, und backe,

      Wie du’s trefflich gelernt, das Brot für die Fremdlinge draußen,

      Die uns der Herr gesandt: denn stets willkommen erscheinet

      Uns der Reisend’ allhier, und ihn zu bewirthen, ist löblich.

      Aber ich selbst enteile zur Heerd’,[4] und wähle mit Vorsicht

      Dort das fetteste Kalb aus der Zahl der andern, daß solches

      Dann der wohlerfahrene Knecht bereite zur Nahrung:

      Schürend gehörig die Gluth in der Grub’, und, kundig zerstücket,

      Legend die saftige Brust und die Schenkel voll reichlichen Fettes,

      Auf Steinplatten umher, wo verhüllt, im eigenen Dunst noch

      Schneller sich brate das Fleisch zur herzerfreuenden Mahlzeit.[5]

      Liebe, nicht soll es dann auch an der labenden Milch uns gebrechen!“

      Also enteilt’ er zur Heerd’, und trieb den blöckenden Säugling

      Bald in den Hofraum ein, der hinter dem Zelt sich erstreckte,

      Wo der treffliche Knecht und die sorgsamwaltende Gattinn

      Seines Herrn, mit den Mägden vereint, Alljedes bestellten,

      Wie er es ihnen geboth. Er trug nun selber die Speisen:

      Käse mit Brot, im zierlichgeflochtenen Korb’, und den Braten

      Vor den Fremdlingen auf, und ging, und kehrete wieder,

      Bringend im hölzernen Napf die süß’ und geronnene Schafmilch

      Eilig zum labenden Trunke heran, und rief dann ermunternd:

      „Möchte doch euch, ihr Herrn, es gefallen, von eueres Dieners

      Gaben euch nun zu erquicken nach Lust, und zu ruh’n in des Baumes

      Schatten allhier, bis uns die heisseren Stunden entfliehen,

      Abendkühl’ uns die Stirn’ umweht, und ermüdeten Pilgern

      Freudige Kraft einhaucht zur eilegebiethenden Wand’rung.“

      Sagt’ es, und ließ sich am Zelteingang vor den Schweigenden nieder.

      Als nun diese von Speis’ und Trank, stillschweigend, genossen,

      Sprach der Ein’ in der Mitte der Beiden zu Abraham also:

      „Trefflich hast du uns heut’ in der einsamen Steppe bewirthet,

      Redlicher! Doch verkünd’ uns jetzt: weß Stamm’s und Geschlechtes

      Du dich rühmest, und ob du schon lang’ hier wohnest, ein Fremdling?

      Heiß ist der Tag; gern weilen wir noch im lieblichen Schatten.“

      Jener begann alsbald: „Mit Freuden verkünd’ ich, weß Stammes

      Und Geschlechts ich mich rühm’, und woher ich gekommen ein Fremdling:

      Denn ich preise dadurch des Ewigen Huld und Erbarmung.

      Noch ist die Erde nicht alt; wir schau’n zu den Tagen der Schöpfung

      Noch hinauf;[6] doch ach, mit herzbeklemmender Trauer:

      Denn nicht ertrug das erst’ erschaffene Paar in des Edens

      Himmlischen Auen sein Glück, und ward durch arge Verführung,

      Ungehorsam und stolz, und mit allen kommenden Menschen,

      Wie der Sünde, so auch der Strafe der Sünde: dem Tod selbst

      Unterthan! Weh’ ihm, so der Herr nicht selber den Retter

      Ihm aus seinem Geschlechte verhieß![7] Schon blutete Abel,

      Sterbend von Bruders Hand; entsetzlich erhob sich auf Erden

      Frechheit, Mord, und Verrath, und es tilgte die schreckliche Sündfluth

      Bald das Menschengeschlecht ob seiner Vergehungen schnell hin.

      Sieh’, und ob auch der Herr den siebenfarbigen Bogen

      Hebend empor an des Himmels Gewölb, zum ewigen Zeichen


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