Perlen der heiligen Vorzeit. János László Pyrker

Perlen der heiligen Vorzeit - János László Pyrker


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stolzen Erbauer

      Eines g’en Himmel ragenden Thurms verwirrt, und auf Erden

      Rings zerstreut umher: die Väter unseliger Kinder.

      Aber es zeugte noch Adam den Seth; aus dem Samen des Frommen

      Kam dann Noah zur Welt, der Erhalter der Menschen im Fluthschiff;

      Dessen Erzeugter war Sem, und diesem entsproß mein Erzeuger

      Terach. Fern in Chaldäas Flur erblickt’ ich mit Nachor,

      Und mit Haran, den Brüdern, das Licht der freundlichen Sonne,

      Ward gesegnet an Hab’, und mächtig umher in dem Land dort,

      Bis der Herr mir geboth: „Zieh’ aus von dem Erbe der Väter,

      Aus von dem traulichen Kreis’ der theuern Verwandten: ich will dir

      Geben ein herrliches Land zum Besitz, dich erhöhen als Vater

      Eines erlesenen Volk’s, und mit dauerndem Segen beglücken:

      Denn er komme durch dich auf alle Völker auf Erden!“

      Schnell gehorcht’ ich dem Herrn, und zog mit Sara, der Gattinn,

      Allen Genossen des Hauses, und Lot, dem Sohne des Bruders

      Haran, nach Canaan her, und errichtet’ ihm, früher zu Sichem,

      Am Terebinthen-Hain, dann Bethel, zu Ehren, den Altar.“[8]

      „Doch einst drückte die Hungersnoth das Land, und wir eilten

      Nach Aegypten hinab, als Fremdlinge Rettung zu suchen.

      Schwester vom Vater her war mir die Gattinn: ich hieß sie

      Schwester im fremden Gebieth’, und als der Ruf von der Schönheit

      Sara’s in Pharaos[9] Ohren erscholl, ward sie nach des Herrschers

      Hofe geführt, ihm dort als Gattinn die Rechte zu reichen.

      Aber der Herr verhängte zuvor erschütternde Strafen

      Ueber Pharaos Haupt, daß er schnell sie wieder zurückgab,

      Und ich kehrte mit ihr und den Meinen nach Canaans Fluren,

      Reich an Silber, an Gold, und landdurchweidenden Heerden.

      Nimmer reichte für jene des Lot, und die meinen, des Grases

      Menge mehr hin, und wir trennten uns: er bewohnte des Jordans

      Wasserreiches Gefild bis Sodomas Marken hinunter;

      Mir ward kargeres Land, bei Hebron, am Terebinthen-Hain

      von Mamre, zu Theil; doch lohnte mich reichlicher Segen.“

      „Drauf entspann sich im Land’ ein Krieg. Die Fürsten[10] verheerten

      Sodom, die Stadt, auch Gomorra, und führten Lot mit den Seinen

      Schmählich gefangen mit fort. Ich waffnete meine Genossen

      Dreihundert an der Zahl, und eilte den Feinden im Nachtgraun

      Rastlos nach, bis ich sie, im Lager vom Schlafe bezwungen,

      Fand, mit Geschrei angriff, und besiegt’. Erfreuende Kriegsbeut

      Sammelt’ ich dann, und gab auch Lot und den Seinen die Freiheit.

      Da kam Melchisedek, der König von Salem, und Priester

      Gottes, des wahren und einigen; trug herbei in den Händen

      Brot und Wein, und begann: „Gesegnet sey von dem Höchsten,

      Von dem einen, allmächtigen Herrn der Erd’ und des Himmels,

      Abram;[11] doch der Unendliche sey gelobt, daß er jetzt ihm

      Gegen die Feinde den Sieg verlieh, auf immer und ewig!“

      Schaudernd vor Ehrfurcht sah ich dem Greis’ in die Augen; mich däuchte:

      Vor mir stehe, verklärt, ein Vorbild künftiger Zeiten,

      Deutend auf Huld zur Rettung der schuldbelasteten Menschheit.

      Aber ich gab ihm den zehnten Theil der Beute zum Eigen!“

      „Jahr’ entfloh’n — da schwebten mir hehre Gesichte vorüber.

      Leise verscholl des Tages Geräusch’, und nächtliche Stille

      Sank auf die schlummernde Flur, als ich, vor dem einsamen Zeltthor

      Sitzend, mit Trauer im Blick empor zu den schimmernden Sternen

      Sah, und zuweilen laut aufseufzte vor inniger Wehmuth:

      Denn mein Haar ergraut’, und mir fehlte der Erbe noch immer.

      Plötzlich erscholl mir die Stimme des Herrn, erschütternd im Nachtgraun:

      „Fürchte dich nicht! Geschirmt von meiner gewaltigen Rechten

      Lebst du im Frieden allhier, und sieh’, noch größere Wohlthat

      Soll dir werden: du wirst die Völker der Erde beglücken!“

      „Herr!“ entgegnet’ ich d’rauf mit tiefbekümmertem Herzen,

      „Was erfüllete mir jetzt mehr die Brust an des Lebens

      Neige mit Trost? Scheid’ ich doch kinderlos von hienieden,

      Und mein Erbe wird dann Elieser, der redliche Diener.“

      Wieder erscholl die Stimme des Herrn mit erhebendem Laut mir:

      „Nein, nicht dieser — du irrst: dich beerbe dein eigner Erzeugter.

      Hebe die Augen empor zu dem leuchtenden Himmel: unzählbar

      Siehst du die Stern’ erglüh’n: so zahllos werden die Scharen

      Seyn des erlesenen Volk’s, das deinen Lenden entsprießet,

      Und dir geb’ ich dieß Land auf immer zum reichen Besitz hin.“

      „Herr,“ rief ich, „welch’ Zeichen bestätiget mir die Verheißung?“

      „Sieh’, ein Gewittergewölk’ aufthürmte sich plötzlich im Westen,

      Endlos; rasch durchfuhr zuweilen der röthliche Blitzstrahl

      Seinen dunkelen Schooß, erhellte des rauschenden Bergstroms

      Fluthen im weitumschlängelnden Lauf’, und der furchtbare Donner

      Rollte dumpf, bald nah’, bald fern’ im Gewölbe des Himmels.

      Da geboth mir der Herr: ich solle die Ziege, den Widder,

      Und die Kuh’, dreijährig sie all’, als Zeichen des Bundes

      Mitten entzwei getheilt, an dem Pfad hinlegen, und diesen,

      Unzerstückt, noch die Taub’ und die Turteltaube vereinen:

      Wie es zum Sinnbild dient, seit lange, den Bundesgenossen,

      Die, inmitten der blutenden Thier’ auf dem Pfad sich begegnend,

      Sollten sie freveln am Wort, zu gleicher Strafe sich weihen.[12]

      Also geschah’s. Ich setzte mich nun, und verjagte mit Sorgfalt

      Von den Geschlachteten dort Raubvögel in wimmelnder Anzahl.

      Plötzlich sank ich, verzücket, dahin: es wandelte furchtbar

      Sich der Abend in Nacht; noch schrecklicher flammte der Blitzstrahl —

      Krachte der Donner umher, und Angst und Beben ergriff mich,

      Als die Stimme des Herrn erscholl aus den wetternden


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