Liebesbriefe großer Männer. Отсутствует
– Ich musste innhalten, der Gedanke, dass ich Dein Herz habe u. die Erinnerung an all die Wonne der Vergangenheit macht mich ganz weich – es wäre Dir ja auch so gegangen – bei diesen Gedanken. –
Lebe wohl, liebe Louise!
und vergiss nie Deinen
Hölderlin.
Das war ein Brief von Dir, liebe Seele! Hättst Du mich sehen können, wie ich Tränen der innigsten Freude weinte, auf dieses neue Zeichen Deiner so unaussprechlich süßen beglückenden Liebe, wie ich in dem Augenblick so innig fühlte, was ich an Dir habe, wie meine Tage wieder so heiter, so ruhig hinfließen. O Mädchen! Auch in der Trennung ist Deine Liebe Seligkeit, auch dieses Sehnen ist Wonne Deinem Jüngling – denn jeder Augenblick sagt mir, dass Du Dich ebenso nach mir sehnst, dass Dir diese etlichen Jahre ebenso lange werden als mir. Und nur noch elf Wochen bis Ostern, Liebe? Freilich ist’s lächerlich, nur noch elf Wochen – aber wir wollen uns eben so trösten – und dann – O Louise! Louise! dann – Ich kann sie nicht nennen, all die Seligkeit, die meiner in Deinen Armen wartet … der Buchstabe ist eben Buchstabe, u. da lass ich Dich’s lieber fühlen, wie diese Erwartung mein Herz erhebt – Und Du erinnerst Dich noch der lieben Worte, unsers letzten Besuches? Sie sind Dir tief in die Seele eingegraben? O Louise! sie sind mein einziger Gedanke in der Einsamkeit, meine einzige Beschäftigung in den seligen Dir geweiheten Stunden.
O, u. Dein Traum? – Herrliches, liebes Mädchen, wie bin ich so glücklich? Um wie viel glücklicher wär’ ich, wann ich in Deinen Armen mein ganzes wonnerfülltes Herz vor Dir ergießen könnte. Es ist mir so wohl, wann ich daran denke, wie ich oft so geduldig, u. doch so voll der innigsten Sehnsucht an jenem Plätzchen wartete, bis ich die Teure am Fenster sah, u. wie er mich entzückte, der Gedanke, dass Du in der ganzen lieben Welt auf nichts blickest als auf Deinen Hölderlin, dass nur ich in dieser Brust wohne – Louise! Louise! u. wann ich Dich aus Deinem Hause dem Kreuzgang zu gehen sah – es ist mir noch alles so lebendig – der schöne majestätische Gang, das liebevolle Auge nach mir heraufblickend – u. die Erwartung der seligen Stunde auf Deinem Gesichte so ganz ausgedrückt – u. wie uns Erd u. Himmel schwanden, in der Stille u. Dämmerung! – – Und die gute Heinrike ist wirklich bei Dir? Möchte doch all die Freundschaft, die sie uns erwiesen hat, ihr tausendfach in ihrer neuen Lage vergolten werden. Sie wird mit ihrer heitern gefälligen Seele sich und ihren Gatten gewiss beglücken. Und Du erinnerst Dich auch noch der glücklichen Zeiten in Leonberg – denkst Du noch an all die seligen Stunden? Die Stunden der feurigsten, süßesten Liebe? O Louise! Ist’s dann nimmer möglich, an irgendeinem Orte bei guten Leuten so nah um Dich zu sein? Verdien’ ich’s nicht noch? so beglückt zu werden – – Doch wieder ewige Pläne! – Es wird Dir aber auch so gehen, liebe Seele! Die Tage, die ich in Leonberg zubrachte, waren zu schön, als dass ich sie mir nicht noch oft wiederträumen sollte. O, nur der Abschied! – – Es goss so eine süße Wehmut über meine ganze Seele u. begleitete mich den ganzen Weg über. Nur, als ich die Berge um Nürtingen sah u. der Wald vor Leonberg so nach u. nach sich hinter mir verlor – da stürzten mir Tränen des bittersten Schmerzens aus den Augen – ich musste lange hinstehen. – Der übrige Teil meiner Reise wurde mir noch einmal so sauer als zuvor. –
Deinen Jfr. Schwestern tausend Komplimente – auch an Jfr. Käufelin u. ich lass ihr zum neuen Jahre einen flinken Pinsel wünschen …
Schlaf wohl, liebes Mädchen! Liebe mich, wie bisher. Ich bin ewig
Dein Hölderlin.
Diotima an Hölderlin
Sonntag den 3ten, Abends 9 Uhr
Ich bin ganz allein und kann nicht schlafen gehen, ohne Dir, bestes, liebstes Herz! gute Nacht zu sagen, könntest Du jetzt fühlen, wie innig ich Dich fühle, wie die heiligsten Momente unserer Liebe vor meiner Seele schweben! Wie glücklich würde ich sein! wenn ich das wissen könnte! Schlaf sanft und süß, mein Bild umschwebe Dich! – – –
Hölderlin an Diotima
Täglich muss ich die verschwundene Gottheit wieder rufen. Wenn ich an große Männer denke, in großen Zeiten, wie sie, ein heilig Feuer, um sich griffen, und alles Tote, Hölzerne, das Stroh der Welt in Flamme verwandelten, die mit ihnen aufflog zum Himmel, und dann an mich, wie ich oft, ein glimmend Lämpchen, umhergehe und betteln möchte um einen Tropfen Öl, um eine Weile noch die Nacht hindurch zu scheinen – siehe! da geht ein wunderbarer Schauer mir durch alle Glieder, und leise ruf ich mir das Schreckenswort zu: lebendiger Toter!
Weißt Du, woran es liegt, die Menschen fürchten sich voreinander, dass der Genius des einen den andern verzehre, und darum gönnen sie sich wohl Speise und Trank, aber nichts, was die Seele nährt, und können es nicht leiden, wenn etwas, was sie sagen und tun, im andern einmal geistig aufgefasst, in Flamme verwandelt wird. Die Törigen! Wie wenn irgendetwas, was die Menschen einander sagen könnten, mehr wäre als Brennholz, das erst, wenn es vom geistigen Feuer ergriffen wird, wieder zu Feuer wird, so wie es aus Leben und Feuer hervorging. Und gönnen sie die Nahrung nur gegenseitig einander, so leben und leuchten ja beide, und keiner verzehrt den andern.
Erinnerst Du Dich unserer ungestörten Stunden, wo wir und wir nur umeinander waren? Das war Triumph! Beide so frei und stolz und wach und blühend und glänzend an Seel und Herz und Aug und Angesicht, und beide so in himmlischem Frieden nebeneinander! Ich hab es damals schon geahndet und gesagt: Man könnte wohl die Welt durchwandern und fände es schwerlich wieder so. Und täglich fühl ich das ernster.
Gestern Nachmittag kam Muhrbeck zu mir aufs Zimmer. Die Franzosen sind schon wieder in Italien geschlagen, sagt’ er. Wenn’s nur gut mit uns steht, sagt ich ihm, so steht es schon gut in der Welt, und er fiel mir um den Hals, und wir küssten uns die tiefbewegte freudige Seele auf die Lippen, und unsre weinenden Augen begegneten sich. Dann ging er. Solche Augenblicke hab ich doch noch. Aber kann das eine Welt ersetzen? Und das ist’s, was meine Treue ewig macht. In dem und jenem sind viele vortrefflich. Aber eine Natur wie Deine, wo so alles in innigem unzerstörbarem lebendigem Bunde vereint ist, diese ist die Perle der Zeit, und wer sie erkannt hat, und wie ihr himmlisch angeboren eigen Glück dann auch ihr tiefes Unglück ist, der ist auch ewig glücklich und ewig unglücklich.
Diotima an Hölderlin
6. Februar 1799
Denke nur nicht, Lieber, dass das Schicksal unsrer Liebe mich empören oder gänzlich niederdrücken möchte. Ich weine wohl oft bittre, bittre Tränen, aber eben diese Tränen sind es, die mich erhalten. Solange Du lebst, mag ich nicht untergehen. Fühlte ich nicht mehr, wäre die Liebe aus mir verschwunden, und was wäre mir das Leben ohne Liebe, ich würde in Nacht und Tod hinabsinken. Solange Du mich liebst, kann ich mich nicht verschlimmern, Du hältst mich empor und führest mich den Weg zur Schönheit! Habe Glauben an mich und baue fest auf mein Herz und denke wie ich, dass unser liebstes, innerstes Wesen unveränderlich sich gleichbleiben und sich angehören wird!
Hölderlin an Diotima
Hier unsern Hyperion, Liebe! Ein wenig Freude wird diese Frucht unserer seelenvollen Tage Dir doch geben. Verzeih mir’s, dass Diotima stirbt. Du erinnerst Dich, wir haben uns ehmals nicht ganz darüber vereinigen können. Ich glaubte, es wäre, der ganzen Anlage nach, notwendig. Liebste! alles, was von ihr und uns, vom Leben unseres Lebens hie und da gesagt ist, nimm es wie einen Dank, der öfters umso wahrer ist, je ungeschickter er sich ausdrückt. Hätte ich mich zu Deinen Füßen nach und nach zum Künstler bilden können in Ruhe und Freiheit, ja ich glaube, ich wär’ es schnell geworden, wonach in allem Leide mein Herz sich in Träumen und am hellen Tage und oft mit schweigender Verzweiflung sehnt.
Es ist wohl der Tränen alle wert, die wir seit Jahren geweint, dass wir die Freude nicht haben sollten, die wir uns geben können, aber es ist himmelschreiend, wenn wir denken müssen, dass wir beide mit unsern besten Kräften vielleicht vergehen müssen, weil wir uns fehlen. Und sieh! das macht mich eben so stille manchmal, weil ich mich hüten muss vor solchen Gedanken. Deine Krankheit, Dein Brief – es trat mir wieder, so