DARK ISLAND. Matt James

DARK ISLAND - Matt James


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nickte.

      Die Geräusche wurden lauter, umringten sie.

      »Ähm, Ian …«

      »Pssst!«, zischte er mit der Waffe im Anschlag. »Bleib hinter mir.« Sie tat wie geheißen, packte den Gürtel an seinem Rücken und ging hinter ihm her.

      »Pass auf unsere Ärsche auf, okay?«

      Er machte einen Schritt und blieb stehen.

      »Ich könnte hier vorn ein bisschen Licht gebrauchen.«

      Abigail hob die Taschenlampe über seine Schulter, um mit einer zittrigen Hand den Boden vor ihm zu erhellen. Vorsichtig näherte er sich dem Geräusch, während er den Knauf der Schrotflinte fester gegen seine Schulter drückte. Er hielt die Waffe ganz ruhig in den Händen und atmete langsam und bedächtig. Für ihn war das hier das reinste Kinderspiel, und er hatte schon seit einer ganzen Weile keinen Grund mehr gehabt, Soldat zu spielen.

      Der Atem seiner Frau hingegen klang um einiges gequälter.

      Sie schrie auf, als Ian einen Schuss abfeuerte. Er hatte einen Schatten erspäht, der schnurgerade und verdammt schnell auf sie zukam. Was immer das war, kreischte schmerzerfüllt und verschwand geschwind in der Nacht.

      »Abby … was … zum … Teufel … war … das?«

      »Ich … keine Ahnung«, gestand sie verängstigt. »Ich bin mir nicht …«

      Zwei schrille Kreischlaute verkündeten die Attacke von zwei weiteren dieser Dinger, eines von jeder Seite. Ian wirbelte nach links und pumpte zwei Schrotsalven in die sich rasend schnell bewegende Gestalt, ehe er dasselbe auch bei dem anderen Angreifer versuchte, wobei er jedoch über die Füße seiner Frau stolperte. Sie hielt noch immer seinen Gürtel umklammert und wurde zu Boden gerissen, als er sich umdrehte.

      Ian landete ebenfalls unsanft auf seinem Hintern und schlug sich den Hinterkopf an etwas Hartem, Schartigem an. Der plateauartige Berg war mit kleinen Granithügel übersät, und als Ian hinstürzte, hatte er offensichtlich mit einem davon Bekanntschaft gemacht.

      Benommen streckte er die Hand nach seiner panischen Frau aus, doch gerade, als er ihre Finger berührte, fuhr eine gewaltige Klaue seitlich über seinen Schädel. Dass es ihm nicht das ganze Gesicht wegriss, hatte er Abigail zu verdanken, die seine Hand losgelassen hatte, sodass er unversehens nach hinten kippte, fort von den rasiermesserscharfen Krallen.

      Angeschlagen und stark blutend, schrie Ian von blindem Grauen erfüllt, als seine hysterisch kreischende Frau in die Dunkelheit davongeschleift wurde. Unbewaffnet rappelte er sich auf und folgte ihr schwankend, so schnell er konnte, im Zickzack durch die stockfinstere Landschaft. Ihre beständigen, herzerweichenden Schreie waren der einzige Grund dafür, dass er wusste, dass sie noch lebte.

      Wieder stolperte er, und wieder fiel er hin. Als er jetzt aufschaute, sah er Abigail, die ihn im Mondlicht ansah, nur für einen Moment. Das, was als Nächstes geschah, war schlimmer als alles, das er jemals gesehen hatte – schlimmer als alles, das er jemals erlebt hatte.

      Es war sogar noch schlimmer als damals, als sein eigener Teamkamerad versucht hatte, ihm den Schädel wegzuballern.

      Nach einem letzten Aufschrei verstummte Abigail mit einem feuchten Gurgeln, wie es nur entstand, wenn einem jemand – oder etwas – die Kehle aufschlitzte. Während seiner Zeit in Übersee hatte Ian dieses grässliche Geräusch mehrere Male vernommen. Gnädigerweise senkten sich in diesem Moment neue Schatten über die Welt, sodass er ihre grausame Ermordung nicht mit ansehen musste.

      Dafür hörte er alles überdeutlich …

      »Nein!«, brüllte Ian und versuchte wieder auf die Beine zu kommen. Seine Waffe war fort, genau wie seine geliebte Frau. Er war entschlossen, das, was immer sie getötet hatte, mit großen Fäusten zu Tode zu prügeln. Für so etwas brauchte er keine Schrotflinte.

      Als er wieder auf den Füßen stand, wischte er sich die schmierige Mischung aus Blut, Rotz, Tränen und Schweiß aus dem Gesicht und stapfte vorwärts. Erneut erbebte die Erde, und direkt unter seinen Füßen tat sich der Boden auf. Er schlug schwer hin, rollte das steile Gefälle in einen Tunnel hinab und spürte, wie er sich dabei zwei Rippen brach. Schließlich kam er keuchend und mit dem Gesicht nach unten zu liegen.

      Ein zirpendes Geräusch lenkte seine Aufmerksamkeit nach vorn und instinktiv hob er das Kinn, um zu sehen, was das Zirpen verursachte. Er war überrascht, dass er überhaupt irgendetwas sehen konnte, doch dann erkannte er, dass das Licht von Abigails Taschenlampe stammte, die neben ihm lag und geradewegs vor ihn leuchtete. Und ungeachtet der erbarmungslosen Kopfschmerzen, die in seinem Schädel hämmerten, und seines verschwommenen Blicks wusste er, dass er vor sich sah, was seine Frau getötet hatte.

      Und was er sah, konnte er nur als böse beschreiben.

      Kapitel 1

       Burke, Virginia, USA

       Sieben Jahre später, heute

      Nachdem ihr Chef bei National Geographic sie durch die Mangel gedreht und übel zusammengestaucht hatte, fühlte sich die Journalistin Mackenzie Moore, als wäre sie gegen eine Dampfwalze gelaufen. Mack − sie zog es vor, so genannt zu werden – stand von ihrem Laptop auf und streckte sich. Ungeachtet des Umstands, dass sie die Schelte per Skype verabreicht bekommen hatte, anstatt von Angesicht zu Angesicht, zitterte sie immer noch beim Gedanken daran, wie knapp sie davor gewesen war, ihren Job zu verlieren. Mack liebte ihre Arbeit, doch irgendwie schien in letzter Zeit der Wurm drin zu sein.

      Die jüngste ihrer Veröffentlichungen war ihrer Ansicht nach ein todsicheres Ding über eine erstaunliche historische Entdeckung gewesen. Vor einem Monat hatte man auf Sardinien menschenfressende Riesen ausgegraben, und sie war die Erste, die von der Story Wind bekommen hatte und darüber berichtete. Ja, sie ging sogar so weit, auf die Mittelmeerinsel zu fliegen und die beteiligten Parteien zu interviewen. Doch sobald sie vor Ort war und durch die Kleinstadt Cabras spazierte, wurde ihr schnell klar, dass sie sich die Reise hätte sparen können.

      Niemand wollte mit ihr reden. Keine Seele. Die meisten Einheimischen behaupteten, nicht in der Gegend gewesen zu sein, als sich der vermeintliche Vorfall ereignete. Und die anderen Leute in der Stadt sprachen entweder kein Englisch oder schlugen ihr rundheraus die Tür vor der Nase zu. Ein Mann bedrohte sie sogar mit einer Schaufel …

      Es war, als habe der gesamte Ort beschlossen, das Vorgefallene unter den Teppich zu kehren. Mack spielte ihnen sogar einige YouTube-Videos auf ihrem Handy vor, die allesamt einen großgewachsenen, langhaarigen amerikanischen Ureinwohner zeigten, einen Indianer. In einem dieser Videos machte der Mann in einer örtlichen Kneipe Ärger. Irgendwelche Highschool-Kinder aus der Gegend hatten die Filmchen hochgeladen, zusammen mit einem Titel, der mindestens fünf Ausrufezeichen zu viel aufwies.

      Das faszinierendste dieser Videos war mit »HEILIGE SCHEISSE!!!!!!« betitelt und verbreitete sich schon unmittelbar nach der Veröffentlichung wie ein Lauffeuer, um innerhalb kürzester Zeit eine beeindruckende halbe Million Online-Klicks zu verbuchen.

      Als Mack die Eltern des Kindes befragte, besaßen sie die Frechheit, die Sache mit einem Lachen als Schwindel abzutun. Sie hatten den Jungen zwar für sein Tun bestraft, doch seine Mom und sein Dad hatten keine Ahnung, wie sie das Video wieder offline nehmen konnten. Was bedeutete, dass Mack ohne irgendwelche konkreten Hinweise, denen sie nachgehen konnte, auf Sardinien festsaß, Tausende Meilen entfernt von zuhause. Doch was am schlimmsten war: ohne Story. Ihr Trip dorthin hatte eine Menge Geld verbrannt.

      Vermasselte Aufträge kamen bei ihren Vorgesetzten gar nicht gut an.

      So kam es, dass sie zum ersten Mal in ihrer Karriere beschloss, sich etwas aus den Fingern zu saugen, zumal sie ehrlichen Herzens glaubte, dass sich in Cabras tatsächlich etwas Außergewöhnliches zugetragen hatte, und sie war bereit, zusammen mit dem Schiff unterzugehen, um zumindest das Wenige zu veröffentlichen, das sie zusammentragen konnte.

      Die Welt wimmelte nur so vor Fake News, und sie


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