Ein himmlisches Chaos. Katharina Grabner-Hayden

Ein himmlisches Chaos - Katharina Grabner-Hayden


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wie immer geduldigen Ehemann Odysseus und meinen vier Kindern, die mir tagtäglich die besten Geschichten für meine Satiren liefern.

      Ein großer Dank dem Amalthea Verlag, der mir durch das Verlegen meiner Bücher teure Psychotherapiestunden erspart.

      Es darf wieder herzlich gelacht und geflucht werden, denn trotz aller Schwierigkeiten mit Kindern und einer stets hungrigen Verwandtschaft ist eines sicher:

       Wir kommen alle in den Himmel, so oder so!

       Katharina Grabner-Hayden

      Terminkollisionen

      Am besten, man sieht seine Familie das ganze Jahr nicht. Und wenn, dann nur zu allen heiligen Zeiten.

      Zu Weihnachten, Ostern oder bei Begräbnissen.

      Möglichen emotionalen Ausbrüchen einiger Verwandter kann schnell über Facebook, E-Mail oder schlicht über das Telefon nachgekommen werden, ohne lästiges Kuchenbacken oder riesigen Mittagstafeln.

      Wie gesagt, das funktioniert nur in anderen Familien, nicht in meiner.

      Da vor allem die Großmütter stets unglücklich sind, ihre eigenen und die verschwägerten Kinder so selten zu Gesicht bekommen und uns drohend darauf aufmerksam machen, wie schnell Gevatter Tod an deren Türe pochen könnte, sehen wir uns gezwungenermaßen nicht nur an den heiligen, sondern auch an allen anderen wichtigen Terminen, an Geburtstagen, Schulabschlussfesten, Fußballturnieren oder Ballettvorführungen der Kinder.

      Bei der Größe und dem Umfang meiner Familie also in der Woche zwei bis drei Mal. Zahnspangenkontrollen, sportliche Aktivitäten, Friseurtermine, ja ganze Urlaubsplanungen werden dabei ins Joch der ewig Junggebliebenen gespannt, um das beschämte und bestimmte Lächeln der Großmütter in Empfang zu nehmen, die bei den Besuchen immer wieder betonen, wie schön und ungemein wichtig der Zusammenhalt in einer Großfamilie ist.

      Und weil wir praktischerweise ein unsäglich schönes, großes und einladendes Haus mit Garten unser Eigen nennen dürfen, trifft sich die gesamte Mischpoche bei mir.

      Wie ich das aushalte?

      Ich bekämpfe meinen Missmut mit Baldriantropfen oder besser gleich mit einer Flasche Prosecco.

      Als meine und die verschwägerten Kinder älter und erwachsener wurden, mussten wir Eltern deren Zeitpläne wie Nachhilfe- und Tanzstunden oder Kino und Clubbingbesuche in das höchst diffizile und komplexe Gewirr an Besuchstagen einbauen, was natürlich immer schwieriger wurde, weil die pubertierenden Monster auf jegliche Familienevents »schissen« und lieber auf Musikfestivals gingen. Uns Eltern brachte dieses unkooperative Verhalten in größten Erklärungsnotstand, wir rechneten ja jeden Tag mit Gevatter Tod, was uns die Großeltern mit einem treuherzigen Dackelblick würdevoll, aber umso eindringlicher, unter die Nase rieben. Dies hätte es in den guten alten Zeiten einfach nicht gegeben, da hatte die Familie noch einen anderen Stellenwert!

      Ich hatte angefangen, alle lebenswichtigen Termine am Jahresanfang in den elektronischen Kalender meines Handys zu speichern. Sowohl Geburts- und Hochzeitstage als auch Jubiläen wurden mir zwei Wochen, der wichtigste Tag im Jahr, der Muttertag, mindestens einen Monat davor mittels hochfrequentem Piepsen angekündigt. Mit seinem markdurchdringenden Schall assoziierte ich zitternd die liebe Verwandtschaft und meine Gallensteine, die ich mir möglichst rasch behandeln lassen sollte.

      Die Daten wie Prüfungen, Schularbeiten, Bälle und Events meiner Kinder mit statistischen Wahrscheinlichkeitsrechnungen möglicher Erkrankungen und unvorhersehbaren Ereignissen gab ich minutiös in meine Tabellen ein, um einen reibungslosen Ablauf eines Familienfestes zu gewährleisten, zumindest was die Termine betraf.

      Der achtzehnte Geburtstag von Johannes stand vor der Türe, ein Großereignis. Das Kind war endlich erwachsen geworden und durfte fortan selbst über sein junges Leben entscheiden. Was er auch tat, ohne mich und mein lebensnotwendiges Kalendarium zu fragen.

      Er hatte seine gesamte Schulklasse Samstagabend »zum Vorglühen« – eine bei Jugendlichen durchaus beliebte, für Erwachsene aber höchst unappetitliche Sitte, sich in Stimmung zu bringen – in unser Saunahäuschen eingeladen.

      »Schatz, das geht nicht! Ich habe am Samstag die gesamte Familie bei uns zu Gast, du weißt doch, dass man dich feiern will! Denk doch an die Großmütter!«, versuchte ich ihn von seinem Vorhaben abzubringen.

      »Könnt ihr mich nicht am Freitag oder am Sonntag feiern?«, maulte er mir entgegen, die meisten seiner Freunde könnten nur am Samstag, eigentlich wäre das sein größter und einziger Wunsch, den ich ihm doch bitte unbedingt erfüllen sollte.

      So begann ein einmaliger Reigen.

      Ich rief die wichtigste aller Großmütter an, meine Mutter.

      Am Freitag? Unmöglich! Sonntags eher, aber nur mittags und dann auch nur bis 17 Uhr, denn danach hätte sie selbst Gäste und müsste einiges vorbereiten. Gut, also Sonntag.

      Die zweitwichtigste Mutter in meinem Leben, die Schwiegermutter, fiel bei dem Begehren fast vom Lehnstuhl, ich hörte über das Telefon sein Krächzen, als ich ihr die Änderung für Sonntag bekannt gab. Freitag wäre für sie günstiger, denn Tante Gisela wäre am Sonntag bei ihr zu Kaffee und Kuchen eingeladen. Die betagte Dame könnte man mit einer so plötzlichen Terminänderung nicht konfrontieren, ihr Herz, ich sollte verstehen.

      »Warum könnt ihr nicht sonntags bei mir Kaffee und Kuchen einnehmen?«

      »Weil ihr sonntags die gesamte Großfamilie zu viel wird.«

      »Zu viel?«

      »Nein, eher zu laut!«

      »Dann verschieb doch Tante Gisela auf Montag?«

      »Geht nicht! Montags hat sie einen Termin bei der Pediküre. Unmöglich, sie wartet darauf seit Wochen!«

      Ich rief verzagt meine Mutter an. Sie sollte mir Barmherzigkeit zuteilwerden lassen und freitags zu uns feiern kommen, denn die Schwiegereltern hätten eben nur an diesem Tag Zeit.

      Ich stieß auf vollkommenes Unverständnis. Am Freitag hätte sie eine Friseurin extra für meine Schwestern, die mit Kind und Kegel bei ihr für das Wochenende untergebracht waren, eingestellt, die die Damenwelt frisieren sollte, bevor sie an besagtem Samstag bei uns zu Gast erscheinen wollten.

      »Mama, am Samstag geht es nicht!«

      »Warum?«, sie kämpft seit Längerem mit Symptomen einer beginnenden Demenz.

      »Weil am Samstag Johannes all seine Freunde zu einer Party eingeladen hat!«

      »Und das sagst du mir erst jetzt?«

      »Mama, wir sprachen vor wenigen Minuten davon!«

      »Du weißt genau, dass ich mir all deine Termine nicht mehr merken kann, also wann jetzt? Samstags?«

      »Nein, am Freitag!«

      »Aber du weißt doch, dass am Freitag deine Geschwister zu mir kommen und sich frisieren lassen! Ich kann doch nicht die Friseurin abbestellen!«

      »Doch, kannst du!«

      »Nein, kann ich nicht!«

      »Dann gib mir ihre Nummer, ich ruf sie an.«

      Sie gab mir die Telefonnummer, ich kontaktierte die Dame.

      »Ich kann nur am Freitag oder montags!«, beteuerte die Hairstylistin mit betonter Wichtigkeit.

      Wunderbar, dann Montag. Ich telefonierte mit meinen Schwestern. Glücklicherweise fiel besagter Wochenbeginn auf einen Feiertag, man konnte sich auch am Montagvormittag die Haare schneiden lassen und am Nachmittag den Geburtstag von Johannes feiern. Das überhöhte Honorar, das die Friseurin an Feiertagen verrechnen würde, übernahm selbstverständlich ich.

      Ich trank einen großen Schluck Prosecco aus der Flasche, endlich hatte ich das Problem gelöst. Jetzt musste ich nur noch die Tauf- und Firmpaten, deren


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