Die wichtigsten Werke von Jacob Burckhardt. Jacob Burckhardt

Die wichtigsten Werke von Jacob Burckhardt - Jacob Burckhardt


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auf den catalaunischen Gefilden darum handelte, ob der Hunne das Leichentuch über das okzidentalische Leben ziehen dürfe wie in der Folge der Mongole über das asiatische, trug diese Befreundung schon ihre Früchte; Römer und Westgoten hielten zusammen und wehrten den Angriff gemeinsam ab.

      Aber nicht bloss die Redner, auch die eigentümliche Gattung von lateinischen und griechischen Sammlern, welche man bisweilen unter dem Namen der Grammatiker mitbegreift, gehen nicht leicht über die Zeit der Republik herunter. Aulus Gellius zum Beispiel tut es nur, wenn er von der Bildung seiner Zeit und von seinen eigenen Studien spricht; Aelian in seinen »Bunten Geschichten« fast nirgends; Alciphron verlegt seine Briefe (siehe bes. II, 3) in die früheste macedonische Zeit; Athenaeus in seiner grossen Enzyklopädie des antiken Lebensgenusses geht der Kaiserzeit sehr absichtlich aus dem Wege, und noch zwei Jahrhunderte später gibt Macrobius in seinen Saturnalien als letzte Notiz eine Sammlung von Anekdoten und Witzworten des Augustus, eine kurze beiläufige Erwähnung Trajans abgerechnet. Philologen vom Fache, welche mit der betreffenden Literatur näher vertraut sind als der Verfasser, würden diese Beobachtung wahrscheinlich in einem viel weitern Umfang bestätigen können.

      Wie weit die Staatseinrichtungen und der äussere Zustand solche Hoffnungen rechtfertigten, ist durch blosse Schlüsse nicht unbedingt zu ermitteln. Eine Regierung, wie die römische war, kann sich trotz zunehmender Erstarrung unendlich lange halten, wie das Byzantinische Reich bewiesen hat. Wäre die Stadt Rom so uneinnehmbar fest und so zur Verteidigung geschaffen gewesen, wie später Konstantinopel, so hätte auch das abendländische Reich viel länger dauern und verlorene Provinzen von der geretteten Hauptstadt aus mehr als einmal zurückerobern können. Der Staat kann sogar die Nationalität überleben, so gut als diese den Staat. Es soll also mit dem Begriff der Alterung nicht die Unmöglichkeit des Weiterlebens, sondern nur das allmähliche Versiegen derjenigen Lebensquellen bezeichnet werden, die einst der Nation ihr edleres geistiges und leibliches Gepräge verliehen.