Butler Parker 157 – Kriminalroman. Günter Dönges

Butler Parker 157 – Kriminalroman - Günter Dönges


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Sie es nur nicht, mich etwa anzulügen«, warnte die ältere Dame grollend.

      »Ich bin bedient, Lady«, versicherte der Kidnapper hastig, »ich sollte die Kleine aufs Land schaffen, nach Croydon. Da sollte ich sie in ’nem Landhaus absetzen und dann wieder verschwinden.«

      »Die genaue Adresse, Sie Lümmel!« Agatha Simpson hoffte, wie man deutlich sah, ihren Glücksbringer im Pompadour erneut einsetzen zu können. Doch Hank Hasker war daran überhaupt nicht interessiert. Er beeilte sich, die Adresse zu nennen.

      *

      »Sie sehen, Mr. Parker, man muß nur höflich fragen«, sagte die ältere Dame, die im Fond des hochbeinigen Monstrums saß, »nur so bekommt man ehrliche Antworten.«

      »Mylady sind ein leuchtendes Vorbild und Beispiel«, erwiderte Parker, der den Wagen steuerte.

      »Ich weiß, ich weiß«, meinte sie wohlwollend, »aber lenken Sie nicht ab. Was stelle ich mir unter diesem Henker vor?«

      »Dabei dürfte es sich um einen Spitznamen handeln, Mylady, der allerdings zu denken gibt.«

      »Ich frage mich immer wieder, warum man Kathys Freundin kidnappen wollte«, redete die ältere Dame weiter, »man sollte umgehend feststellen, aus welcher Familie sie stammt. Ich bleibe dabei, sie ist eine Millionenerbin, die man ausschalten will.«

      »Miß Porter und Mr. Rander gehen Myladys Anregung bereits nach«, versicherte der Butler höflich, »Mylady denken aber sicher auch an den Arbeitsplatz, den Miß Merton einnimmt.«

      »Ich denke an alles«, behauptete sie, »was ist mit diesem Arbeitsplatz? Ich bin gespannt, ob Sie ebenfalls so mißtrauisch sind wie ich.«

      »Miß Merton arbeitet als Sekretärin in einem Inkasso-Büro«, erinnerte der Butler, der natürlich genau wußte, daß seine Herrin dies längst vergessen hatte.

      »Und das läßt aufhorchen«, erwiderte die ältere Dame sicherheitshalber, ohne sich aber festzulegen.

      »Miß Merton könnte Einblicke in gewisse Berufspraktiken gewonnen haben.«

      »Könnte, Mr. Parker? Sie hat!« Lady Agatha nickte bedeutungsschwanger.

      »Man muß sich auch mit Mr. Brett Crickle befassen, wie Mylady bereits andeuteten.«

      »Crickle? Wer ist denn das schon wieder?« Sie war ein wenig irritiert.

      »Mr. Brett Crickle ist der Besitzer des erwähnten Inkasso-Büros, Mylady.«

      »Richtig.« Sie tat sofort so, als erwähnte man etwas, was sie längt schon wußte.

      »Mylady planen sicher, Mr. Crickle einen Besuch abzustatten.«

      »Aber selbstverständlich.« Sie nickte nachdrücklich. »Ich werde jeder Spur nachgehen, Mr. Parker, das wissen Sie doch. Darum will ich ja jetzt auch nach Croydon und mir dieses Landhaus ansehen. Mit etwas Glück werde ich dann dort den Henker erwischen.«

      »Der inzwischen bereits möglicherweise weiß, daß sein Anschlag auf Mylady mißglückte.«

      »Ich hätte diesen Hasker mitnehmen sollen«, entgegnete die ältere Dame leicht grollend.

      »Mylady waren aber sofort der Ansicht, daß dieser Kidnapper eine unwichtige Person ist«, erwiderte Parker.

      »Das stimmt allerdings«, lautete Myladys Antwort, »er hätte mich jetzt nur gestört.«

      Sie räkelte sich in den Polstern zurecht und war zufrieden mit sich. Sie hatte einige erfreuliche Abwechslungen gehabt und hoffte, daß diese Serie nicht plötzlich abriß. Daher hatte sie darauf bestanden, nach Croydon zu fahren. Insgeheim hoffte sie, den Henker dort anzutreffen.

      »Werde ich eigentlich verfolgt?« fragte sie nach einer Weile.

      »Bedauerlicherweise ist dies nicht der Fall, Mylady«, meldete Josuah Parker, der immer wieder in die Außenspiegel geblickt hatte, »aber möglicherweise wartet der Henker bereits im Landsitz.«

      »Das wäre nicht schlecht«, hoffte Agatha Simpson, »dann wird er mir Rede und Antwort stehen müssen, Mr. Parker.«

      »Sehr wohl, Mylady.« Parker nickte nur andeutungsweise und gab sich wieder seinen Überlegungen hin. Natürlich glaubte er nicht daran, daß Liz Merton die Erbin eines Millionenvermögens war. Dies war seiner Ansicht nach zu weit hergeholt. Aber sie mußte eine wichtige Schlüsselfigur sein, sonst hätte man ja nicht einen Kidnapper und zwei Profis auf sie angesetzt. Liz Merton mußte also, bewußt oder unbewußt, im Besitz von Informationen sein, die diesen Einsatz rechtfertigten.

      Die Frage war allerdings, warum man die junge Frau angeblich seit vierzehn Tagen telefonisch belästigte und terrorisierte. Oder hatte Liz Merton sich dies nur aus den Fingern gesogen, um von der richtigen Spur abzulenken? Hatte sie früher mal Kontakt zur Unterwelt gehabt? War sie die Freundin eines Gangsters gewesen?

      Fragen, die geklärt werden mußten.

      *

      Das Landhaus war nichts anderes als eine etwas zu groß geratene Farm in einer Wiesensenke, von sattgrünen Weiden umgeben. Sie machte einen unbewohnten Eindruck, wie Butler Parker feststellte. Er hielt ein schon recht bejahrtes Fernrohr aus Messing in Händen, das er teleskopartig auseinandergeschoben hatte.

      »Die Fensterläden sind geschlossen und teilweise durch quer angebrachte Bretter zusätzlich vernagelt«, meldete der Butler. Man hatte das Ziel erreicht, das der Kidnapper bezeichnet hatte.

      »Natürlich wartet man dort auf mich«, sagte die ältere Dame, »eine Lady Simpson kann man nicht täuschen, Mr. Parker.«

      »Es wäre ein verhängnisvoller Fehler, Mylady, dies auch nur ansatzweise versuchen zu wollen«, gab der Butler zurück.

      »Ich lasse Ihnen freie Hand«, redete die Detektivin munter weiter, »Ich verlange nur, daß ich die Subjekte, die sich im Haus befinden, überraschen kann.«

      Parker provozierte etwa vorhandene Kriminelle.

      Er fuhr näher an das Farmhaus heran, stoppte und langte nach seiner zusammenlegbaren Gabelschleuder. Er steckte sie mit wenigen Handgriffen zusammen und verfügte über eine äußerst wirkungsvolle Waffe. Vom Prinzip her handelte es sich dabei um eine Steinschleuder, wie sie noch immer von Jungen aus kleinen Astgabeln geschnitten werden. Parker hatte das nicht ungefährliche Gerät natürlich weiterentwickelt und verstand es meisterhaft, damit umzugehen. Aus einer seiner vielen Westentaschen holte er ein Spezialgeschoß. Dabei handelte es sich um eine perforierte Plastikkapsel, in der sich eine kleine Glasampulle befand, die mit einer wasserklaren Flüssigkeit gefüllt war.

      Parker legte dieses Geschoß in die Lederschlaufe, strammte die beiden Gummistränge und setzte die Kapsel dann vor der Haustür des Farmhauses ab. Obwohl die Distanz vom hochbeinigen Monstrum bis zum Haus gut und gern sechzig Meter betrug, landete das Geschoß genau dort, wohin der Butler es plazieren wollte.

      Sekunden später breitete sich eine kompakte Nebelwand aus, die die gesamte Vorderfront des Hauses einhüllte.

      »Was soll denn das, Mr. Parker?« wollte die ältere Dame wissen, »ich kann ja überhaupt nicht mehr sehen, was sich da im Haus tut.«

      »Ähnlich werden auch die Bewohner der Farm empfinden, Mylady. Während man sich also auf die Vorderfront konzentriert, werden Mylady nach einem kleinen Umgehungsmanöver sich dem Haus von der Rück- oder Seitenfront nähern.«

      »Das dachte ich mir schon«, behauptete sie umgehend, »man muß seine Gegner stets verwirren, Mr. Parker. Sie sollten sich das merken.«

      »Sehr wohl, Mylady.« Parkers Gesicht blieb ausdruckslos. Er ließ das hochbeinige Monstrum wieder anrollen, fuhr näher an das Farmhaus heran, schlug dann einen Bogen, gab Vollgas und wischte mit seinem Privatwagen um die linke Stirnseite des Gebäudes. Er hielt vor einem Hinterausgang an und verschanzte sich nach dem Aussteigen neben einem schmalen Fenster. Er brauchte nicht lange zu warten.

      Einige Augenblicke später erschien der kurze Lauf einer abgesägten


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