Sex Revolts. Simon Reynolds

Sex Revolts - Simon  Reynolds


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Gerüst, auf dem The Clash aufbauten – gelangweilte Jungs, die sich losreißen und loslegen – hätte traditioneller kaum sein können.

       WHITE RIOT

      Die Agitation der frühen The Clash fand später im Oi! eine Fortsetzung, einer Subkultur in den späten 1970ern und frühen 1980ern, die sich dem Slogan »Punk’s not dead!« verschrieben hatte. Oi!-Bands rückten die Working-Class-Perspektive, die Artschool-Bands wie The Clash nur vortäuschten, in den Fokus, waren politisch allerdings weniger eindeutig. Es gab Bands, deren Weltanschauung quasi über Nacht von Neonazismus zu Trotzkismus wechselte. Die meisten blieben aber auf einer präpolitischen Ebene stecken. Sie protestierten gegen ihre Lebensumstände im Alltag und repräsentierten voller Stolz die Kultur der Arbeiterklasse. Die extrem rechten Bands wie Skrewdriver jedoch nahmen die Bedeutung von »White Riot« wörtlich (da sich Punk schwer eindeutig politisch einordnen ließ, hatten einige den Song als faschistische Hymne fehlinterpretiert). Die linke Militanz ist manchmal schwer von der Kriegslust der Rechten zu unterscheiden; beide werden sie von ähnlichen hormonellen Energien angetrieben. Anfang der 1990er lebte der »Hate-Rock« wieder auf, als in Amerika und Europa (vor allem in Deutschland und Osteuropa) rassistische Bands auf den Plan traten. Allein schon die Tatsache, dass der Skinhead-Look von rechts- wie linksextremistischen Gruppen aufgegriffen wurde, spricht für eine ähnliche Mentalität: Beide waren diszipliniert und dogmatisch, beide bezeichneten, wie Simon Frith anmerkte, ihre Feinde (jeweils die anderen) als Abschaum und Gesindel, und beide lehnten die verweichlichte, affektierte Dekadenz der Mittelschicht ab.

       STREET FIGHTING MEN

      All das liegt dem Romantizismus von The Clash fern. Und doch macht einen Teil ihres Reizes aus, dass sie eindeutig Kämpfer waren. Der anfänglichen, von der Kunsthochschule beeinflussten Phase (Kleidung, die mit Slogans beschmiert war oder mit Flecken, die an Jackson Pollocks Action Painting erinnerten) folgte ein Image, das militärische Kleidung mit den Tollen und dem Leder des traditionellen amerikanischen Rockrebellen kreuzte. Bilder des vom Bürgerkrieg erschütterten Belfast dienten ihnen als Hintergrundkulisse und Coverfotos; viele Songs spielten zu Kriegszeiten und verwendeten eine martialische Bildsprache. »1977« vom Debütalbum imaginiert, wie der mit der Oberschicht assoziierte Londoner Stadtteil Knightsbridge von Maschinengewehrfeuer attackiert wird. Auf dem Höhepunkt der in den Medien verbreiteten Panik wegen Punk wurden ihre Gigs regelmäßig von örtlichen Behörden abgesagt, woraufhin Bernie Rhodes davon fantasierte, als Reaktion auf eine dieser Absagen mit einem Panzer vor dem Stadtrat aufzufahren.

      Der Titel des nächsten Albums Sandinista! (1980) zollte den Guerillakämpfern in Nicaragua Tribut, die ein korruptes, von den USA abhängiges Marionettenregime gestürzt hatten. Combat Rock (1982) stellte ihren bislang offensichtlichsten und plumpesten Versuch dar, The Clash als Musik »for fighters, not lovers« zu definieren. Die Hitsingle, die Combat Rock abwarf, »Rock the Casbah«, erzählt von einem islamischen Herrscher, der einen Bombenangriff auf ein Gebäude anordnet, in dem Rockmusik gespielt wird; ein nicht ernst gemeintes Szenario, dem dennoch ein Hauch Neid angehaftet haben könnte: die Vorstellung, wie aufregend es wäre, in einer Gesellschaft zu leben, wo Rockmusik zu spielen oder auch nur zu hören als Staatsverbrechen


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