VERLIEBT IN DAS LEBEN. Osho
verrückt oder so, denn normalerweise liegt die Mutter, bei der Geburt des Kindes und steht nicht. Aber es mag noch angehen, wenn man davon ausgeht, dass die Frau ein bisschen verrückt war. Aber Gautam Buddha selber wird stehend geboren! Er fällt zu Boden – und steht auf. Auch das soll manchmal passieren…
Normalerweise kommt zwar zuerst der Kopf, aber ab und zu kommen die Füße zuerst. Wenn die Story hier aufhören würde, könnte man noch Fünfe gerade sein lassen. Aber dann würde sie euch noch nicht sonderlich beeindrucken. Also machte Buddha als erstes sieben Schritte! Ein neugeborenes Kind kann in Wirklichkeit nicht einmal stehen – er aber macht sieben Schritte! Und nicht genug damit, nach sieben Schritten schaut er zum Himmel auf und erklärt: „Ich bin der größte aller Buddhas, der größte Erleuchtete in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.“
Nun, das alles macht wenig Mut. All diese Dinge bringt ihr nicht fertig. Ohnehin seid ihr schon geboren; ihr könnt es zwar das nächste Mal versuchen, aber für dieses Leben ist Schluss. In diesem Leben wird es mit der Erleutung nichts, übt aber schon mal für das nächste Leben.
Merkt euch gut, was alles dazugehört! Aber all diese Dinge, diese Märchen, verfolgen einen bestimmten Zweck; nämlich den, diese Menschen so hoch über die Menschheit zu stellen, dass ihr sie allenfalls anbeten könnt, aber nicht im Traum darauf kommt, dass euch etwa dasselbe passieren könnte.
Was Zarathustra tat, das sollte jeder Erleuchtete tun: Er sollte zur Welt zurückkehren. Das ist er ihr schuldig. Er ist der Menschheit zu Dank verpflichtet. Er wurde als Menschenkind geboren, und es ist unverzeihlich, wenn er sich in Mythen hüllt oder zulässt, dass andere Leute ihn mit Mythen zuspinnen, sodass er zu einer Irrealität wird.
Zarathustra ist da menschlicher, liebenswerter; und man kann verstehen, warum er Wert darauf legt, zur Menschheit zurückzukehren. Er hat so viel Weisheit – so viel Honig – gesammelt, dass er ihn verschenken, ihn austeilen möchte. Er möchte sich selbst wieder leer machen, denn jetzt weiß er, dass ihn die Existenz mit umso mehr überschütten wird, je mehr er gibt. Er kann sich ständig leer schöpfen und dennoch im Überfluss verschenken.
Ein Mensch, der die Menschheit authentisch liebt, ein Mensch, der das Leben bejaht, verdammt niemanden, ist nicht negativ, macht keinem Schuldgefühle. Vielmehr hilft er jedem, denn er sagt: „Alles, was ich habe, steckt auch in euch.“
Sein „Untergang“ dient nur dazu, alle diejenigen zu ermutigen, die offen sind, die ab und zu einen Rat brauchen können, die den Weg wissen wollen, die ihren innersten Schatz entdecken wollen. Zarathustra sollte mehr und mehr verstanden werden – zum Wohl der kommenden Menschheit.
Er ist ein größerer Segen als irgendwer sonst.
… Also sprach Zarathustra.
Zarathustra stieg allein das Gebirge abwärts und niemand begegnete ihm. Als er aber in die Wälder kam, stand auf einmal ein Greis vor ihm, der seine heilige Hütte verlassen hatte, um Wurzeln im Walde zu suchen. Und also sprach der Greis zu Zarathustra:
„Nicht fremd ist mir dieser Wanderer: vor manchem Jahre ging er hier vorbei. Zarathustra hieß er; aber er hat sich verwandelt.
Damals trugst du deine Asche zu Berge: willst du heute dein Feuer in die Täler tragen? Fürchtest du nicht des Brandstifters Strafen?
Ja, ich erkenne Zarathustra. Rein ist sein Auge, und an seinem Munde birgt sich kein Ekel. Geht er nicht daher wie ein Tänzer?
Verwandelt ist Zarathustra, zum Kind ward Zarathustra, ein Erwachter ist Zarathustra: was willst du nun bei den Schlafenden?
Wie im Meere lebtest du in der Einsamkeit, und das Meer trug dich. Wehe, du willst ans Land steigen? Wehe, du willst deinen Leib wieder selber schleppen?“
Zarathustra antwortete: „Ich liebe die Menschen.“
„Warum“, sagte der Heilige, „ging ich doch in den Wald und in die Einöde? War es nicht, weil ich die Menschen allzusehr liebte?
Jetzt liebe ich Gott: die Menschen liebe ich nicht. Der Mensch ist mir eine zu unvollkommene Sache. Liebe zum Menschen würde mich umbringen.“
Zarathustra antwortete: „Was sprach ich von Liebe! Ich bringe den Menschen ein Geschenk!“
„Gib ihnen nichts“, sagte der Heilige. „Nimm ihnen lieber etwas ab und trage es mit ihnen – das wird ihnen am wohlsten tun: wenn es dir nur wohltut! Und willst du ihnen geben, so gib nicht mehr als ein Almosen, und lass sie noch darum betteln!“
„Nein“, antwortete Zarathustra, „ich gebe kein Almosen. Dazu bin ich nicht arm genug.“
Der Heilige lachte über Zarathustra und sprach also: „So sieh zu, dass sie deine Schätze annehmen! Sie sind misstrauisch gegen die Einsiedler und glauben nicht, dass wir kommen, um zu schenken.
Unsre Schritte klingen ihnen zu einsam durch die Gassen. Und wie, wenn sie nachts in ihren Betten einen Mann gehen hören, lange bevor die Sonne aufsteht, so fragen sie sich wohl: wohin will der Dieb?
Gehe nicht zu den Menschen und bleibe im Walde! Gehe lieber noch zu den Tieren! Warum willst du nicht sein wie ich – ein Bär unter Bären, ein Vogel unter Vögeln?“
„Und was macht der Heilige im Walde?“ fragte Zarathustra.
Der Heilige antwortete: „Ich mache Lieder und singe sie, und wenn ich Lieder mache, lache, weine und brumme ich: also lobe ich Gott. Mit Singen, Weinen, Lachen und Brummen lobe ich den Gott, der mein Gott ist. Doch was bringst du uns zum Geschenke?“
Als Zarathustra diese Worte gehört hatte, grüßte er den Heiligen und sprach: „Was hätte ich euch zu geben! Aber lasst mich schnell davon, dass ich euch nichts nehme!“ – und so trennten sie sich voneinander, der Greis und der Mann, lachend, gleichwie zwei Knaben lachen.
Als Zarathustra aber allein war, sprach er also zu seinem Herzen: „Sollte es denn möglich sein! Dieser alte Heilige hat in seinem Walde noch nichts davon gehört, dass Gott tot ist!“
… Also sprach Zarathustra.
Zarathustra ist in die Berge gegangen, wo er das Alleinsein sucht. Mitten unter Menschen kann man sich zwar einsam, aber niemals allein fühlen. Einsamkeit ist eine Art Hunger nach dem anderen; der andere fehlt dir. Du bist dir selbst nicht genug – du bist leer. Und so stürzt sich jeder gern ins Getümmel und verstrickt sich in alle möglichen Beziehungen, nur um sich darüber hinwegzutäuschen und zu vergessen, dass er einsam ist. Aber diese Einsamkeit bricht immer wieder durch. Keine Beziehung kann sie vertuschen. Alle Beziehungen sind sehr dünn und zerbrechlich. Tief drinnen weißt du ganz genau, dass du unter Fremden bist, magst du auch von noch so vielen Menschen umringt sein, ja, dass du selber fremd bist. Zarathustra ist – wie alle Mystiker – in die Berge gegangen, auf der Suche nach dem Alleinsein. Alleinsein ist ein positives Gefühl: das Gefühl von deinem eigenen Sein, das Gefühl, dass du dir selbst genügst, dass du niemanden brauchst. Einsamkeit ist eine Krankheit des Herzens. Alleinsein ist heilsam.
Wer weiß, was Alleinsein ist, hat die Einsamkeit ein für allemal hinter sich gelassen. Ob allein oder unter anderen Leuten – er ist sich selbst genug, er ruht in sich. Im Gebirge ist er allein, in der Menge ist er allein …
Denn er hat erkannt, dass das Alleinsein unsere eigentliche Natur ist. Wir sind allein auf die Welt gekommen, und wir werden die Welt allein verlassen. Dazwischen – zwischen Geburt und Tod – bleibt ihr immerfort allein. Nur habt ihr die Schönheit des Alleinseins noch nicht begriffen und seid daher auf eine Art Trugschluss verfallen – dem Trugschluss der Einsamkeit.
Um sein Alleinsein zu entdecken, muss man sich aus der Menge entfernen. Und im selben Maße, wie die Welt verblasst, konzentriert sich die ganze Wahrnehmung zunehmend auf das eigene Selbst, bis irgendwann eine Explosion von Licht stattfindet. Zum ersten Mal wird einem die Schönheit und der Segen des Alleinseins bewusst, die enorme Freiheit und Weisheit des Alleinseins.
Zarathustra hatte im Gebirge immer eine Schlange und einen Adler bei sich. Die Schlange ist seit altersher das Symbol der Weisheit für den