Butler Parker Staffel 11 – Kriminalroman. Günter Dönges

Butler Parker Staffel 11 – Kriminalroman - Günter Dönges


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Miß Saxon mundtot zu machen, und zwar mit einem gezielten Schuß. Und jeder, der ihm in die sprichwörtliche Quere kommt, wird beschossen. Dieser Schütze will möglichst schnell an sein Ziel gelangen.«

      »Warum sagen Sie nichts, Kindchen?« Die Detektivin drehte sich zu Kathy Porter um.

      »Mister Parkers Argumente sind gut«, räumte Kathy Porter ein.

      »Und Ihre Argumente, Miß Porter, sollte man ebenfalls überdenken«, sagte der Butler. »Es gilt, wenn ich es so ausdrücken darf, diesen Bogenschützen ausfindig zu machen.«

      »Ich werde Sie keineswegs daran hindern, Mister Parker«, ließ Agatha Simpson sich vernehmen. »Schade, daß man diesen Sex-Report nicht kennt. Dann besäße man eine Liste der Personen, die als Schützen in Be-tracht kommen.«

      »Sehr wohl, Mylady!« Parker verhielt sich zurückhaltend. Er ahnte bereits, was jetzt kam.

      »Man müßte diesen Report mal überlesen können«, seufzte Mylady gespielt auf. »Aber das erlaubt Miß Saxon sicher nicht.«

      »Wohl kaum, Mylady.«

      »Es muß doch einen Weg geben, an das Manuskript heranzukommen«, steigerte sich Agatha Simpson zielbewußt. »Ich will Sie ja auf keinen Fall zu irgendeiner Ungesetzlichkeit verleiten, Mister Parker, aber ein kurzes Ausleihen des Reports ist doch kein Diebstahl, oder, Miß Porter?«

      »Ich weiß nicht recht, Mylady«, redete sich Kathy heraus.

      »Es ist kein Diebstahl«, stellte Agatha Simpson fest, energisch und lautstark. »Wie denken Sie darüber, Mister Parker!«

      »Diese Frage sollte ein Anwalt klären, Mylady«, erwiderte der Butler. »Ich muß gestehen, daß ich mich juristisch überfordert fühle.«

      »Lassen wir das Thema«, entschied Parkers Herrin elegisch und deutlich aufseufzend. »Ich habe schon begriffen. Dann werde ich die Dinge eben allein in die Hand nehmen müssen. Ich bin zwar kein junges Ding mehr, doch das werde ich sicher noch schafffen.«

      Parker verbiß sich ein Schmunzeln.

      Er kannte die Lady nur zu gut. So zog sie stets alle Register, wenn sie ihren Kopf durchsetzen wollte. Sie drückte dann auf alle Gefühlsdrüsen und gab sich gar als alte und hilflose Frau aus.

      Natürlich war es dem Butler klar, daß er wieder mal einspringen mußte, um Mylady vor Schaden an Leib und Seele zu bewahren. Er fragte sich allerdings besorgt, wie er es anstellte, um an den Sex-Report heranzu-kommen.

      Auf dem parkähnlichen Gelände des Landsitzes lebte man sehr gefährlich, wie sich gezeigt hatte.

      *

      Josuah Parker sah sich in der kleinen, spärlich eingerichteten Wohnung Marty Pearsons um.

      Die kleine Pantry, der Wohnraum mit dem offenen Kamin und das Schlafzimmer befanden sich über ei-nem Garagentrakt in der Nähe von Soho. Die Gegend war nicht gerade erbaulich zu nennen. Hier befand sich das große Vergnügungs- und Amüsierviertel der Millionenstadt.

      Die Garagen standen in einer schmalen Sackgasse, die kaum beleuchtet war. Auf diese schmale Straße hinaus führten die Bühneneingänge der Bars und die Küchen der Restaurants. Es roch selbst hier oben in der Wohnung noch nach Pommes frites, nach heißem, überhitztem Fett und nach Pizza.

      Parker hatte Mylady und Kathy Porter in Agatha Simpsons Wohnung in Shepherd’s Market zurückgelas-sen. Er rechnete mit Verwicklungen und wollte die beiden Frauen nicht unnötig in Gefahr bringen.

      Die kleine Wohnung war von ihm bereits durchsucht worden. Er hatte einige Anhaltspunkte dafür gefun-den, daß Pearson auf keinen Fall berufsmäßiger Geiger sein konnte. Marty Pearson besaß nämlich eine Ma-schinenpistole, die der Butler in einem Versteck seitlich hinter dem Bett aufgespürt hatte. Ganz zu schwei-gen von einigen Revolvern mit und ohne Schalldämpfer.

      Welchem Beruf Pearson nachging, war nicht zu übersehen.

      Parker hatte sein kleines Besteck benutzt, um die Wohnungstür zu öffnen. Nun wartete er auf die Rück-kehr Pearsons aus dem Hospital. Er wollte sich mit dem jungen Mann noch mal in aller Ruhe unterhalten.

      Es dauerte vielleicht eine halbe Stunde, bis unten vor den Garagen ein Taxi erschien.

      Marty Pearson stieg aus. Sein linker Arm lag in einer Schlinge. Parker nahm Platz in dem tiefen Sessel mit der hohen Lehne und wartete auf das Erscheinen des Wohnungsbesitzers.

      Pearson war ahnungslos.

      Er sperrte die Tür auf und betrat die dunkle Wohnung. Dann schaltete er das Licht ein und ging schnurstracks hinüber zu dem kleinen Wandtisch, auf dem Flaschen und Gläser standen. Er hatte einige Mü-he, die Whiskyflasche aufzudrehen. Dann setzte er den Flaschenhals an den Mund und nahm einen langen Schluck.

      Pearson kam überhaupt nicht auf den Gedanken, dabei beobachtet zu werden. Wogegen Parker nichts ein-zuwenden hatte. Er blieb regungslos in dem tiefen, sichtschützenden Sessel sitzen und wartete ab, was Pear-son tat.

      Der junge Mann hatte sich erfrischt, ließ einen erstaunlich tiefen und unschönen Rülpser los und befaßte sich mit dem Telefon. Er wählte eine Nummer und murmelte die jeweilige Ziffer halblaut vor sich hin. Einen größeren Gefallen hätte er Parker gar nicht erweisen können. Der Butler merkte sich diese Nummer selbst-verständlich. Sie offenbarte später vielleicht wichtige Querverbindungen und Zusammenhänge.

      »Pearson hier«, meldete sich der junge Mann, als die Verbindung hergestellt war. »Pleite auf der ganzen Linie, Sean. – Ja, Pleite! Ich hab’ mir einen Pfeil eingefangen. – Ja, einen Pfeil von irgend so einem Sportbo-gen.

      Schmerzt höllisch. – Ich komme gerade aus dem Hospital. Wer geschossen hat? Weiß ich doch nicht! Plötzlich war mir das Ding verpaßt worden.

      Natürlich hab’ ich die Katze nicht aus dem Sack gelassen. – Aber ich weiß, daß du nicht allein hinter der Saxon her bist. – Die scheint eine ganze Kompanie in Bewegung gesetzt zu haben. – Unter anderem auch eine Lady Simpson und deren Butler. – Komische Typen, aber verdammt clever. – Ja, ich hab’ die Adresse von denen. – Einzelheiten später, ich leg’ mich erst mal aufs Ohr, fühl’ mich ziemlich flau im Magen. Okay, ich melde mich morgen gegen 10 Uhr, gut. Ende!«

      Marty Pearson legte auf und genehmigte sich einen weiteren Schluck. Dann starrte er in den Spiegel, der über dem schmalen Wandtisch hing und blinzelte den Butler an, der sich erhob und grüßend seine schwarze Melone lüftete.

      *

      Agatha Simpson hielt sich im kleinen Salon ihres Stadthauses auf und lauschte verzückt den wilden, hämmernden Rhythmen der Rolling Stones, die sie sehr schätzte. Dazu trank sie alten Sherry und rauchte genießerisch eine Zigarre.

      Kathy Porter saß am Sekretär und erledigte Geschäftspost.

      Sie hatte schon längst keinen Blick mehr für das Groteske an dieser Situation. Zu lange arbeitete sie für diese alte, skurrile Dame, für die es keine Konventionen gab.

      Agatha Simpson, schon seit vielen Jahren Witwe, war eine immens vermögende Frau. Ihr Mann hatte ihr reiche Beteiligungen an Fabriken, Reedereien und Brauereien hinterlassen. Dies alles war von ihr in eine Stif-tung umgewandelt worden, die allerdings von ihr kontrolliert wurde. Aus den Erlösen dieser Stiftung finan-zierte die Lady die Ausbildung begabter, junger und armer Menschen.

      Für Agatha blieb genug übrig, um ein völlig sorgenfreies Leben zu führen. Die Detektivin, mit dem Hoch- und Geldadel Englands verschwistert und verschwägert, war eine abenteuerliche Globetrotterin geworden, die in jedes Fettnäpfchen trat, das sie nur fand. Dennoch hatte man sie zumindest gern. Sie wurde respektiert und hofiert.

      Kathy Porter war froh, daß Parker Mylady dazu überredet hatte, im Haus zu bleiben. Sie besaß nämlich die schreckliche Neigung, stets auf den Kriegspfad zu gehen. Angst schien sie überhaupt nicht zu kennen.

      Kathy spürte plötzlich einen kühlen Luftzug an den Beinen und sah automatisch zur Tür.

      Sie zuckte mit keiner Wimper,


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