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      Anders als Bakterien sind Viren keine Lebewesen und sie haben keine eigenen Zellen. Deshalb können sich Viren auch nur innerhalb einer geeigneten Wirtszelle vermehren. Sie missbrauchen sozusagen den Stoffwechsel menschlicher, tierischer, pflanzlicher, pilzlicher oder bakterieller Zellen für eigene Zwecke. Der Vervielfältigungszyklus von Viren beginnt in der Regel, wenn ein Virus an ein Oberflächenprotein (umgangssprachlich auch Oberflächeneiweiß) in einer Wirtszelle anheftet (sog. Adsorption), welches das Virus als Rezeptor14 verwendet. Bei Bakteriophagen, also Vieren, die sich auf Bakterien als Wirt spezialisiert haben, geschieht dies durch Injektion seines genetischen Materials in eine Zelle. Hingegen in Eukaryoten, also Zellen der übrigen oben genannten Lebewesen einschließlich des Menschen, dringt das Virus durch Endozytose in die Zelle des Wirts ein, quasi durch Einstülpen der Wirtszellmembran. Die Viren werden von der Wirtszellmembran umschlossen und ummantelt in das Innere der Wirtszelle freigegeben. Dabei hat jede Virusart ihre ganz eigene Vorliebe in Bezug auf den Wirtsorganismus sowie die Art der Zellen im Organismus. Viren haben sich spezialisiert auf einen oder mehrere Wirte. Zum Vermehren docken Viren an passende Wirtszellen an und dringen in sie ein. Deshalb sind die meisten Viren deutlich kleiner als Körperzellen. Ihr Durchmesser bewegt sich in der Regel zwischen 30 und 300 nm. Noch kleinere Krankheitserreger sind nur noch Viroide, die nur aus einer Ribonukleinsäure, ein Erbinformation tragendes Biomolekül, bestehen. Sobald das Virus in der Wirtszelle ist, muss es vor Vervielfältigung der Erbinformation, der sogenannten Replikation, zunächst aus seiner Hülle befreit werden. Das nennt die Wissenschaft Uncoating.

      Eingefärbte Rasterelektronenmikroskopie einer apoptotischen Zelle (grün), die stark mit SARS-COV-2-Viruspartikeln (lila) infiziert ist und aus einer Patientenprobe isoliert wurde. Apoptose ist eine Form des programmierten Zelltods. Es ist eine Art „Selbstmord-Programm“ einzelner biologischer Zellen. Das kann durch interne Zellprozesse (Virusaktivität) stimuliert werden. Quelle: NIAID.

      Viren sind gewissermaßen Parasiten. Sie programmieren die Wirtszelle derart um, sodass diese beginnt, einzelne Virusbestandteile anhand des mitgelieferten Bauplans, dem Erbgut, herzustellen. Die Virusvermehrung geschieht nicht durch Wachstum und Teilung, wie bei Bakterien, sondern durch Vervielfältigung der Erbinformation und von Eiweisbausteinen, also der sogenannten Replikation der Virusnucleinsäure und Synthese virusspezifischer Proteine. Die Einzelteile des Virus werden dann in der Wirtszelle zum vollständigen Virus zusammengebaut. Die fertiggestellten Viren treten dann aus der Wirtszelle. Nicht selten werden die Wirtszellen dabei zerstört. Solche Zerstörungen können Infizierte beispielsweise unmittelbar wahrnehmen, wenn sie über einen rauen Hals klagen.

      Eingefärbte Rasterelektronenmikroskopie einer apoptotischen Zelle (blau), die mit SARS-COV-2-Viruspartikeln (rot) infiziert ist und aus einer Patientenprobe isoliert wurde. Bildquelle: NIAID.

       Viren oder Virionen werden entweder durch Auflösen der Zellmembran, der sogenannten Zelllyse, oder durch Sekretion, der Virusknospung, freigesetzt. Dabei werden Teile der Zellmembran als Teil der Virushülle mitgenommen. Trickreich versucht der Virus die Immunabwehr des Wirts zu unterdrückt. Außerhalb der Wirtszelle besitzt der sogenannte Virion oder Viruspartikel immer eine Proteinhülle (Capsid), die das Erbmaterial umschließt, zusammenhält und schützt. Einigen Virenarten sind von einer weiteren Hülle zumeist aus Lipiden, Proteinen und Glykoproteinen umgeben. Glykoprotein-Fortsätze ragen wie Stacheln aus der Oberfläche heraus und werden Spikes genannt. Diese helfen dem Virus, in Wirtszellen einzudringen.

      Corona-Virus 2019 (COVID-19; Quelle CDC)15

      

      Die Strukturproteine werden in der Regel nach ihrer Funktion im Virion benannt, d. h. als M-Protein (Matrix) oder E-Protein (Envelope: Virushülle). In der Virologie bezieht sich Matrixprotein (oft abgekürzt als M-Protein) auf jene Proteine, die das Innere einer Virushülle auskleiden und oft auch mit dem Capsid oder Ribonukleoprotein im Inneren und den inneren Teilen der Hüllproteine interagieren. Der Abstand zwischen dem Capsid und dem Virus-Umschlag wird auch als Matrixraum bezeichnet.

      3D-Druck16 eines Spike-Proteins auf der Oberfläche von SARS-CoV-2, auch bekannt als 2019-nCoV, das Virus, das COVID-19 verursacht. Spike-Proteine bedecken die Oberfläche von SARS-CoV-2 und ermöglichen es dem Virus, in menschliche Zellen einzudringen und es zu infizieren. Quelle CDC/NIH

      Das charakteristische Erscheinungsbild der Coronaviren ist auf die ca. 20 nm große keulenförmigen Strukturen auf der Oberfläche, die Peplomere bzw. sogenannte Spikes, zurückzuführen. Sie bestehen hier aus Teilen des S-Eiweißes oder Spike-Proteins, das einen membrangebundenen Trimer bildet, ein Makromolekül, das aus drei Untereinheiten besteht.17 Diese Teile (S1) tragen die Rezeptorbindungsdomäne (RBD), mit der das Virus an eine Zelle andocken kann, und eine Untereinheit (S2), die als Fusionsprotein (FP) fungiert.18

      

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      Der Coronavirus-Replikationszyklus.19

      

      Im Inneren tragen Viren Erbinformation DNA (Desoxyribonukleinsäure) oder RNA (Ribonukleinsäure) und damit genau das Programm in sich, das ihre Vermehrung und Ausbreitung in und über den Wirt ermöglicht. Sie sind geradezu dazu prädestiniert, sich einen passenden Wirt zu „suchen“.

      Je besser angepasst ein Virus ist, umso besser und weiter kann er sich durch Übertragung verbreiten. Ein Virus, der seinem Wirt frühzeitig Symptome und einen schwerwiegenden Verlauf beschwert oder ihn sogar umbringt, hat in der Regel keine Chance auf eine weite Verbreitung. Das Virus ist daran „interessiert“, möglichst unentdeckt und symptomlos im Verborgenen zu agieren und lange im Wirts-Körper infektiös fortzubestehen, um möglichst viele weitere Wirte anzustecken. Sobald ein Virus den Wirt schwächt, drohen durch Verhaltensänderung (z. B. sozialer Rückzug, Bettruhe) weite Infektionswege blockiert zu werden.

      Tatsächlich aber ist ein Virus nicht beweglich und kann auch keine Strecken überwinden ohne äußere Einflüsse. Es muss immer etwas dazukommen. Beispielsweise ein Niesreiz, der zum Niesen führt, und ein Niesen, das Aerosol mit Viren in die Umgebungsluft katapultiert. Für solch einen Reiz sorgt ein Virus schon deshalb, weil es verbreitet werden will.

      In Wirklichkeit aber „findet“ eher der Wirt seinen Virus, indem beispielsweise ein Mensch auf infizierte Mitmenschen oder kürzlich kontaminierte Oberflächen trifft. Zur Verbreitung hilft dem Virus neben von ihm verursachtem Husten- und Niesreiz (damit eine katapultierte Verbreitung über Aerosol in der Luft) auch ein risikoreiches, menschliches Verhalten und Unwissenheit. Welche Handlungsweisen ein Mensch vermeiden sollte und was er tun kann und muss, um sich und andere nicht zu gefährden, wird in den nächsten Kapiteln beschrieben.

      Für den Menschen relevante Viren

      Es gibt verschiedene Virus-Familien, die sich in Unterfamilien und Gattungen differenzieren lassen. Art, Aufbau und Vervielfältigungsart der Nukleinsäure, Strukturkomponenten und Virionen, Strategie der Genexpression, also wie Information eines Gens bzw. Abschnitts der DNA zum Ausdruck kommt und in Erscheinung tritt, sowie Immunologie und Verhalten gegenüber inaktivierenden Stoffen bestimmen die Klassifikation der Viren. So können Viren nach der Baltimore-Klassifikation anhand der Form des Genoms in sieben Gruppen unterteilt werden:

      I: dsDNA20-Viren (dazu Adenoviren, Herpesviren, Riesenviren, Pockenviren)

      II: ssDNA21-Viren


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