Die großen Western Staffel 4. Diverse Autoren

Die großen Western Staffel 4 - Diverse Autoren


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Hier entdeckte er die Abdrücke von Sandalen. Er winkte die Komplicen heran, grinste und raunte: »Kleine Füße. Ein Mädchen! Nicht schwer, aber auch nicht leicht. Muß schon im richtigen Alter sein.«

      »Ein Mädchen?« flüsterte Kid. »In dieser Gegend? Und allein? Das kann nur ’ne Mexikanerin sein. Oder ’ne Indianerin. Die wagen sich weit weg, um Beeren zu sammeln.«

      Sie suchten weiter.

      Wie Bluthunde durchdrangen sie möglichst leise die Sträucher. Nach oben blickte keiner

      In einer Baumgabel kauerte eine Mexikanerin. Sie war blutjung und schön. Angst hatte ihre großen dunklen Augen geweitet. Sie sah auf die jungen Männer. Wenn sie ihnen in die Hände fiel, war es um ihren Leib und um ihre Ehre geschehen. Alle würden über sie herfallen.

      Aber die Banditen entdeckten sie nicht, Die Mexikanerin hatte sich die Anzahl der jungen Americanos gemerkt. Alle kehrten zurück.

      Geräuschlos kletterte sie vom Baum und huschte davon.

      Immer wieder horchte sie zurück und blieb stehen. Um leichter voranzukommen, nutzte sie das nahe Ufer. Sie wußte noch nicht, daß sie sich in der Richtung mächtig vertan hatte.

      Plötzlich stand ein junger blonder Mann vor ihr!

      Sie öffnete den Mund zum Schrei, doch sie brachte nur ein Stöhnen hervor. Und als sie zurückweichen wollte, hörte sie ihn leise sagen: »Ich tu dir nichts, Muchacha. Keine Angst. Ich habe vorhin Geräusche gehört. Sind da Reiter am Fluß?«

      Sie nickte, und als sie ihn lächeln sah, wich ihre Furcht vor ihm. Er fragte nach ihrem Namen. Sie kniete nieder und schrieb ihren Namen mit dem Zeigefinger in den glatten feuchten Ufersand.

      ROSANNA.

      Sanft zog er sie hoch und mit zum Pferd. Dann ritt er mit ihr zurück nach Hause.

      Rosanna hatte ihm höchstwahrscheinlich das Leben gerettet. Hätte er sie nicht getroffen, wäre er weitergeritten und den Wild Angels vor die Mündungen geraten. Sie hätten sofort geschossen.

      Als er sich mit der blutjungen Mexikanerin dem Farmhaus näherte, tauchte am Horizont über den weißen Baumwollfeldern das Aufgebot aus Cottonfield auf.

      Auf dem Hof saß er ab und hob Rosanna vom Pferd.

      »Ich hab’ sie am Fluß gefunden, Mam. Sie heißt Rosanna. Ihre Füße sind wund vom Laufen. Ich hab’ sie noch nicht gefragt, woher sie kommt. Sie hat am Fluß ein paar Reiter gesehen.«

      »Reiter?« Sofort war wieder die Angst in Arlene Roosters Augen. Angst um Cal. »Bleib um Himmels willen hier, Cal.«

      Er schob ein wenig das Kinn vor und kaute auf dem Riemen des Stetsons. Das wirkte trotzig. Er wollte sich auch nichts mehr sagen lassen. Die letzten Stunden hatten ihn gewaltsam gereift. Mit siebzehn Jahren war er schon ein Mann.

      »Das sind die Halunken, die Onkel Lee erschossen haben, Mutter! Sie wagen sich schon in die Nähe der Farm!«

      »Sei klug, Cal. Laß sie doch. Irgendwann kommt Maverick zurück. Dein Vater.«

      Seine Mutter legte den Arm um Rosanna und geleitete sie ins Haus. Unschlüssig blieb Cal auf dem Hof stehen. Einer der Männer zog sein Pferd in den Stall. Das Aufgebot kam schnell näher. Langsam ging Cal ins Haus.

      Rosanna saß neben dem kalten Kamin auf einem Stuhl und hielt die Fülle in eine Schüssel mit Wasser.

      »Woher kommst du, Rosanna?« fragte Arlene Rooster mit weicher Stimme.

      Rosanna zeigte in südliche Richtung. Dann legte sie die Finger der rechten Hand auf die spröden, von Sonne und Wind trockenen Lippen.

      »Du kannst nicht sprechen, Rosanna?« Arlene Rooster lächelte schmerzlich. »Streck mal deine Zunge aus.«

      Rosanna tat es. Auch Cal atmete erleichtert auf. Ihr war nicht die Zunge abgeschnitten worden.

      »Sie muß irgendwann einmal wahnsinnige Angst gehabt haben«, erklärte Arlene. »Seitdem kann sie nicht mehr sprechen. Sie ist ein kluges und tapferes Mädchen.« Sie nickte Rosanna lächelnd zu. »Das kannst du ruhig hören, Liebes. Du kannst ruhig erst einmal bei uns bleiben.«

      Rosannas Augen leuchteten auf, doch dann legte sich ein Schatten auf ihr Gesicht. Sie schüttelte den Kopf und bewegte die Lippen, doch kein Ton kam hervor.

      »Suchst du hier jemand, Rosanna? Einen Mann? Deinen Bruder vielleicht? Oder deinen Vater?«

      Die Mexikanerin verneinte stumm.

      »Suchst du deinen Freund?« fragte Cal leise und etwas bedrückt.

      Rosanna blickte Cal traurig an. Dann machte sie eine Handbewegung, als hielte sie eine Waffe, und ahmte mit dem Zeigefinger die Bewegung des Abdrückens nach.

      »Er ist tot? Erschossen?«

      Sie nickte und zeigte wieder nach Süden.

      »Aber irgendwen suchst du doch hier, nicht wahr?« Arlene Rooster ging zum Küchenschrank und kam mit einem Stück Papier und einem Schreibstift zurück. »Wenn du deinen Namen schreiben kannst, dann vielleicht auch den Namen desjenigen, den du suchst?«

      Rosanna legte das Papier auf ihr Knie und begann Buchstaben darauf zu malen. Immer wieder hielt sie inne und überlegte. Oft war sie in Gedanken weit weg. Dann kaute sie auf dem Schreibstift.

      Cals Pflegemutter ließ das Mädchen allein, nahm Cal beim Arm und ging mit ihm hinaus.

      »Du hast sie sehr gern, Cal?«

      »Ja, Mam«, sagte Cal und schluckte. »Ich war losgeritten, um Rache zu nehmen. Aber es war merkwürdig. Als ich sie getroffen habe, kam es mir plötzlich nur noch darauf an, sie in Sicherheit zu bringen.«

      »Kümmere dich um sie, Cal. Sie hat dich auch gern. Ich spür’s.« Sie schirmte die Augen mit der Hand ab. »Was wollen die Reiter bei uns?«

      Sie mußten lange warten, bis das Aufgebot auf dem Hof war. Einer der Männer aus Cottonfield sagte, was mit Willobie gemacht worden war.

      »Sie haben ihn halbtot geschlagen.« Der Mann hustete im Staub. »Er fürchtet, daß sie auf die Farm kommen könnten. Wir sind zu eurem Schutz hier.«

      Mrs. Rooster zeigte den Männern Schlafplätze im Stall, Schuppen und Scheune. Ihr war anzusehen, daß sie froh war über die Hilfe aus Cottonfield. Niemals hatte sie diese Hilfsbereitschaft erwartet. Willobies Anblick mußte die Männer wachgerüttelt und zornig gemacht haben.

      Erleichtert ging sie mit Cal zurück zum Haus.

      »Jetzt kann nichts mehr passieren«, meinte Cal. »Du bist sicher, Mam.«

      »Soll das heißen, daß du wieder reiten willst, Cal?« Sie blieb stehen und faßte nach seinem Arm. »Wohin?«

      »Zu den drei Eichen, Mutter. Ich möchte allein sein.« Cal lächelte, doch ihm war gar nicht danach zumute. »Ich hab’ meinen Vater verloren und doch wieder nicht. Ist doch merkwürdig. Und du bist nicht meine Mutter und doch meine Mam. Wär’ doch bloß alles beim alten geblieben!«

      Arlene Rooster verstand ihren Adoptivsohn sehr gut. Er trauerte um seinen Vater Lee und war zugleich gespannt auf seinen richtigen Vater Maverick. Das war nicht einfach.

      »Ich kann dich nicht daran hindern, Cal, zu den Gräbern zu reiten, aber komm bald zurück. Dein Vater hat Feinde. Das sind Killer, Cal. Ich fürchte, daß etwas Schreckliches geschehen wird. Ebenso Schreckliches wie der Mord an deinem Onkel Lee.«

      »Nein, Mutter, diesmal irrst du dich. Komm, gehen wir zu Rosanna ins Haus.«

      Rosanna saß noch immer am Kamin. Sie hielt Arlene das Stück Papier entgegen.

      Die Frau nahm es, ging damit an den Tisch heran und glättete es. Dann las sie, und ihre Augenlider flatterten auf einmal. Unruhig blickte sie auf, sah Cal an.

      Er trat näher, beugte sich über das auf dem Tisch liegende Papier und las den Namen, der in großen Buchstaben niedergeschrieben


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