Marie Grubbe. Jens Peter Jacobsen

Marie Grubbe - Jens Peter Jacobsen


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wie die Wellen beiseite geschleudert werden, wenn sie schäumend gegen die breite Brust eines Seglers anspringen. Die Kartaunen donnerten, Pallasche blitzten, und Kugeln pfiffen in dem gewitterdunklen Rauch, doch er sprengte vorwärts, keck und aufrecht, und an seinem Steigbügel schleifte der Sieg, wie in der Chronik stand, die sie gelesen hatte.

      Voller Bewunderung und Begeisterung strahlte ihr Auge ihn an.

      Bei einer plötzlichen Bewegung fing er den Blick. Er drehte den Kopf zur Seite, sah nieder und hatte Mühe, ein triumphierendes Lächeln zu unterdrücken; dann erhob er sich und tat, als bemerke er erst jetzt Marie Grubbe.

      Frau Rigitze sagte, es sei ihre kleine Bruderstochter, und Marie machte ihr Kompliment.

      Ulrik Christian war überrascht, auch ein wenig enttäuscht, zu erfahren, daß die Augen, die ihn so angesehen hatten, die eines Kindes waren.

      » Ma chère,« sagte er ein wenig spitz und sah auf ihre Arbeit nieder. »Sie ist die größeste Meisterin darin, geheim und still zu arbeiten, die ich jemals gekannt habe; man hat ja die ganze Zeit nicht das geringste von Ihren Klöppelstöcken gehört.«

      »Ach!« sagte Marie, die ihn wohl verstand, »als ich den Generalleutnant sah,« und sie schob das schwere Klöppelkissen auf die Fensterbank, »da kam es mir in den Sinn, daß es jetzt eher Zeit sei, für Verbandzeug zu sorgen als für Haubenstaat.«

      »Da bedünket mich doch, Hauben kleiden ebenso scharmant in Kriegszeiten wie sonst«, sagte er und sah sie an.

      »Ja, aber wer hat Gedanken dafür in Zeiten wie die heurigen!«

      »Viele,« sagte Ulrik Christian, der anfing sich an ihrem Ernst zu ergötzen, »zum Beispiel ich!«

      »Ja, ich verstehe,« sagte Marie und sah ernsthaft zu ihm auf, »es ist ja nur ein Kind, mit dem Ihr redet.« Sie machte einen zeremoniellen Knicks und griff nach der Klöppelarbeit.

      »Warte Sie ein wenig, Jungfräulein!«

      »Ach nein, laßet mich Euch nicht länger inkommodieren.«

      »Hör Sie jetzt,« sagte er und packte sie hart bei den Handgelenken und beugte sie über den Klöppeltisch zu sich hinüber, »Sie ist mir bei Gott eine schwierige Person, aber«, flüsterte er, »hat Sie mir einen Guten Tag geboten mit einem Blick wie der, mit dem Sie mich angesehen hat, so will ich mitnichten, daß Sie mich eine Handwendung später mit so einem kärglichen Lebewohl grüßet; das will ich mitnichten – so – küsse Sie mich nun!«

      Marie drückte mit Tränen in den Augen ihre bebenden Lippen auf die seinen, er ließ sie los, und sie sank neben dem Tisch nieder, den Kopf auf den Armen ruhend.

      Marie war ganz verwirrt. Sowohl an diesem Tage wie an dem folgenden hatte sie eine dumpfe Empfindung von Knechtschaft, daß sie nicht mehr frei sei. Es war ihr, als sei ihr ein Fuß auf den Nacken gesetzt, als sei sie in den Staub getreten und könne sich nicht wieder erheben. Aber es war kein bitteres Gefühl, es war kein Trotz in ihren Gedanken, kein Wunsch nach Rache war da. Eine wunderbare Ruhe war über ihr Gemüt gekommen, kein fliegender Schwarm bunter Träume und auch keine Sehnsucht mehr. Ulrik Christian gegenüber empfand sie nichts Bestimmtes, sie wußte nur, daß, wenn er sagte: komm, so mußte sie kommen, wenn er sagte: geh, so mußte sie sich entfernen. Sie verstand das nicht, aber so war es, es würde so bleiben, und anders konnte es niemals werden.

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