Tom Jones. Генри Филдинг

Tom Jones - Генри Филдинг


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mit einander trinken und sich schlagen fast einerlei und ebendasselbe), so möchte ich doch nicht, nach meiner Ueberzeugung, daß man daraus schlöße, das englische Volk sei eben das schlimmste auf der Welt. Vielleicht liegt bloß die Liebe zum Ruhme dabei zum Grunde, so daß die reinste Schlußfolge zu sein scheint, unsre Landsleute besitzen mehr von dieser Liebe und mehr Tapferkeit als der Pöbel irgend eines andern Reiches. Und dies um so mehr, als selten etwas Ungroßmütiges, Hinterlistiges oder Niederträchtiges bei diesen Gelegenheiten verübt wird. Ja es ist gewöhnlich, daß die Fechter, selbst in dem Augenblick ihrer Balgereien, einer dem andern eine gewisse Gutherzigkeit bezeigt, und so wie ihre trunkene Fröhlichkeit sich gemeiniglich mit einer Schlägerei endigt, so endigen sich die meisten ihrer Schlägereien in Freundschaft.

      Aber wieder zu unsrer Historie. Obgleich Jones keinen Vorsatz gezeigt hatte jemand zu beleidigen, so ward Herr Blifil doch sehr aufgebracht über ein Betragen, das zu der ehrbaren, klugen Mäßigkeit seiner eigenen Gemütsart so wenig stimmte. Er ertrug es mit desto größerer Ungeduld, weil es ihm höchst unanständig vorkam, besonders zu einer Zeit, da, wie er sagte, das Haus ein Haus der Trauer und Klage sei über den Tod seiner Mutter, und wenn der Himmel so gnädig gewesen, ihnen einige gute Hoffnung auf Herrn Alwerths Besserung zu verleihen, so würde es sich besser für sie schicken, die Freude ihrer Herzen durch Lob- und Dankpsalmen auszudrücken, als durch Saufen und Schwärmen, wodurch man den Zorn des Himmels reize, anstatt solchen von sich abzuwehren. Schwöger, der weit mehr Wein und Bier zu sich genommen hatte als Jones, nur daß ihm nicht so leicht etwas zu Kopfe stieg, unterstützte diese fromme Strafrede des Herrn Blifil; Quadrat aber blieb aus Ursachen, die der Leser vielleicht erraten wird, dabei völlig stumm.

      Jones war vom Weine dergestalt überwältigt, daß er sich an Blifils Verlust gar nicht erinnerte, bis jetzt, als desselben erwähnt wurde. Da nun kein Mensch bereitwilliger war als Jones, seine Irrtümer und Fehler zu bekennen und zu verdammen, so bot er dem Herrn Blifil die Hand, um ihn um Verzeihung zu bitten, und sagte dabei: seine übermäßige Freude über Herrn Alwerths Genesung habe alle übrigen Gedanken aus seinem Kopf und Herzen verjagt.

      Blifil schlug seine Hand mit Verachtung aus und antwortete mit zornigem Unwillen: »Es wäre eben kein Wunder, wenn tragische Schauspiele keinen Eindruck auf Blinde machten; für sein Teil aber habe er das Unglück, zu wissen wer seine Eltern gewesen, und folglich müsse ihr Verlust ihm wohl zu Herzen gehen.«

      Jones, der ungeachtet seines aufgeräumten Gemüts doch eine kleine Mischung von Galle in seinem Blute hatte, sprang hastig von seinem Stuhle auf, faßte Blifiln bei der Halskrause und rief aus: »Ei, du verdammter Schurke! willst du mir das Unglück meiner Geburt in die Zähne werfen?« Er begleitete diese Worte mit so unsanften Handlungen, daß solche sehr bald das friedsame Gemüt des Herrn Blifil überwältigten; und es erfolgte auf der Stelle eine Balgerei, welche hätte unglücklich ablaufen können, wenn sich nicht Schwöger und der Arzt dazwischengelegt und es verhindert hätten; denn die Philosophie des Quadrats setzte ihn über alle Gemütsbewegungen hinaus und er schmauchte gelassen seine Pfeife fort, wie seine Gewohnheit bei jedem Zank und Streite war, es sei denn, daß er Gefahr besorgte, sie möchte ihm im Munde zerschlagen werden.

      Nachdem die Fechter verhindert worden, für jetzt ihre Rache aneinander auszulassen, nahmen sie ihre Zuflucht zu den gewöhnlichen Mitteln einer ohnmächtigen Wut und machten ihrem Aerger Luft durch Schimpfen und Drohen. In dieser Art von Kampfe war das Glück, welches beim persönlichen Angriff sich auf Jones' Seite zu neigen schien, seinem Feinde hinwiederum ebenso günstig.

      Nichtsdestoweniger ward endlich durch Vermittlung der neutralen Mächte ein Waffenstillstand beliebt, und die ganze Gesellschaft setzte sich wieder an den Tisch; wo man Jones dahin vermochte, daß er um Verzeihung bat, und Blifil, daß er sie erteilte und also der Friede hergestellt und alles wieder in statu quo zu sein schien.

      Allein, obgleich der Streit nach allem Anschein völlig ausgeglichen war, so ward doch die gute Laune, welche dadurch unterbrochen worden, keineswegs wiederhergestellt. Alle frohe Munterkeit hatte nun ein Ende und das folgende Gespräch bestand in steifen Erzählungen von Thatsachen und in Anmerkungen darüber, die ebenso steif und trocken waren. Eine Art von gesellschaftlicher Unterredung, wobei zwar viele Würde und Belehrung, aber sehr wenig Unterhaltung stattfindet. Da wir also nur die letzte dem Leser zu verschaffen beabsichtigen, so wollen wir alles überschlagen was gesagt wurde, bis die übrigen von der Gesellschaft nach und nach fortgegangen waren und den Arzt und Quadrat allein bei einander gelassen hatten. Um diese Zeit ward das Gespräch etwas lebhafter durch diese und jene Anmerkung über dasjenige, was zwischen den jungen Herren vorgefallen war. Beide, meinte der Doktor, wären am Ende weiter nichts als ein paar dumme Jungen; welche Benennung der Philosoph durch ein sehr weises Achselzucken bestätigte.

      Zehntes Kapitel.

      Zeigt die Wahrheit mancher Bemerkung des Ovid und andrer tiefsinnigen Weltweisen mehr, welche ohne Widerrede bewiesen haben, daß oft der Wein ein Vorläufer der Unenthaltsamkeit sei.

      Jones begab sich aus der Gesellschaft, in welcher wir ihn gesehen haben, hinaus aufs Feld, wo er sich durch einen Spaziergang in freier Luft ein wenig abzukühlen dachte, bevor er zum Herrn Alwerth hineinging. Hier begegnete ihm unterdessen, daß er die Beobachtungen über seine teure Sophie erneuerte, welche die gefährliche Krankheit seines Freundes und Wohlthäters auf eine Zeitlang unterbrochen hatten, ein Zufall, welchen wir mit Betrübnis erzählen und welchen man gewiß mit Betrübnis lesen wird. Gleichwohl zwingt uns die Wahrheit, der wir bekanntlich die treueste Anhänglichkeit gelobt haben, diesen Zufall der Nachwelt mitzuteilen.

      Es war eben ein sehr anmutiger Abend, gegen Ende des Juni-Monats, als unser Held in dem lieblichsten Wäldchen spazieren ging, wo die linde Luft, welche die Blätter fächelte, das sanfte Rieseln eines murmelnden Bächleins, die melodischen Töne der Nachtigallen miteinander eine bezaubernde Harmonie ausmachten. In dieser für die Liebe so wonniglich zubereiteten Szene überließ er sich dem Nachdenken über seine teure Sophie. Derweil seine erwärmte Phantasie alle ihre Schönheiten mit ungebundener Freiheit umflatterte und seine verliebte Einbildungskraft ihm das reizende Mädchen in tausend verschiedenen entzückenden Gestalten vormalte, zerschmolz sein warmes Herz in Zärtlichkeit, und endlich warf er sich hin ins Gras am Ufer eines rieselnden Stroms und brach aus in folgende Ergießungen eines liebequellenden Herzens:

      »O Sophie! wollte der Himmel dich meinen Armen schenken, wie überschwenglich glücklich wäre mein Los! Verwünscht sei das Glück, welches die weite Kluft zwischen uns legte! Könnte ich nur zu deinem Besitze gelangen und dein ganzes Vermögen enthielte nur einen einzigen Anzug von schlechten Lumpen, wo wäre der Mann auf dieser Welt, den ich beneiden könnte! Wie verächtlich wäre dann meinen Augen die blendendste cirkassische Schöne, geschmückt mit allen Schätzen beider Indien an köstlichen Steinen! Aber was hat ein andres weibliches Geschöpf mit meinen Gedanken zu schaffen! Könnte ich nur glauben, meine Augen wären fähig, eine andre mit Zärtlichkeit anzublicken, diese Hände sollten sie mir aus dem Kopfe reißen. Nein, meine Sophie, sollte auch das grausame Glück auf immer uns trennen, so soll doch meine Seele ewig nur an der deinigen festhangen. Dein Bild will ich ewig mit reinster Keuschheit in meinem Herzen bewahren. Sollte ich auch niemals deine reizende Person besitzen, dennoch bleibt dir allein der unumschränkte Besitz meiner Gedanken, meiner Liebe, meiner Seele. O, mein liebekrankes Herz ist so in jene treue Brust verwebt, daß die glänzendste Schönheit für mich keinen Reiz hätte, noch ein Einsiedler bei ihrer Umarmung kälter sein könnte, als ich. Sophie, Sophie nur soll die meinige sein. Welch Entzücken liegt in diesem Namen! In jeden Baum will ich ihn schneiden.«

      Bei diesen Worten sprang er auf und sah – nicht seine Sophie – nein, auch nicht eine cirkassische Schöne, reich und zierlich geschmückt für den Harem des Großtürken. Nein, ohne Rock, im Hemde, das so ziemlich ins gröbste fiel und nicht eben das reinste, durchtaut ein wenig mit gewissen starkriechenden Dünsten, erregt durch die Arbeit des Tages, mit einer Heugabel in der Hand – kam daher – Molly Seegrim. Unser Held hielt in der Hand sein Federmesser, welches er zum vorhin gedachten Endzweck, in die Baumrinden zu graben, hervorgezogen hatte. Als das Mädchen näher hinzukam, rief sie mit einem Lächeln: »Sie meenen mich doch nicht tot zu stecken, Junker, hoffe ich!« – »Warum meint Sie, sollte ich Sie erstechen?«


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