Tom Jones. Генри Филдинг
da ich ihn seinen Donat lehrte.« – »Daß Sie das verlangen,« schrie Jones, »glaub' ich wohl! Aber geschehen wird's nicht. Sie müßten denn noch eben die Birken und Haselstauden zu meiner Ueberzeugung brauchen können.« – »So muß ich Ihnen denn ohne Umstände sagen,« versetzte Schwöger, »daß ich fest entschlossen bin, das gottlose Mensch zu kennen.« – »Und ich muß Ihnen denn wieder ohne alle Umstände sagen,« erwiderte Jones, »ich bin fest entschlossen, Sie sollen sie nicht kennen.« – Schwöger erdreistete sich vorwärts zu gehen, und Jones packte ihn beim Arm, welchen Herr Blifil freizumachen suchte und dabei sagte: er könne es nicht leiden, seinen alten würdigen Lehrer so gemißhandelt zu sehen.
Jones, der sich jetzt mit zweien verwickelt fand, hielt für nötig, sich so bald als möglich von einem seiner Widersacher zu befreien. Er wandte sich also an den Schwächsten zuerst, ließ den Theologen los und führte einen Schlag auf die Brust des Junkers, welcher so glücklich seine rechte Stelle traf, daß er ihn der Länge nach auf den Boden hinstreckte.
Schwöger war so erpicht auf die vorhabende Entdeckung, daß er den Augenblick, da er sich in Freiheit sah, nach dem Gebüsch hinwackelte, ohne sich eben darum zu bekümmern, wie's derweile seinem Freunde ginge; aber er war nur wenige Schritte vorwärts gekommen, als Jones, welcher Blifiln zu Boden gestreckt hatte, den Geistlichen einholte und ihn beim Zipfel seines Kleides zurückzerrte.
Dieser Stiegelhüpfer war in seiner Jugend ein allzeitfertiger »Komm heraus auf den Platz« gewesen, und hatte sich durch seine Fäuste viel Ehre erfochten, sowohl auf Schulen als auf Universitäten; er hatte nun allerdings seit ziemlich vielen Jahren her keine Uebung mehr in dieser edlen Kunst, dennoch war sein Mut noch ebenso handfest als sein Glaube, und seine Gliedmaßen nicht weniger stark als beide. Ueberdem lief ihm, wie der Leser vielleicht schon bemerkt haben wird, ein wenig leicht die Galle über. Sonach, als er sich umsah und seinen Freund, die viere von sich, auf'm Boden gestreckt, erblickte, und zu gleicher Zeit sich so unbehende angefaßt fühlte, und zwar von jemand, der bisher bei allen zwischen beiden vorgefallnen Kampfspielen sich bloß passive verhalten müssen (ein Umstand, welcher das ganze um so verhaßter machte): so entging ihm endlich die Geduld; er warf sich in eine angreifende Stellung, raffte alle seine Kräfte zusammen und ging ebenso ungestüm auf Jones Fronte los, als er's ehedem mit seinem Hintergliede gewohnt war.
Unser Held stand dem Angriffe des Feindes mit der unerschütterlichsten Tapferkeit, und sein Brustgewölbe erklang von dem Schlage. Er gab solchen sogleich mit nicht minderer Heftigkeit zurück und zielte dabei ebenfalls auf Ehrn Schwögers Brust; der aber drückte nach guter Boxer Art und Kunst, Jones' Fäuste niederwärts, so daß er bloß den Bauch traf, welcher mit zwei Pfund Rindfleisch und ebensoviel Pudding angefüllt war, und also vom Schlage nicht hohl erschallen konnte. Ein mancher fester Faustschlag, lustiger und leichter anzusehen, als zu lesen oder zu beschreiben, ward von beiden Seiten gegeben und empfangen; und es hatte ein heftiger Fall, bei welchem Jones seine Kniee auf Schwögers Brust geworfen hatte, den letzten so entkräftet, daß der Sieg nicht länger zweifelhaft geblieben wäre, hätte nicht Blifil, der unterdessen wieder zu Kräften gekommen, das Gefecht wieder erneuert und dadurch, daß er mit Jones anband, dem geistlichen Herrn einen Augenblick Zeit verschafft, wo er die Ohren schütteln und sich verschnaufen konnte.
Und nun griffen beide unsern Helden an, dessen Streiche nicht mehr die Kräfte behielten, womit sie zu Anfang gefallen waren: so geschwächt hatte ihn dieser Kampf mit Schwögern. Denn, obgleich der Pädagog lieber sein Solo auf dem Menscheninstrument spielen mochte und die letzte Zeit her nur dergleichen Sonaten geübt hatte, so hatte er doch von seiner alten Wissenschaft noch soviel behalten, daß er auch noch ganz gut mit einem Duett zurechtkommen konnte.
Der Sieg schien der neuern Gewohnheit nach sich auf die Seite der stärkern Anzahl zu lenken, als plötzlich ein viertes Paar Fäuste in der Schlacht erschienen und im Augenblick gleich dem geistlichen Herrn ihr Kompliment machten, wobei ihr Führer ausrief: »Sei'n keine Sünd' und Scham in euch, verdammte Kerls, daß 'r zwei auf einen fallt!«
Die Schlacht, welche von der Art war, welche man zum Unterschiede von kleinen Wettfäusteleien die königliche nennt, wütete nun mit entsetzlicher Heftigkeit einige Minuten hindurch fort; bis Schwöger, als er sah, daß Blifil zum andernmale von Jones zu Boden gestreckt worden, sich herabließ, um Quartier bei seinem neuen Widersacher anzusuchen, in welchem man nunmehr Herrn Western selbst entdeckte; denn in der Hitze des Treffens hatte ihn keiner von den Kombattanten erkannt.
Die Sache traf so zu: dieser ehrliche Junker ging bei seinem Abendspaziergange mit einiger Gesellschaft, zufälligerweise eben in der Gegend, wo die blutige Schlacht gefochten wurde; und nachdem er daraus, daß er drei Mann im Handgemenge erblickte, schloß, daß zwei davon auf einer Seite sein müßten, so verließ er eilig seine Gesellschaft und nahm biederherzig genug, aber ganz unpolitisch, sich der schwächern Partei an. Vermittelst dieses großmütigen Verfahrens, verhinderte er wahrscheinlicherweise, daß Jones nicht Schwögers Zorne und der frommen Freundschaft, welche der pflichtliebende Blifil für seinen alten Lehrer hegte, hingeopfert wurde. Denn, die überlegene Anzahl abgerechnet, hatte Jones in seinem eben geheilten Arme noch nicht alle Kräfte wieder. Diese Verstärkung machte indessen dem Treffen bald ein Ende, und Jones und seine Alliierten behielten das Feld.
Zwölftes Kapitel.
In welchem ein weit rührender Schauspiel zu sehen ist, als alles Blut in Schwögern und Blifils, und zwanzig andrer solcher Helden Leibern zu verschaffen im stande ist.
Die übrigen von Herrn Westerns Gesellschaft waren nun angelangt, gerade in dem Augenblicke, da sich das Treffen endigte. Es waren folgende: der ehrliche Pfarrer, den wir bereits an Junker Westerns Tafel gesehen haben; Ihro Gnaden, das Hochwohlgeborne Fräulein von Western, Sophiens gnädige Tante und endlich die liebenswürdige Sophie selbst.
Um diese Zeit war der Anblick des blutigen Schlachtfeldes folgender: An einer Stelle lag auf dem Erdboden sehr blaß und atemlos der überwundene Blifil. Bei ihm stand sein Besieger Jones, fast ganz bedeckt mit Blut, davon ein Teil von Natur sein eigenes, ein andrer Teil aber noch vor kurzem das Eigentum des Ehrn Herrn Schwögers gewesen war. Auf einem dritten Platze stand dickbesagter Schwöger, wie ehemals König Porus, dem Sieger sich mit verbissenem Unmut unterwerfend. Die letzte Figur im Gemälde war Western der Große, höchst heldenmütig des besiegten Feindes schonend.
Blifil, an welchem sich wenige Zeichen des Lebens befanden, war anfänglich der Hauptgegenstand der Sorgen aller und besonders von Ihro Gnaden, Tante Western, welche aus ihren Taschen ein Riechflakon hervorgezogen hatten und sich selbst in eigner Person bemühten, es ihm vor die Nase zu halten; als plötzlich und auf einmal die Aufmerksamkeit der ganzen Gesellschaft von dem armen Blifil weggelenkt wurde, dessen Geist, wenn er nur im geringsten Lust dazu gehabt, jetzt diese schöne Gelegenheit hätte wahrnehmen können, sich ohne alle Zeremonien nach der andern Welt davonzuschleichen.
Denn da lag vor ihnen ein eben so melancholischer, als liebenswürdiger Gegenstand ohne alle Lebensbewegung. Dies war kein geringerer als die reizende Sophie selbst, welche von Ansicht des Bluts, oder aus Angst um ihren Vater, oder aus einer andern Ursache, in eine Ohnmacht hingesunken war, bevor ihr jemand hatte zu Hilfe eilen können.
Ihro Gnaden, Fräulein von Western, sahen das zuerst und machten ein helles Geschrei. Flugs darnach schrieen zwei oder drei Stimmen zugleich: »Fräulein Sophie ist tot!« Eau de Luce! Hirschhorngeist! Wasser! Um jedes Hilfsmittel ward auf einmal und fast in einem Augenblick gerufen.
Der Leser geliebe sich zu erinnern, daß wir in der Beschreibung dieses Wäldchens eines rieselnden Bächleins erwähnt haben; welches Bächlein nicht dahin kam, wie dergleichen sanfte Silberbäche durch die alltäglichen Romane fließen, ohne da irgend etwas anders zu thun zu haben, als zu rieseln und zu murmeln. Nein, das Glück hatte beschlossen, diesen kleinen Rhein mit höhern Ehren zu adeln, als alle jene, welche die arkadischen Thäler bewässern, jemals verdient haben.
Jones war darüber her, Blifils Schläfe zu reiben: denn er begann zu besorgen, er möchte ihm einen Schlag zuviel gegeben haben, als die Worte, Fräulein Sophie und Tod, ihm zugleich in die Ohren schallten. Er sprang auf, überließ Blifil seinem Geschick und flog nach Sophien, und unterdessen, daß alle übrigen die Kreuz und Quere durcheinander