In Liebe und Hass - Fioria Band 3. Maron Fuchs
mit meinem Freund war ich es. Auch wenn unser Kind ungeplant gekommen war, ich freute mich riesig darauf.
„Ich mich auch“, flüsterte er, als er mich fest an sich drückte.
„Lloyd? Mia? Was macht ihr denn hier?“, rief eine bekannte Stimme.
Wir lösten uns voneinander, um aufzublicken. „Quirin! Hallo“, begrüßte mein Freund ihn. „Verbringst du deinen freien Tag wohl mit Freunden im Park?“
„Nein, meine Freunde machen heute einen Ausflug in die Stadt“, erzählte der Junge sichtlich deprimiert. Er spielte mit dem schmutzigen Ball in seiner Hand herum. „Papa hat mir nicht erlaubt mitzufahren ... Aber ich wollte nicht den ganzen Tag daheim sitzen.“
Ich verzog das Gesicht. „Verständlich. Hast du vielleicht Hunger? Wir haben noch ein Sandwich und etwas Obst.“
„Darf ich?“, fragte er begeistert.
„Klar, setz dich doch“, schlug ich vor.
„Ihr seid die Besten!“, jubelte er und schnappte sich das Sandwich, nachdem er auf der Decke Platz genommen hatte. „Spielt ihr nachher mit mir Fußball?“
„Äh, ich glaube nicht, dass Mia Fußball spielen sollte“, wandte Lloyd ein.
„Ein bisschen Bewegung schadet mir doch nicht“, entgegnete ich. „Ich muss ja nicht gleich Vollgas geben.“
„Super!“, freute sich Quirin. „Das wird toll!“
„Du kannst einfach nicht Nein sagen“, seufzte Lloyd.
„Jetzt gönn’s ihm doch“, flüsterte ich. „Er durfte nicht mal mit seinen Freunden wegfahren.“
„Ich gönn’s ihm, ich mach mir nur Sorgen um dich. Um euch.“
„Keine Panik.“ Ich drückte seine Hand. „Ist alles in Ordnung.“
Nachdem Quirin sein Sandwich aufgegessen hatte, flatterten ein paar Farbfalter um mich herum. Ich lächelte sie an, dann stand ich ein wenig umständlich auf.
„Los geht’s!“, rief der Junge. „Die beiden Bäume sind das Tor.“
Nach einer guten Stunde, von der ich keine halbe mitgespielt hatte, hörten wir auf. Lloyd musste sich auf den Weg zur Arbeit machen. „Wir sehen uns morgen Nachmittag. Ich hol dich von der Praxis ab“, verabschiedete er sich und umarmte mich.
Ich schmiegte mich an ihn. „Du wirst mir fehlen“, seufzte ich. „Bis morgen.“ Er würde erst nach Hause kommen, wenn ich schon in der Animaliaarztpraxis war. Also sahen wir uns frühestens nach meiner Arbeit.
Wir küssten uns, dann trennten sich unsere Wege. Ich ging mit Quirin zu den Reihenhäusern, die wir bewohnten, Lloyd marschierte zum Krankenhaus. „Willst du noch mit zu mir kommen, Mia?“, fragte der Junge unterwegs. „Mama würde sich bestimmt freuen. Vielleicht macht sie auch wieder einen Nachtisch.“
Ich schmunzelte. „Das ist lieb von dir. Aber ich kann doch nicht einfach ohne Einladung zu euch kommen.“ Außerdem hatte ich keine Lust auf zwei Abende mit Elly und Burkhard hintereinander ...
„Bitte“, quengelte Quirin. „Wir können Mama doch fragen. Sie hat bestimmt nichts dagegen.“
Ich strich mir über die blonde Perücke. „Ja ...“, seufzte ich. Vielleicht hatte Lloyd recht und ich konnte nicht Nein sagen. Quirin tat mir so leid.
Also blieb ich noch eine gute Stunde bei ihm daheim. Elly freute sich sehr über meinen Besuch, Burkhard war zum Glück nicht da, was die Atmosphäre sehr entspannte. Als es dunkel war, verabschiedete ich mich aber. Immerhin wollte ich noch zwei Briefe beantworten, außerdem die Perücke und die Kontaktlinsen loswerden.
Daheim angekommen legte ich meine Tarnung ab und duschte mich erst mal. Nachdem ich meine Haare geföhnt und meinen Schlafanzug angezogen hatte, setzte ich mich mit Stift und Papier an den Esstisch. Zuerst antwortete ich Fiona und Nico, berichtete vom Ergebnis des heutigen Ultraschalls. Danach schrieb ich Melodia und meinen anderen Freunden aus Windfeld. Ein paar tröstende Worte für Jakob und Haru, ansonsten nur allgemeiner Smalltalk.
Wie immer. Bisher hatten Melodia und ich kein Wort über die Ereignisse zwischen Rangern und Schattenbringern gewechselt. Aber seit Elly gestern Abend erwähnt hatte, was für schlimme Dinge passierten, war ich doch ein wenig neugierig.
Heftig schüttelte ich den Kopf. Dieses Leben lag hinter mir! Ich war kein Ranger mehr. Ich wollte nichts mit diesem Krieg zu tun haben. Meine Entscheidung stand fest. Um nicht nach dem aktuellen Stand der Ermittlungen zu fragen, packte ich die beiden Briefe schnell in Umschläge.
Ich holte mir ein Glas Apfelschorle, dann lief ich die Treppen hoch ins Schlafzimmer. Es war spät geworden und morgen musste ich früh aufstehen. Doch als ich im Bett lag, konnte ich nicht einschlafen. Ich drehte mich von einer Seite zur anderen, fand aber keine Ruhe. Ich fühlte mich ... einsam. Wie immer, wenn Lloyd nicht da war.
Seufzend setzte ich mich auf und machte das Nachttischlicht an. Wenn ich sowieso wach war, gab es keinen Grund, nicht mit den Fiorita zu reden. Und ich wusste genau, mit wem ich ein wenig plaudern wollte. Ich schloss die Augen und sang das wohl komplizierteste Lied, das ich kannte. Lunas Lied in der Sprache der Geister. Es war eine besondere Sprache, die kein Mensch kannte oder verstand. Ich verstand sie intuitiv, die Fiorita benutzten sie immer, wenn sie mit mir redeten.
Mit dem hellsten aller Lichtblitze erschien Luna vor mir. Der dreifarbige Geist des Lichts richtete seine dunkelbraunen Augen direkt auf mich. „Hallo Mia“, erklang ihre glockenhelle Stimme.
„Hi Luna“, antwortete ich und streichelte über das weiche hellrosa Fell an ihrem Kopf. Am Schweif erstrahlte es so gelb wie das ihres Bruders Sol, am Körper hellblau.
Die Anführerin der Geister schmiegte sich an meine Hand. „Du machst dir schon wieder so viele Sorgen.“
„Ich wollte hinter mir lassen, dass ich jemals Ranger war“, flüsterte ich. „Aber sobald ich allein bin, denke ich ständig daran. Ich hab Angst um meine Freunde und Kollegen. Ich will, dass mein Vater hinter Gitter kommt ...“
„Das betrifft dich nicht mehr, wie du es wolltest. Du bist so weit weg“, redete sie auf mich ein.
„Manchmal frage ich mich, ob ich das wirklich hinter mir lassen kann.“ Ich drückte Luna an mich. „Aber egal. Darum geht’s gar nicht. Das Schlimmste ist gerade eigentlich, dass ich mich etwas einsam fühle. Ich hab mich wohl schon zu sehr daran gewöhnt, dass Lloyd immer bei mir ist.“
Sie lächelte milde. „Dann schlafe doch ein, solange du mich noch auf Fioria halten kannst“, schlug sie vor.
Ich erwiderte ihr Lächeln und machte das Licht aus. „Gute Idee“, flüsterte ich und kuschelte mich an sie. „Ich muss für die Arbeit morgen fit sein.“
„Genau, morgen geht der Alltag wieder los. Und dann hast du bestimmt so viel zu tun, dass du gar nicht mehr an die Ranger und Schattenbringer denken kannst“, vermutete sie. „Und denk erst an die Geburt eures Takuto. Der hält euch bestimmt auf Trab!“
Ich kicherte. „Da hast du recht. Kindererziehung ist eine Herausforderung, darauf wette ich.“
Luna nickte. „Es ist ja schon anstrengend, auf meinen Bruder aufzupassen, diesen Kindskopf. Aber deine Ermahnung hat ihm zu denken gegeben.“
„Immerhin“, murmelte ich im Halbschlaf. Ich wurde immer müder, auch vor Erschöpfung, weil ich ein so mächtiges Fiorita bei mir hatte.
Das Letzte, was ich noch hörte, war Lunas Flüstern: „Schlaf gut, Mia. Und mach dir keine Sorgen mehr. Denk nur an das Hier und Jetzt.“
Und genau dieser Rat war es, der mir durch die nächsten Monate half.
Laut klopfte Lloyd von draußen an die Tür des Schlafzimmers. „Mia, bitte, komm doch endlich raus!“
„Nein!“, schrie