Flucht. Benjamin Withmer

Flucht - Benjamin Withmer


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ist ein nagelneuer Ford LTD. Eine neugepflügte Spur niedergedrückter und zerbrochener Schneegatter endet an einer Felszunge, auf der eine Nevada-Kiefer steht. Die Beifahrertür des verkanteten Wagens steht halb offen.

      Bellingham reißt sie ganz auf. Seine geriffelte Taschenlampe flackert, und er schlägt sie gegen seinen Handteller, um den Lichtstrahl zu stabilisieren. Er leuchtet hinein. »Kein Blut«, sagt er. »Ich denke, das wäre zu viel erwartet gewesen.«

      Der Schnee besteht nicht mehr aus einzelnen Kometen, er ist eine Dusche. Jim sieht sich nach Spuren um. Nichts. »Ich sehe nichts.«

      »Die Gefängnisfarm«, sagt Bellingham. »Dahin wollen sie. Sie werden wissen, dass sie dort Waffen und Autos kriegen können.«

      »Und sie wissen auch, dass sie erschossen werden können.«

      »Wohin dann?«

      »Da gibt es ein Paar, das hier wohnt. Die Olivers. Wenn sie in Richtung der Gefängnisfarm gehen, kommen sie direkt bei denen vorbei.«

      »Warum sollten sie bei Farmern einbrechen, wenn es in der Gefängnisfarm Waffen und Autos gibt? Das macht keinen Sinn.«

      Jim antwortet nicht. Es ist sinnlos, mit Kriegshelden zu streiten. Mehr als die Hälfte seines Lebens hat er damit zugebracht, diese Lektion zu lernen.

       12

       – Der Häftling –

      Die Bretter knarren im Wind, und das Blechdach singt, Schnee rieselt durch die Ritzen im Scheunendach und bestäubt Mopars Arme. Dort in der Scheune steht das Auto der Olivers, vor einem Traktor geparkt, dessen ganze Ölwanne in das Sägemehl ausgelaufen ist. Es ist ein 1956er Ford Parklane. Er war nicht angesprungen, hatte keinen Mucks gemacht, und jetzt schaut sich Mopar im Licht einer Scheunenlaterne den Motor an.

      Mopar kennt sich aus mit Autos. Es ist das Einzige, was er kann. Er hat es als Handlanger seines Vaters gelernt, hat ihm die Werkzeuge gereicht und ihm beim Reparieren zugesehen. Sein Vater hatte nur dann Geduld mit der Welt, wenn er sein Gesicht unter eine Motorhaube stecken konnte. Mopar hat diesen Charakterzug geerbt. Auch die Rastlosigkeit, die ihn packt, wenn ein Auto nicht anspringen will, hat er von seinem Vater. Als ob man in ein besseres Leben starten könnte, wenn man nur die verdammte Karre zum Laufen bringen würde.

      Aber dieses bessere Leben kommt nicht. Es kommt nie.

      Verdammte Karre. Und verdammter Bad News.

      Mopar steht da, die Motorhaube mit seinem Kopf hochgehalten, die Hände feuerrot und mit Eis verkrustet. Er kann sich nicht konzentrieren, egal, wie lange er auf den Motorblock schaut. Nur aus einem einzigen Grund hat er noch nicht aufgegeben. Wenn er diese Karre zum Laufen bringt, fährt er damit aus der Scheune und direkt den Berg hinunter nach Fort Collins. Er hat genug davon, von Howard herumkommandiert zu werden, das ist ihm scheißklar. Der kann ihn mal.

      Ein Windstoß trifft die Scheune, das ganze Gebäude zittert. Und Mopar dämmert es, dass weder Howard noch Bad News das Problem sind.

      Es ist die, die es immer schon war.

      Molly.

      Verfluchte Molly. Verflucht, dass du diesen Scheiße fressenden Hilfssheriff Rose geheiratet hast und dich mit einem Arsch wie Peter Perkins eingelassen hast. Verdammt, dass du auf meine Briefe nicht geantwortet und mich nie besucht hast. Verflucht sollt ihr alle sein.

      Mopar versucht, sich wieder auf den Motor zu konzentrieren, aber der rührt sich nicht. Sein Gehirn ist wie eine dieser alten Maschinen, die nicht mehr anspringen. Manchmal kann man das Gehirn in Gang bringen, indem man seine Hände benutzt. Der Alte nannte es, mit den Händen denken. Man muss einfach mit irgendetwas anfangen, auch wenn man noch nicht genau weiß, wie man vorgehen soll, früher oder später lösen die Hände das Problem dann von allein. Das hat früher tatsächlich funktioniert.

      Aber nicht jetzt. Mopar kann nicht mal seine Hände bewegen. Sie schmerzen, als ob die Kälte ihm das Fleisch von den Knochen schält, und er ist so müde, dass er sich in Hirngespinsten verliert und in den dunklen Ecken im Motorraum Bilder zu sehen glaubt.

      Zum Beispiel Molly.

      Er sieht ihr Gesicht vor sich auftauchen und verschwinden, ihre Augen rund wie Bonbons.

      Zum Teufel mit mir selbst, denkt er. Ich selbst bin so bekloppt mein Leben wegen einer Frau zu versauen. In der verfluchten Hölle soll ich schmoren, weil ich dabei bin, es zum zweiten Mal zu tun. Verflucht soll ich sein, da mir nichts, aber auch gar nichts in meinem Leben gelingt.

      Er lässt die Motorhaube zufallen.

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      »Und wie sieht es aus, Sportsfreund?«, fragt Howard. Er sitzt auf einem Lehnstuhl am Radio. Es ist ein großer Lehnstuhl, aber mit ihm darin sieht er aus wie ein Puppensessel.

      »Wenn wir ein paar Pferde hätten, könnten wir die Karre wahrscheinlich zum Laufen bringen«, sagt Mopar.

      Howard verzieht den Mund. Bad News und Warrington trampeln oben im ersten Stock herum. Ziehen Schubladen auf, leeren den Inhalt auf den Boden, stellen Möbel auf den Kopf. »Dieser schwanzlutschende Dreckskerl«, sagt Howard. »Ich sollte ihm den Kopf spalten und ihn in den Arsch ficken.«

      Mopar geht zum Ofen und hockt sich davor, um seine Hände zu wärmen. Er hält sie so dicht davor, dass er beinahe das heiße Metall berührt. »Ist das Jugg im Radio?«

      »Das ist er«, sagt Howard.

      Mopar hört zu. Direktor Jugg hat nicht viel zu sagen. Das Übliche für die Leute in der Stadt. Im Haus bleiben und die Türen geschlossen halten. Er reitet seinen Gesetzeshüter-Scheiß und Mopar nimmt es persönlich.

      Warrington trampelt in seinen schweren Anstaltsstiefeln die Treppe herunter. Er legt zwei Waffen auf den Couchtisch. Vorsichtig. Als wären sie aus Glas.

      Mopars Herz pumpt alles Blut in seinen Bauch. Es ist ein .38er Kipplaufrevolver, der aussieht, als sei er seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr abgefeuert worden, und ein .22er Unterhebel-Repetiergewehr mit einem verrosteten, angefressenen Lauf.

      »Was ist das?«, fragt Howard.

      »Das ist alles«, sagt Warrington.

      Howard macht sich keine Mühe, eine der Waffen anzufassen. »Und was ist mit Munition?«

      »In dem .38er sind fünf Patronen, und ich habe eine 50er-Schachtel für die .22er. Aber zwölf davon fehlen.

      Howard reibt sich die Stelle zwischen seinen Augen. »Wenn wir mit denen geschnappt werden, können wir nur noch hoffen, dass die Bullen sich totlachen.«

      »Es tut uns leid.« Alice kommt mit einem silbernen Kaffeetablett herein, Murray folgt ihr mit einem Geschirrtuch über der Schulter. »Wenn das nächste Mal eine Bande von Degenerierten bei uns einbricht, werden wir schauen, dass ein richtiges Waffenarsenal bereitliegt.«

      »Wenn du sie weiter atmen hören willst, dann sorg dafür, dass diese Bitch ihr Maul hält«, sagt Howard zu Murray.

      Murray zwinkert ihm zu. Der Gedanke, sie zum Verstummen zu bringen, scheint ihm nicht ganz fremd zu sein. Er hat wohl nur noch nicht die richtige Methode dafür gefunden.

      »In meinem eigenen Haus, Murray«, sagt Alice. »Du lässt diesen Nigger in meinem eigenen Haus so mit mir reden?«

      »Schaff die Schlampe hier raus«, sagt Howard. »Jetzt sofort.«

      Murray nimmt Alice am Ellbogen und zieht sie in die Küche.

      Bad News kommt die Treppe heruntergehüpft. Er steckt in einem braunen Anzug und zupft sich die ausgefransten Manschetten. Es ist eine etwas schäbigere Version des Anzugs, den Murray trägt. »Der hat meine Größe.« Bad News knöpft den obersten Hemdknopf zu.

      »Ich bin froh, das zu hören«, sagt Howard. »Hast du zufällig etwas gefunden, das jemand


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