National Geographic Bildband: Vogelreich. 300 berührende Fotografien vom Aussterben bedrohter Vögel.. Noah Strycker

National Geographic Bildband: Vogelreich. 300 berührende Fotografien vom Aussterben bedrohter Vögel. - Noah Strycker


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für uns sind und das Menschen wie Audubon uns näherbringen können, außen vor lässt.

      Nur wenige wild lebende Tiere lassen sich so leicht beobachten wie Vögel. Sie sind überall um uns herum. Und ebenso wie wir sind sie im Gegensatz zu zahlreichen Säugetieren, Reptilien, Amphibien, Insekten und Meeresbewohnern, die sich auf andere Sinne verlassen, überwiegend audiovisuelle Geschöpfe. Wir können viele Verhaltensweisen von Vögeln verstehen und uns daran erfreuen, und jeder hat Zugang zu ihnen.

      Es ist lange her, dass Vögel wie zu Audubons Zeiten millionenfach ihres Fleisches und ihrer Federn wegen oder einfach aus Vergnügen getötet wurden. Das Entsetzen über die Wasservogeljagd führte zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu den ersten bundesweiten Naturschutzgesetzen. Zur gleichen Zeit wurden das US-amerikanische National Wildlife Refuge System und in Großbritannien die Royal Society for the Protection of Birds gegründet. Das Buch Der stumme Frühling, das sich mit dem Einfluss von Pestiziden auf Vögel und andere Tiere beschäftigt, zog eine umfassende Naturschutzbewegung in den 1960er-Jahren sowie 1970 die Gründung der U.S. Environmental Protection Agency nach sich. Es waren die Vögel, die in den vergangenen Jahrzehnten weltweite Diskussionen über gefährdete Arten, Biodiversität und zuletzt den Klimawandel auslösten.

      Alles, was es braucht, ist ein wenig Magie – der zündende Funke, der überspringt, wenn jemand einen Vogel sieht und fasziniert ist. So kann selbst die winzigste Flamme die ganze Welt in Brand stecken.

      Vogelbeobachter mögen eine verwegene Bande von Akademikern, Jägern, Spielern, Poeten, Sportlern und Suchenden sein, doch in erster Linie sind sie Sammler – von Sichtungen, Wissen, Erfahrung.

      So jedenfalls hat es bei mir angefangen. Ich habe als Kind alles gesammelt, was mir zwischen die Finger kam: Briefmarken, Münzen, Steine, Visitenkarten und Zane-Grey-Taschenbücher. Und als mein Lehrer in der fünften Klasse eine Futterstation aus Plastik vor dem Fenster unseres Klassenzimmers anbrachte, begann ich, auch Vogelsichtungen zu sammeln.

      Vögel haben etwas, das die obsessive Ader in der menschlichen Natur anspricht. Sie lassen sich fein säuberlich in Arten einteilen (meistens jedenfalls), die sich durch jeweils eigene Gewohnheiten und Erscheinungsformen auszeichnen. Eines der ersten Dinge, die man als Vogelbeobachter lernt, ist, dass man sie oft nur dann findet, wenn man an den richtigen Orten nach ihnen sucht. So wird die Vogelbeobachtung zur Schatzsuche, bei der man von Hinweisen zur scheuen Beute geführt wird.

      Hausgimpel (Haemorhous mexicanus), nicht gefährdet

      Beim Studium der Vögel kommen verschiedene Methoden der Katalogisierung zur Anwendung, von Carl von Linnés binomialer Nomenklatur – die lateinische Klassifizierung wird auch heute noch verwendet – bis zum derzeitigen Sammelsurium der Vogelführer, in denen praktisch jede Spezies auf Erden beschrieben ist. Und jede Methode versucht, die Vogelwelt zu beziffern und auf handliche Schnipsel herunterzubrechen. Die Natur ist so überwältigend, dass wir uns ihr am liebsten in Fragmenten nähern und die Stücke anschließend wieder zu etwas Sinnstiftendem zusammensetzen.

      Meine kindliche Obsession wuchs sich schließlich zu einer handfesten Karriere als Vollzeit-Vogelnerd aus. Ich arbeitete jahrelang an Feldforschungsprojekten mit und nistete mich monatelang auf windgepeitschten Inseln und in brütend heißen Regenwäldern ein. Doch ich war immer noch aufgeregt, wenn ich eine neue Vogelspezies sah, und allmählich wurde mir klar, dass es für die kurze Zeit einfach zu viele Vögel gab. Deshalb beschloss ich 2015, ich war damals 28, meinen eigenen Katalog zu erstellen und mein ganz persönliches »Big Year« in Angriff zu nehmen: in einem Jahr so viele Vogelarten wie möglich zu dokumentieren.

      Der logistische Aufwand dafür war beinahe unvorstellbar. Ich besuchte 41 Länder auf allen sieben Kontinenten und nahm mir dabei nicht einen einzigen Tag frei. Mit meinem mageren Budget schlief ich auf Sofas, in Flugzeugen und im Dschungel, wenn ich überhaupt schlafen konnte. Um das Tageslicht voll auszunutzen, stand ich jeden Tag schon vor Morgengrauen auf und reiste nachts. Am Ende hatte ich mithilfe Hunderter begeisterter Vogelliebhaber rund um den Globus 6.042 Spezies verzeichnet, also durchschnittlich eine Vogelart pro Wachstunde und über die Hälfte aller Vogelarten der Erde – ein neuer Weltrekord.

      Nach meiner Rückkehr stellte ich fest, dass sich meine Sicht der Dinge verändert hatte. Zahlen und Rekorde bedeuteten mir nun weniger als das Abenteuer, alle Vögel Amerikas zu dokumentieren, das Audubons Vorhaben zu Beginn des 19. Jahrhunderts widerspiegelte. In meiner erschöpfenden Suche nach den Tieren hatte ich eine größere Fläche unseres Planeten überquert, als die meisten Menschen in ihrem ganzen Leben bereisen, und durch die Komprimierung der Reise auf ein einziges Jahr hatte ich einzigartige Einblicke in die Vogelwelt der Jetztzeit gewonnen.

      Sich mit Umweltfragen auseinanderzusetzen ist ungeheuer deprimierend, vor allem bei einer Reise in die Tropen, wo die Wälder durch Brandrodungslandwirtschaft, Palmölplantagen und umfassende Abholzung in rasender Geschwindigkeit vernichtet werden. In meinem »Big Year« habe ich mit eigenen Augen beobachten können, wie die Bevölkerungsexplosion, insbesondere in Afrika und Asien, Habitate verschlingt. Auch von den Folgen des Klimawandels erfuhr ich aus erster Hand: Die Menschen erzählten mir wieder und wieder, wie unvorhersehbar die Bedingungen in ihrem Umfeld geworden waren und die Populationen von Mensch und Vogel gleichermaßen angriffen.

      Ich fand aber auch eine unerwartet lebhafte Gemeinschaft von Vogelenthusiasten an Orten wie China, Borneo, Kenia, Brasilien und Guatemala vor, Orte, an denen die Vogelbeobachtung nicht gerade eine lange Tradition hat. In den vergangenen zehn Jahren haben Vögel dank Internet, Digitalfotografie und anderen Technologien eine ganz neue Generation dazu inspiriert, in die Natur hinauszugehen. Auch in entlegenen Winkeln der Welt finden die Menschen mittlerweile Wege, ihre gefiederten Freunde zu schützen und sich mit Gleichgesinnten darüber auszutauschen. Was einst ein Nischenzeitvertreib war, hat sich heimlich, still und leise zu einem weltweit verbreiteten Hobby entwickelt.

      Es mutet seltsam an, dass ausgerechnet das digitale Zeitalter die Menschen zur Rückkehr zur Natur angespornt hat. Ob nun als Gegenreaktion auf zu viel Zeit vor einem Bildschirm oder als Bewegung, die durch neue Technologien erst möglich gemacht wurde – immer mehr Menschen entdecken die Welt der Vögel für sich. Und das zu einer Zeit, da die Tiere selbst einer ungewissen Zukunft entgegensehen. Ich kehrte aus meinem »Big Year« mit einer optimistischeren Sicht der Dinge zurück: Trotz täglich neuer düsterer Prognosen gibt es sehr viele Menschen, denen die Natur ungeheuer am Herzen liegt.

      Und mit all dem im Kopf begann das Buch, das Sie in Händen halten, nach meiner langen Reise allmählich Gestalt anzunehmen.

      Das Geniale an Joel Sartores Fotografien von Vögeln, die sich weltweit in menschlicher Obhut befinden, liegt in ihrer Intimität. In freier Wildbahn sind Vögel flüchtige Motive – die »großen Filmverschwender«, wie ein Freund von mir einmal gesagt hat. Dort haben wir kaum eine Chance, nah an sie heranzukommen.

      Doch aus der Nähe gesehen enthüllen die Tiere eine Unmenge an Merkmalen, die wir für gewöhnlich uns selbst vorbehalten. Sie zeigen Gesichtsausdrücke, Stimmungen und Persönlichkeit. Manche sind scheu, andere neugierig, wieder andere sehen schlicht hungrig aus. Da scheint ein Brillenpinguin höflichst um einen Fisch zu bitten, während Hausgimpel und Großer Gelbschenkel eine eher kesse Pose einnehmen.

      Einige dieser Interpretationen sind zweifelsohne anthropomorphischer Natur; wir projizieren unsere Sichtweise der Dinge auf die Tiere, die kaum wissen können, dass ihre Bilder veröffentlicht werden. Nichtsdestotrotz zeigen Vögel tatsächlich Gefühle, den unseren vielleicht ähnlich, und wer das leugnet, impliziert damit, dass Tiere das nicht können, nur weil wir es können. Sie dürfen in die hier abgebildeten Fotos also ruhig Emotionen hineinlesen.

      Lassen Sie sich von Joels Bildern auch zum Staunen anregen. Einige der Vögel sind selten und in der Natur kaum zu sehen. Andere, wie die Socorrotaube, sind vom Aussterben bedroht und haben nur in menschlicher Obhut überlebt. Ihre Porträts erinnern an eine heikle Existenz. Die meisten Vögel aber sind in ihren natürlichen Lebensräumen zu finden und über den ganzen Globus verbreitet. Es tut so gut zu wissen, dass diese Lebewesen real sind und die Welt mit uns teilen.

      Ich hege die größte


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