Mine | Erotischer SM-Roman. Myriam Brixton

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Aber er war ein attraktiver Mann, das musste man ihm lassen. Seinen Verfall würde ich nicht mehr miterleben, bis dahin würde ich mein Studium abgeschlossen haben und über alle Berge sein. Für den Moment jedoch erfüllte er seinen Zweck.

      Der Gedanke amüsierte mich und ich musste lachen. Als Beweis dafür, dass er nicht Gedanken lesen konnte, lachte Jonathan zurück.

      Er bestellte unser prickelndes Getränk, das mir allmählich zu schmecken begann. Als er den Kellner fragte, welchen Champagner das Haus führte, erfuhr ich erstmals, um welches Getränk es sich dabei eigentlich handelte. Ich hatte Champagner zeitgleich mit Jonathan kennengelernt und würde seinen Geschmack für immer mit ihm in Verbindung bringen.

      Wir stießen an und lächelten uns zu. Zu sagen hatten wir uns nichts.

      Jonathan forderte mich auf, die Speisekarte zu öffnen. Beim Anblick der Preise glaubte ich, vom Sessel zu fallen.

      Jonathan bemerkte meinen entsetzten Blick. »Was ist los?«

      »Ich kann hier nichts bestellen.« Er schien meine Antwort misszuverstehen und wirkte augenblicklich genervt.

      »Ich meine damit, es ist hier alles so schrecklich teuer.«

      Jonathan winkte sichtlich erbost den Ober herbei. Wirsch fragte er ihn, warum die Dame eine Karte mit Preisen erhalten hatte und der Kellner beeilte sich mit einer überschwänglichen Entschuldigung, mir eine Karte ohne Preisangaben zu überreichen.

      »So«, schloss Jonathan die kurze Unterhaltung und widmete sich wieder der Auswahl seiner Nahrungsmittel. So einfach war das für ihn. So schwierig hingegen war es für mich. Ich konnte nicht binnen Sekunden in eine andere Welt eintauchen und mein altes Leben einfach abschütteln.

      Als der Ober kam, sah mich Jonathan erwartungsvoll an. Ich sagte nichts. Ich hatte mir nichts ausgesucht. Und so bestellte Jonathan ohne weitere Diskussion zwei Steaks medium rare.

      Noch bevor das Essen kam, zog Jonathan den Vertrag hervor und überreichte ihn mir.

      Ich nahm ihn entgegen und begann, zu lesen. Es war alles, wie wir es vereinbart hatten, schriftlich festgehalten.

      Jonathan würde mir ein möbliertes Zimmer zur Verfügung stellen. Er würde für sämtliche Universitätsgebühren und Lernmaterialien aufkommen. Zudem würde er mir ein monatliches Gehalt überweisen, das mir zur freien Verfügung stand. Benötigte ich darüber hinaus Geld, musste ich ihm dies plausibel erklären und es wäre situationsbedingt verhandelbar. Über die Höhe des Gehalts stand nichts geschrieben.

      Im Gegenzug waren seine Forderungen an mich, dass ich ihm sexuell uneingeschränkt zur Verfügung stand. Zu jeder Zeit und in jeder Form, die ihm verhalf, seine Lust zu befriedigen. Ich hatte nicht das Recht, mit einem anderen Mann sexuell zu verkehren. Ich hatte nicht das Recht, Ansprüche zu stellen, die nicht im Vertrag festgelegt waren. Ich versicherte mit meiner Unterschrift, dass er das alleinige Recht auf meinen Körper hatte. Bei Vertragsbruch würde er mich fristlos und mit sofortiger Wirkung entlassen und mir alle bisher getätigten Zahlungen in Rechnung stellen.

      Würde er das Interesse an mir verlieren, dann räumte er mir das Recht ein, mein Studium in der Mindestzeit zu Ende zu bringen und weiterhin dafür aufzukommen.

      Es war mir insgesamt untersagt, ihn aufzusuchen. Während der Vertragsdauer, die sich auf die Zeit des Studiums beschränkte, lag es einzig an ihm, mich zu sich zu rufen oder mich aufzusuchen, wenn ihm danach war.

      Mir war es meinerseits untersagt, während der Vertragsdauer aus dem Vertrag auszusteigen. Wenn ich dies in Erwägung zog, würde er mir auch hier sämtliche getätigten Ausgaben in Rechnung stellen.

      Er erklärte sich bereit, nach Vorlage meines universitären Stundenplanes, die verpflichtenden Vorlesungen und Seminare zu respektieren und während dieser Zeit nicht nach mir zu verlangen. Darüber hinaus musste ich ihn schriftlich um Freistellung bitten und ansonsten war ich verpflichtet, binnen einer Stunde in meinem Apartment zur Verfügung zu stehen, wenn er telefonisch nach mir verlangte.

      Ich las mir jeden Satz aufmerksam durch.

      Ich beobachtete Isabell mit Argusaugen, während sie las.

      Es war mir klar, dass unser Vertrag jeden Juristen höchstens zum Schmunzeln gebracht und dieser ihn als völlig unsinnig zurückgewiesen hätte. Aus rechtswissenschaftlicher Sicht war es weder legitim, einen vertraglichen Anspruch auf einen menschlichen Körper zu stellen, noch würde ich irgendeine getätigte Zahlung in diesem Fall zurückverlangen können. Dass im Vertrag nur die Vornamen Jonathan und Isabell ohne weitere persönliche Daten erschienen, war der Gipfel der Stümperhaftigkeit.

      All das war mir jedoch egal. Es handelte sich hier um einen internen Profitausgleich zweier Menschen. Die Außenwelt sollte von diesem Deal nichts erfahren.

      Was Isabell tat, war illegal und was ich tat, war es wohl auch. Sie versteuerte weder ein Einkommen, noch erfüllte sie die Auflagen nach dem staatlichen Geschlechtskrankheitengesetz. Ich hielt ihr einen völlig haltlosen Vertrag unter die Nase. Zwei Kleinkriminelle warteten auf ihre Steaks.

      Meinem scharfen Blick entging nicht der tiefe Atemzug, den ich bereits von Isabell kannte. Sie tat dies scheinbar immer dann, wenn sie eine Entscheidung getroffen hatte und kurz davorstand, diese umzusetzen. Ihr tiefes Einatmen war für mich das Zeichen, dass ich ihr den Füllhalter reichen konnte. Ich selbst hatte bereits in meinem Apartment unterzeichnet. Isabell ergriff den Stift und setzte ihren Namen unter den Vertrag.

      Unser Geschäft war beschlossen und besiegelt.

      Jonathan hielt mir einen Füllhalter entgegen. Ich unterzeichnete. Wirklich wohl war mir dabei nicht zumute. Einige Punkte machten mir Sorgen. Woher sollte ich all das Geld nehmen, wenn ich aus irgendwelchen Gründen den Vertrag nicht mehr einhalten konnte? Was, wenn ich seinen Telefonanruf überhörte und nicht binnen einer Stunde zu Hause war? Was meinte er mit »jeder Form, die ihm verhalf, seine sexuelle Lust zu befriedigen«? Ohne Jonathan zu kennen, konnte ich jedoch bereits jetzt mit Bestimmtheit sagen, dass er kein Mann war, mit dem man verhandeln oder Kompromisse schließen konnte. Ich unterschrieb, weil ich wusste, dass er den Vertrag nicht zu meinen Gunsten abändern würde. Und ich unterschrieb, weil ich befürchtete, er würde sonst im selben Moment aussteigen und mein Traum, zu studieren, wäre mit einem Schlag geplatzt. Kaum hatte ich meine Unterschrift gesetzt, nahm er mir ein Schriftstück ab. Das andere blieb mein Exemplar, das mich für die nächsten Jahre stets daran erinnern sollte, dass ich von nun an die vertraglich verpflichtete Gespielin von Jonathan – Nachname unbekannt – war. Ich hob meinen Hintern und schob den Wisch darunter. Damit wollte ich nichts symbolisieren, ich wusste nur nicht, wohin ich ihn sonst legen sollte.

      Isabell legte durchaus ein unkonventionelles Verhalten an den Tag. Sie trug ausnahmslos dieselbe Kleidung und schien kein Problem damit zu haben. Sie hatte auch nie eine Handtasche bei sich, jenem Gegenstand, von dem ich dachte, eine Frau könnte ohne ihn nicht überleben. Isabell war ungeschminkt. Und sie schaffte es, ihre Hände von ihren Haaren fernzuhalten. Nun setzte sie sich auf den Vertrag, weil sie wohl nicht wusste, wohin sie den Bogen sonst stecken sollte. Isabells Natürlichkeit faszinierte mich. Sie war durch und durch sie selbst. Das war in unserer Gesellschaft, in der so viele Menschen eine Rolle einnahmen, alles andere als alltäglich. Ihre Verhaltensweise amüsierte mich und machte das Mädchen unheimlich sexy.

      Als der Ober die Steaks brachte, riss sie Augen und Mund wie ein kleines Kind beim Anblick des Weihnachtsmannes auf. Man hätte meinen können, Isabell hätte seit langer Zeit nichts zu essen bekommen und war völlig ausgehungert. Zu meiner Erleichterung legte sie respektable Tischmanieren an den Tag. Es machte Freude, ihr beim Essen zuzusehen. Und es erstaunte mich, wie viel so ein kleiner Körper verdrücken konnte.

      Der Fauxpas geschah kurz nach dem Essen, als sich wohl ein Stück Fleisch in Isabells Zähnen verfangen haben musste. Ich bemerkte ihren suchenden Blick, konnte ihn aber erst einordnen, als Isabell sich bereits mit einem – vielleicht waren es auch zwei – ihrer Haare in den Mund gefahren war. Das konnte nicht ihr Ernst sein! Isabell verwendete tatsächlich ihr Haar als Zahnseide? Hier, im »Nestor«? Die Situation war mehr als peinlich. Ich musste reagieren! Gleichzeitig war es aber genau das, was mir gefiel: Isabells


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