Sinfonie der Lust | Erotischer Roman. Ayana Hunter
Künstlerin auf die Leiter steigen wollte, einen Blick unter ihren Umhang. Er hätte schwören können, dass ihr bloßer Hintern kurz aufgeblitzt war. Was sollte das bloß werden?
Überraschenderweise glückte der abenteuerliche Aufstieg, und als sie wohlbehalten oben in der Luke verschwunden war, folgte er ihr, mit bösen Vorahnungen, was dort oben folgen würde.
Auf der Tenne lag überall noch altes Stroh herum, was Marc jetzt mit einigem Argwohn registrierte. Dorothee führte ihn auf die Südseite und erklärte ihm, dass sie plane, Aktgemälde zu erschaffen. Sie würde den menschlichen Körper so sehr verehren, sowohl den männlichen, muskulösen als auch den weiblichen, kurvigen. Aktmalerei sei für sie die Krone der bildenden Kunst und sie meinte, dass es ein magisches Licht bräuchte, damit ihre Modelle später voll zur Geltung kommen könnten und die passende Inspiration für ihre Malerei sein würden.
»Genau hier an dieser Stelle möchte ich diesen Zauber einfangen«, bemerkte sie, als sie unter der Dachluke stand. »Ist das wirkungsvoll genug?« Dabei ließ sie den Kimono von ihren Schultern gleiten und war jetzt komplett nackt bis auf den einzelnen Schuh, den sie noch trug. Sie legte einen Arm hinter den schräg gehaltenen Kopf und reckte den Oberkörper in einer verführerischen Pose vor, sodass ihre nicht mehr ganz straffen, aber dennoch sehr ansehnlichen Brüste hervortraten. Sie lächelte ihn an, machte einen Kussmund wie die Monroe und ließ die Zunge über die Oberlippe gleiten. Dann hob sie mit beiden Händen ihre Brüste an und präsentierte sie, als wolle sie ihm ein kostbares Geschenk anbieten.
Marc merkte, dass ihm der Mund offen stand. Hundert Gedanken schossen ihm durch den Kopf, alle beschäftigten sich damit, wie er aus dieser Nummer wohl am besten herauskam. Offenbar hatte sie vor, ihn hier oben zu vernaschen. Aber wenn er sie jetzt zurückwies, konnte er das lukrative Projekt wohl vergessen. Und es war eigentlich schon zu viel Zeit und Geld investiert worden, als dass man jetzt ein Scheitern riskieren konnte. Wenn er jedoch auf ihr freizügiges Angebot einging, wäre er dann nicht nur eine Art Gigolo? Hatte er es nötig, sich ein Projekt mit erotischen Gegenleistungen zu erkaufen? Konnte er sich das überhaupt leisten? Schließlich stand sein guter Ruf auf dem Spiel.
In dem Moment, als sich sein Freund in der Hose einmischte und den Rat gab, sich darüber bloß keine Gedanken zu machen, kam sie auf ihn zu und stieß ihn unsanft zurück. Marc war so überrascht, dass er rückwärts ins Stroh stolperte, und bevor er realisiert hatte, was passiert war, saß sie schon rittlings auf ihm, bedeckte ihn mit Küssen und fummelte an seiner Hose herum. Dabei murmelte sie Worte wie »Hengst« und »rattenscharf«, und wenn er sich recht erinnerte, fiel auch das Wort »vögeln«.
In diesem Augenblick vibrierte es in seiner Hose. Ein verwirrendes Ereignis, aber nein, das war zum Glück nicht sein Schwanz, sondern das iPhone. Während Dorothee versuchte, ihm ihre Zunge in den Hals zu stecken, nestelte er es hervor und schielte auf das Display. Ben! Das war seine Rettung. Obwohl sein strammer Freund in der unteren Körperregion wenig über diese Störung erfreut war, gewann sein Gehirn nun wieder die Oberhand über seinen Körper. Er schob seine liebestolle Kundin wie einen Grashalm von sich und vollführte eine entschuldigende Geste in ihre Richtung, während er das Gespräch annahm. Ben wollte wissen, wann sie sich mal wieder treffen würden, er habe etwas für ihn ausfindig gemacht. Marc war ihm so dankbar für diesen Anruf zum genau richtigen Zeitpunkt. Sein Freund schien für ihn zu einer Art Schutzengel geworden zu sein, denn schon wieder rettete er ihn im letzten Moment aus einer heiklen Situation. Er versprach, gleich zurückzurufen und stammelte für Dorothee ein paar entschuldigende Worte, es sei ein dringender Fall und er müsse jetzt unbedingt los. Bevor ihm sein sich schmollend zurückziehender Kumpel in der Hose einen anderen Rat geben konnte, eilte er zur Luke und schlüpfte hinaus auf die Leiter.
»Übrigens, der Lichteinfall ist an dieser Stelle einfach perfekt. Er könnte gar nicht besser sein«, versicherte er im Hinausgehen der enttäuscht dreinschauenden Frau Melzer. Er hoffte, dass es so nicht zu sehr wie eine Flucht wirkte – die es genau genommen natürlich schon war – und dass sie bezüglich des Auftrages bei der Stange bleiben würde. Er verschwand, bevor sie etwas antworten konnte.
Den Weg zu seinem Wagen legte er fast im Laufschritt zurück, während er sein Smartphone hervorholte und die Rückruftaste betätigte. Sollte er seinem Freund von dieser peinlichen Begegnung berichten? Der würde ihn wohl für verrückt erklären, dass er sich diesen Gelegenheitsfick entgehen lassen hatte. Deshalb verzichtete er lieber darauf. Er kam ohnehin kaum zu Wort, denn Ben berichtete ihm mit überschwänglicher Begeisterung von dem Notebook, das er ausfindig gemacht hatte. Marc erinnerte sich. Ja, er hatte ihm erzählt, dass er so ein Gerät mit einem mobilen Internetanschluss für sein Gartenhaus benötigte und Ben hatte angeboten, sich umzuschauen. Bei allem, was mit Computertechnik zu tun hatte, war sein Freund Feuer und Flamme, während er selbst diese Dinger als nützliche Kisten ansah, die darüber hinaus wenig Anlass zur Begeisterung gaben. Marc ermächtigte seinen Freund, dieses Ding zu kaufen, obwohl es eine horrende Summe kostete, denn er wusste, dass Ben nicht eher locker lassen würde. Als Marc das Gespräch beendet hatte, registrierte er auf seinem Telefon einen verpassten Anruf. Juliette! Es war wie ein Stich in sein Herz. Er zögerte nicht, auf »Rückruf« zu drücken, aber es begrüßte ihn erwartungsgemäß wieder die wohlbekannte Stimme ihres Mobilfunkanbieters mit der ihm sehr vertrauten Abwesenheitsmeldung.
4
Ben war ein Prachtkerl. Bei ihm war alles besonders groß. Seine Hände wirkten wie Bratpfannen und genauso gigantisch war auch der Rest seines Körpers. Vanessa mochte die Nächte mit ihm. Es war unkomplizierter Sex ohne irgendwelche Verpflichtungen und der war alles andere als langweilig.
Dass er sie bei diesem »Speed-Dating«-Filmdreh so unverschämt angebaggert hatte, war genau das, was Vanessa dazu angetrieben hatte, sich immer wieder mit ihm zu verabreden. Nach ihrer letzten gescheiterten Beziehung hatte sie es nicht mehr eilig, eine feste Bindung einzugehen. Sie wollte Spaß haben und Ben war genau die Art von Vergnügen, die sie sich zurzeit reichlich und satt genehmigte. Und sie war froh, dass Ben es nun doch einrichten konnte, dass sie sich in dieser Woche noch sahen und so war sie sofort nach der Arbeit zu seiner Wohnung gedüst.
»Schlampige Arbeit, Baby! Los, dreh dich um«, befahl er ihr in rauem Tonfall.
Sie zog die Augenbrauen hoch und fuchtelte mit ihrem Staubwedel in der Luft herum. Bevor sie ihm widersprechen konnte, hob er sie wie eine Puppe hoch und warf sie kurzerhand auf das Bett. Dort band er ihr, vermutlich mit der Krawatte, die eben noch auf dem Nachttisch gelegen hatte, die Hände auf dem Rücken zusammen.
»Süße, du weißt doch, dass du mir heute zu Diensten sein musst. Es ist Dienstag. Men-Day! Und ich allein habe das Sagen. Wenn ich dir also befehle: ›Mach hier sauber!‹, dann erwarte ich, dass du das zu meiner vollsten Zufriedenheit erledigst.«
Vanessa kicherte. »Ja, Mister und ich habe mir auch redliche Mühe gegeben.«
»Schweig, du wedelst hier unnötig Staub auf, dabei solltest du lieber das Rohr putzen.«
Seine Wortwahl war wie immer sehr direkt. Bei dem Gedanken, seinen Schwanz zu schmecken, wurde ihr der Mund wässrig. Ein wohliger Schauer lief über ihren Rücken. Was er wohl heute wieder für verrückte Spiele ausgeheckt hatte?
»Dein Safeword für heute lautet: Regenschirm.«
»Regenschirm? Geht’s noch länger?«, nuschelte sie ins Kissen.
»Hey, es wird nicht genörgelt.« Eine seiner Pranken landete mit einem lauten Klatscher auf ihrem Po. »Aua«, quiekte sie und genoss das Kribbeln, das dieser eigentlich eher schwache Hieb hinterlassen hatte. Sie wusste, er würde ihr nicht wehtun. Es ging nicht um sadomasochistische Praktiken, es handelte sich lediglich um aufregende Rollenspiele. Für heute hatte er ihr im Vorfeld eine Haube, einen Staubwedel und eine kleine weiße Schürze per Bote zukommen lassen. Er hatte gedroht, er würde Vanessa keine Nachlässigkeit durchgehen lassen und sie bestrafen, wenn sie nicht exakt das tat, was er ihr sagte. Genau darauf hoffte sie jetzt allerdings. In freudiger Erwartung schlug ihr Herz ganz wild. Und ihre Knospen versteiften sich, weil sie sich nach seinen zärtlich fordernden Händen sehnten. Nun lag sie auf dem Bett, das Gesicht ins Kissen gedrückt und konnte kaum abwarten, dass er sie nach Strich und Faden durchvögelte.