El Gustario de Mallorca und das tödliche Elixier. Brigitte Lamberts

El Gustario de Mallorca und das tödliche Elixier - Brigitte Lamberts


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      »Ich dachte, Ihr Anwesen ist auch für Besucher geöffnet?«, fragt Jesús irritiert.

      »Ja, aber das Landhaus wird nur zu bestimmten Zeiten der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und dann haben wir Aufsichtspersonal.«

      Xisko nickt den beiden zu und verlässt die Bibliothek. Sie hören, wie sich der Schlüssel schwerfällig im Türschloss dreht.

      »Na prima. Hoffentlich vergisst der uns nicht.« José Maria reibt sich skeptisch das Kinn.

      Jesús zieht die weißen Handschuhe über und geht die Buchrücken konzentriert ab. »Die sind allem Anschein nach chronologisch geordnet.«

      »Wie, nicht nach Themen?«, fragt José Maria.

      »Weiß ich noch nicht, vielleicht gibt es ja eine zweite Ordnung, nach der zeitlichen.«

      »Wonach suchen wir eigentlich?«

      »Ich dachte, du sagst mir das!«

      »Irgendwas Geschichtliches, würde ich meinen.«

      »Ach nee. Schau, ob du Bücher findest, die aus dem 15. Jahrhundert sind.«

      »So alt sind die Bücher hier nicht.«

      »Such halt!«

      Jesús greift ein Buch aus dem Regal und betrachtet den Einband in lateinischer Sprache. Schnell stellt er es wieder zurück. Das nächste Buch, das er hervorholt, ist in arabischer Sprache geschrieben. Auch das stellt er zurück.

      José Maria kommt mit einem sehr ramponierten Ledereinband auf seinen Partner zu. »Schau mal, von 1530.« Er reicht ihm das aufgeschlagene Buch. Wie vom Donner gerührt blickt Jesús auf die Schrift.

      »Grande mierda! Das ist català.«

      »Und was heißt das?«

      »Auch wenn wir eine Publikation finden, die uns vielleicht weiterhelfen könnte, können wir die nicht lesen.«

      »Wieso? Wir können doch català?«

      »Ja, aber das hier ist català aus dem 16. Jahrhundert, das verstehe ich nicht. Und du bestimmt auch nicht.«

      »Und jetzt?«

      Jesús fasst sich an die Nase. »Jetzt suchen wir neuere Veröffentlichungen. Irgendetwas, das sich mit der Geschichte Mallorcas beschäftigt.«

      »Ich sehe hier nur Bücher über Gartengestaltung.«

      »Such einfach weiter. Ist dir übrigens aufgefallen, dass der Besitzer eine Sonnenbrille trägt?«

      »Und?«

      »Findest du das nicht komisch? In dem Haus ist es doch recht dunkel.«

      José Maria zuckt nur mit den Schultern, schaut aus einem der kleinen Fenster und dreht sich dann abrupt zu Jesús um. »Was meinst du, sollen wir diesen Xisko um Mithilfe bitten? Der kennt sich doch in seiner Bibliothek am besten aus.«

      »Und was willst du ihn fragen?«

      »Na, nach dem Patxaran!«

      »Der war nicht besonders freundlich und ich glaube, er ist misstrauisch. Das lassen wir lieber.«

      »Wieso misstrauisch?«

      »Du merkst aber auch gar nichts!«

      »Jetzt werde mal nicht unverschämt.«

      »Du hast es gar nicht mitbekommen?« Jesús schüttelt entnervt den Kopf.

      »Was mitbekommen?«

      »Der will uns hier nicht haben.«

      »Wieso, der war doch sehr aufmerksam.«

      »José, ich bitte dich, der war abweisend. Der hat sich auf dein Geplänkel gar nicht eingelassen.«

      »Habe ich nicht bemerkt.«

      »Eben. Von dem können wir nichts erwarten. Der möchte uns ganz schnell wieder loswerden.«

      »Und warum? Wir kommen doch von der Universität.«

      Jesús holt tief Luft. »Los, schau dich weiter um.«

      Schweigend suchen sie weiter. Nach mehr als anderthalb Stunden seufzt Jesús auf. »Ich glaube, ich habe etwas gefunden.« Er blättert in einem schmalen Band.

      »Und was?«

      »Das Büchlein ist von 1950 und es geht um das Kartäuserkloster von Valdemossa.«

      »Das sieht nach einer Art Reiseführer aus.«

      »Augenblick noch.« Jesús überfliegt einen Absatz. »Hier steht, dass die Klosterbrüder früher selbst destilliert haben.«

      »Ja und? Das ist doch bekannt. Die haben zwar nicht Weib und Gesang gehabt, aber gesoffen haben die doch alle.« José Maria stutzt. »Warte mal. In Valdemossa wird doch heute noch dieser Kräuterschnaps als regionale Besonderheit verkauft, den früher die Klosterbrüder hergestellt haben.«

      Jesús entgegnet unwillig: »Was interessiert uns der Kräuterschnaps. Hier steht, es wird vermutet, dass die Klosterbrüder schon im Mittelalter den Patxaran hergestellt haben.«

      »Quatsch, der ist doch erst vor rund sechzig Jahren außerhalb von Navarra verbreitet worden.«

      »Eben!«

      »Woher kannten die Klosterbrüder die Rezeptur, frag ich dich?«

      »Woher soll ich das wissen?«

      »Wir müssen nach Valdemossa.«

      »Ja, das ist zumindest ein Ansatz.«

      »Sag ich doch.«

      »Schau dich noch etwas um. Ich lese hier weiter. Vielleicht finde ich noch mehr Anhaltspunkte.«

      Während Jesús interessiert den Reiseführer studiert und eine Seite nach der anderen umblättert, geht José Maria weiter an den Bücherregalen entlang. Ab und an zieht er ein Buch heraus, schlägt es auf, um es dann wieder zurückzustellen.

      Er durchquert den Raum und blickt durch das geöffnete Fenster. Zwischen den hohen Palmen sieht er Teile des Bergmassivs.

      Die Sonne taucht die zackige, zerklüftete Bergkuppe in ein flirrendes, dunstiges Licht. Die Hänge zeigen vereinzelt saftige Vegetation, doch je weiter es in die Höhe geht, desto mehr kahle Felsen sind zu sehen.

      »Hat der Señor keine Lust mehr?« Jesús schaut von seinem Reiseführer auf.

      »Doch, doch«, erwidert José Maria, wendet sich vom Fenster ab und geht zu einem weiteren Regal.

      Plötzlich dreht sich der Schlüssel knarzend im Schloss und die Tür öffnet sich.

      »Haben Sie gefunden, was Sie suchten?«

      »Ja, wir sind einen großen Schritt weitergekommen, vielen Dank für Ihre Gastfreundschaft«, erwidert Jesús. Dann stellt er den Reiseführer zurück in das Regal, zieht die weißen Handschuhe aus und legt sie auf den großen Tisch in der Mitte des Raumes. »Es könnte nur sein, dass wir nochmals kommen müssen.«

      »Wenn Sie meinen. Aber rufen Sie vorher an, damit wir einen Termin vereinbaren können.«

      Der Hausherr ist auch diesmal wenig zum Reden aufgelegt. Seine Körpersprache hat etwas hektisch Abweisendes, als wenn er es nicht erwarten könnte, die schwere alte Haustür hinter seinen Besuchern wieder zu schließen. Bei der spärlichen Beleuchtung auf dem Weg nach unten strauchelt Jesús auf der Treppe. Er versucht, sich am Geländer festzuhalten, doch das gelingt ihm nicht. Er fällt ein paar Treppenstufen hinab. Dabei reißt er den Hausherrn ungewollt mit. Mühsam rappelt Xisko sich wieder auf. Bei dem Sturz ist ihm die Sonnenbrille von der Nase gerutscht. Sein zugeschwollenes, blau-grün verfärbtes Auge ist deutlich zu sehen.

      Kapitel 9

      Valdemossa. Das kleine Bergdorf im Nordwesten der Insel mit seinem Kartäuserkloster und den engen


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