Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman. Toni Waidacher

Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman - Toni Waidacher


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zu verhindern wissen«, versprach Max augenzwinkernd und nahm noch eine Kelle von dem Eintopf.

      *

      Christian Wiltinger war ratlos. Vor drei Tagen hätte seine Verlobte ihre Arbeit wieder aufnehmen sollen, doch sie schien verschollen, denn sie war weder in dem Zug gewesen, mit dem sie hätte ankommen sollen –, Christian hatte vergeblich auf dem Bahnhof auf sie gewartet – noch hatte sie sich sonst irgendwie gemeldet. Seine Angst und Sorge um das geliebte Madel wuchsen stündlich. Was konnte da nur geschehen sein? Er hatte schon bei der Polizei und in verschiedenen Krankenhäusern angerufen, doch nirgendwo fand sich eine Spur von ihr. Der junge Filialleiter war sicher, daß Veronika nicht in der Lage war, ein Lebenszeichen von sich zu geben. Sie hatte überhaupt keinen Grund, so sang- und klanglos zu verschwinden. Beide waren sich ihrer Liebe sicher, sogar der Hochzeitstermin stand schon fest, und in der Bank, wo Veronika in der Kreditabteilung arbeitete, stand ebenfalls alles zum besten.

      Was also war nur geschehen?

      Nachdenklich ging Christian Wiltinger an die große Karte, die an der Wand hinter seinem Schreibtisch hing. Sie zeigte den Freistaat Bayern mit den angrenzenden Ländern. Suchend fuhr sein Finger über das Papier.

      Wie hieß doch gleich das Dorf, in dem Veronika diesen Verwandten, Urban Brandner, hieß er, vermutete? Richtig – Sankt Johann. Wo mochte das nur liegen?

      Typisch, dachte der junge Mann, im Urlaub fliegt man nach Mallorca oder sonstwohin, aber in der Heimat, da kennt man sich net aus. Endlich fand er es, mitten in den Alpen.

      Jemand klopfte an seine Bürotür, und auf seinen Ruf traten Ines Ambach und Andreas Föringer ein. Sie arbeiteten ebenfalls in der Bank und waren mit Christian und Veronika auch privat befreundet. Die beiden hatten sich An­dreas und Ines als Trauzeugen ausgesucht.

      »Noch immer keine Nachricht?« fragte Andreas.

      Sowohl er, als auch Ines machten ein besorgtes Gesicht.

      Christian schüttelte den Kopf.

      »Es ist wie verhext!«

      Er deutete auf die Karte.

      »Ich überlege, ob ich nicht hinfahren und sie suchen soll«, sagte er.

      »Ich glaube, das ist eine gute Idee«, stimmte Ines zu. »Wer weiß, was dahintersteckt, daß Veronika sich nicht meldet. Vielleicht ist es nur dort zu klären.«

      »Nur zu«, ermunterte Andreas den Freund. »Die Bank ist bei mir in besten Händen.«

      Er war der stellvertretende Filialleiter.

      »Ich weiß, daß ich mich auf dich verlassen kann«, erwiderte Christian Wiltinger und schaute auf die Uhr. »Es ist erst zehn. Wenn ich gleich losfahre, kann ich am frühen Abend dort sein.«

      Er zeigte den beiden, wo Sankt Johann lag.

      »Hoffentlich findest du Veronika«, sagte Ines. »Irgendwie unheimlich ist es schon. Alleine der Gedanke – ein Mensch verschwindet doch net so einfach!«

      Christian verabschiedete sich von ihnen und fuhr nach Hause. Eilig packte er ein paar Sachen in eine Reisetasche und stieg wieder in seinen Wagen. Wenig später war er schon auf der Autobahn. Obwohl er sich auf den Verkehr konzentrieren mußte, waren seine Gedanken doch immer wieder bei dem Madel. Er brannte darauf, Veronika zu finden und herauszubekommen, was da geschehen war.

      Hoffentlich…, nein, den schlimmsten Gedanken wollte er gar nicht erst denken. Eine innere Stimme sagte ihm, daß es seiner Verlobten gut ging. Diese Hoffnung wollte er nicht verlieren.

      *

      Wie nach jeder Messe, stand Pfarrer Trenker an der Kirchentür und verabschiedete die Gläubigen. Am letzten Sonntag waren einige von ihnen mit gesenkten Köpfen aus dem Gotteshaus geschlichen, nach dem Donnerwetter, das der Herr Pfarrer auf sie hatte niederprasseln lassen.

      Von Selbstherrlichkeit hatte er gesprochen, und von der Dummheit in den Köpfen mancher Leute. Natürlich ohne einen Namen zu nennen, aber die, welche er meinte, wußten Bescheid und fühlten sich auch angesprochen.

      Burgl Anderer kam als eine der letzten heraus. Sie gab Sebastian Trenker die Hand.

      »Dank’ schön, Herr Pfarrer, für alles, was Sie für meinen Buben getan haben«, sagte sie mit Tränen in den Augen.

      »Ist schon recht, Burgl«, nickte Sebastian ihr aufmunternd zu.

      »Er ist kein schlechter Junge«, sprach Burgl weiter. »Es lief nur net alles so, wie er es sich gedacht hatte.«

      »Ich weiß, und ich werd’ alles tun, was in meiner Macht steht, um ihm zu helfen.«

      »Danke, Hochwürden, vielen, vielen Dank.«

      Die verhärmte, vor Kummer und Plagen gebeugte Frau, die ihr ganzes Leben lang gearbeitet hatte und doch nie auf einen grünen Zweig gekommen war, kämpfte sichtbar mit den Tränen.

      »Ich wünsch dir noch einen schönen Sonntag«, verabschiedete der Geistliche sie und ging dann in die Kirche zurück.

      Die Meßdiener hatten schon ihre Utensilien abgelegt und warteten darauf, entlassen zu werden. Sebastian steckte jedem von ihnen ein Geldstück zu.

      »Für ein Eis. Aber erst nach dem Mittagessen.«

      »Dank’ schön, Hochwürden«, riefen die beiden und rannten los.

      Sebastian hängte die Soutane in den Schrank in der Sakristei und machte sich dann auf den Weg in das Pfarrhaus, wo Sophie Tappert schon mit dem Sonntagsbraten wartete. Natürlich war auch Max da, und eben kam Dr. Wiesinger um die Ecke. Er war heute im Pfarrhaus zum Essen eingeladen, hatte aber nach dem Kirchgang noch nach einem Patienten sehen müssen, der bettlägerig war. Sebastian fiel die kummervolle Miene des Arztes auf.

      »Wie geht’s dem Teubner-Franz?« fragte er.

      »Oh, recht gut«, antwortete der Arzt. »Ich denke, in ein paar Tagen ist er wieder ganz gesund.«

      Franz Teubner hatte sich bei der Apfelernte einen Hexenschuß zugezogen und war dabei von der Leiter gefallen. Zum Glück hatte er sich nichts gebrochen, aber schmerzhaft war es ohnegleichen.

      »Ich dachte schon… Sie schauen ein wenig bedrückt. Ist sonst etwas nicht in Ordnung?«

      »Das kann man wohl sagen«, schnaubte der junge Arzt. »Ich mache mir große Sorgen um den Lärchner.«

      »Wieso, was ist mit ihm? Er war doch schon wieder auf dem Wege der Besserung.«

      Sebastian ließ seinen Gast in das Eßzimmer eintreten, wo Max schon wartete. Dieser Raum wurde meistens nur dann benutzt, wenn weiterer Besuch da war, oder an Feiertagen. Sebastian saß und aß auch gerne in der gemütlichen Wohnküche des Pfarrhauses. Doch heute hatte Sophie Tappert den Tisch im Eßzimmer festlich gedeckt und eine Flasche Wein kalt gestellt. Das Essen dauerte noch ein paar Minuten, und so hatten die Männer Zeit, sich noch etwas über den Lärchner-Bauern zu unterhalten.

      »Man müßte diesem Scharlatan das Handwerk legen«, schimpfte Toni Wiesinger.

      Der junge Arzt hatte ohnehin keinen leichten Stand bei den Dörflern, und nun noch dies!

      Dem Pfarrer schwante, wen der Arzt mit Scharlatan meinte.

      »Doch net etwa der Brandhuber-Loisl?« fragte er.

      »Doch, genau der«, nickte der Arzt und nahm dankend das Glas Sherry entgegen, das Max ihm reichte.

      Und dann erzählte er, welchen Kummer er mit Alois Brandhuber hatte.

      Ähnlich wie die Familie Anderer, hauste der Brandhuber in einer Holzhütte, etwas außerhalb des Dorfes. Niemand wußte, wovon der Alte lebte. Er sah immer unrasiert und schmuddelig aus, und stand in dem Ruf ein ›Wunderheiler‹ zu sein. Angeblich zog er bei Vollmond los, um bestimmte Kräuter und Blumen zu sammeln, die er zu den verschiedensten Tees und Salben verarbeitete, die er an die Leute verhökerte.

      Nicht nur Touristen gaben ihr Geld dafür her, auch Einheimische ließen sich immer wieder darauf


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