Heimat-Heidi 31 – Heimatroman. Stefanie Valentin

Heimat-Heidi 31 – Heimatroman - Stefanie Valentin


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hat nie einen Ton deswegen gesagt, ihn hat nur eine unendliche Traurigkeit befallen. Du hast ihn ja heute abend erlebt. So ist er seitdem.«

      Heidi sah Biggi betroffen an. »Oje, das ist natürlich eine Sache, die weniger schön ist.«

      »Das sag’ ich ja«, erwiderte Biggi, »wie kann ein Mann wie er sich nur so hängen lassen?«

      »Mal langsam«, murmelte Heidi, »das hab’ ich nicht gemeint, als ich sagte, daß dies eine weniger schöne Sache sei.«

      »Was denn…?«

      »Biggi…!« Heidi sah die hübsche Lehrerin aufmerksam an. »Ist dir nicht klar, wie sehr du Rainer verletzt hast, indem du was mit einem anderen Mann hattest? Du kannst doch nicht verlangen, daß er danach zur Tagesordnung übergeht.«

      Biggi winkte ab. »Ach, das mit dem anderen war nichts, das hatte keine Bedeutung.«

      »Das ist Unsinn«, erwiderte Heidi, »wenn es keine Bedeutung für dich gehabt hätte, hätte es nicht stattgefunden. Und selbst wenn es im Nachhinein für dich keine Bedeutung hatte, so hat es doch Bedeutung für Rainer.«

      Biggi zündete sich schon wieder eine Zigarette an. Dann bat sie Heidi um einen weiteren Obstler.

      »Mir ist danach«, sagte sie, »irgendwie bekomme ich alles nicht so geregelt, wie ich es gerne möchte.«

      Heidi brachte den Obstler, und Biggi trank ihn rasch aus, wobei sie wieder das Gesicht verzog.

      »Hast du mit Rainer darüber geredet?« fragte Heidi.

      Biggi lachte kurz auf. »Wie käm’ ich dazu?«

      »Rainers Seele ist verletzt«, sagte Heidi, »das sieht man ihm auf große Entfernung an. Alles an ihm ist anders als voriges Jahr. Ich glaube nicht, daß die Angelegenheit sich von alleine regelt. Du wirst mit ihm reden müssen. Wenn du nicht mit ihm geredet hast, weiß er doch nicht mal, daß es keine Bedeutung für dich hatte.«

      Biggi erhob sich wieder und ging erneut in der alten Gaststube auf und ab. Sie wirkte wie ein Tier in einem Käfig.

      »Vor allem wie du Rainer behandelst«, sagte Heidi, »das kommt nicht gut bei ihm an. Zu seiner seelischen Verletzung zeigst du deine Mißachtung überdeutlich. Ich weiß, warum es sich bei dir so zeigt. Du hast ein schlechtes Gewissen, und die Psychologie sagt, daß es einen Weg in die Offensive sucht.«

      Plötzlich rannen Tränen über Biggis Gesicht.

      »Ich weiß nicht, was mit mir los ist«, schluchzte sie. »Rainer ist die Liebe meines Lebens. Er ist ein toller Typ. Doch plötzlich fühlte ich mich total eingebunden bei ihm. Ich meinte, keine Luft mehr zu bekommen.«

      »Und du meintest, die bekommst du, indem du dich auf einen Seitensprung einläßt?« Heidi schüttelte den Kopf. »Das macht dich nicht frei, ganz im Gegenteil, es macht dich unfrei. Du siehst doch, was bei dir und Rainer herausgekommen ist.«

      Da begann Biggi endgültig zu weinen. Tränen über Tränen rannen ihr übers Gesicht. Bis sie plötzlich aufstand, tief durchatmete und sagte, sie gehe jetzt ins Bett.

      »Hast du irgendwo ein Zimmer leerstehen?« fragte sie. »Ich kann heute nicht neben Rainer liegen…!«

      *

      »Grüß dich, Großvater…!«

      Mizzi Kramer küßte ihren Großvater auf beide Wangen. »Jetzt bin ich wieder mal für längere Zeit da, wenn’s recht ist.«

      Mizzi war zweiundzwanzig Jahre alt, zierlich, wunderschön und sie hatte das, was man einen natürlichen Charme nennt. Wenn sie lächelte, strahlte das auf ihre Umgebung ab, und Menschen, denen es nicht besonders gut ging, vergaßen ihre Sorgen, wenn Mizzi in der Nähe war.

      Mizzi hatte nach dem Abitur eine Hotelfachschule besucht und nachdem sie diese abgeschlossen hatte, war sie bei Clemens Haubner in Mittenwald, der dort ein weithin bekanntes Feinschmeckerlokal, die »Werdenfelser Stuben« betrieb.

      »Grüß dich, mein Madel«, erwiderte Ambros Kramer, »es ist schön, daß du ein paar Tage bleibst. Hat der Haubner-Clemens dir wieder aufgetragen, einige Gerichte bei uns auszuprobieren?«

      Mizzi nickte. »So ist es. Wir haben sie zweimal durchgekocht und einige Dinge, die wir besprochen haben, sollten noch verfeinert, beziehungsweise geändert werden.«

      »Und das soll wieder bei uns stattfinden…!« Ambros Kramer grinste. »Wir sind inzwischen also so was wie eine Filiale der ›Werdenfelser Stuben‹.«

      Mizzi lachte. »Wenn du so willst, ja.«

      »Dann müssen wir uns nur rechtzeitig um die Zutaten bemühen«, sagte ihr Großvater, »das war ja letztens ein bissel schwierig.«

      »Der Clemens hat mir eigentlich alles mitgegeben«, erwiderte Mizzi, »und Salate und Gemüse hab’ ich eben von einem erstklassigen Lieferanten aus Kempten mitgebracht.«

      »Dann brauchen wir nichts zu holen?« Ambros Kramer sah seine Enkelin fragend an.

      Die nickte. »Ich muß die Sachen jetzt aber erst mal ins Kühlhaus geben. Wein hast du wie immer gescheiten da?«

      Ambros Kramer nickte. »Ja, aber ich propagier’ inzwischen verschiedene Wasser.«

      »Wie bitte?«

      »Ich biet’ den Gästen verschiedene Wasser an«, antwortete Ambros. »Inzwischen sitzen s’ da und lassen sich das Wasser auf der Zunge zergehen. Ich find’ das toll.«

      »Da schau her«, erwiderte Mizzi, »interessant.«

      »Was soll’s denn heut’ abend geben?« fragte ihr Großvater. »Oder ist das wieder eine Überraschung?«

      »Eine Überraschung ist es schon«, antwortete Mizzi. »Aber es wird was vom Lamm und was von Enten geben. Wir bieten auch ein Rehgericht an.«

      »Da müssen wir uns aber sputen…!«

      Mizzi sah auf die Uhr. »Gar net mal. Der Clemens sagt immer, daß man viel zuviel querdenkt. Das einfache Kochen sei noch immer das Beste. Ein bissel verfeinert vielleicht und schon bist ganz oben.«

      Ambros lächelte. »Wenn ich dran denk’, wie wir hier angefangen haben und heut’ kommen Leut’ aus Immenstadt und Kempten her zu uns in die Lohmühl’.«

      »Tja…«, Mizzi zuckte mit den Schultern, »so ist das Leben. Wir bieten natürlich auch was Extras. Und dafür fahren die Leut’ auch schon mal den einen oder anderen Kilometer.«

      »So«, ihr Großvater zeigte in Richtung Küche, »jetzt wollen wir nimmer länger herumreden, sondern was tun. Übrigens kommen heut’ abend fünf Gäst’ vom Bergerhof. Die Heidi hat angerufen und gesagt, du sollst dich mal bei ihnen anschauen lassen.«

      Mizzi nickte. »Das werd’ ich auf jeden Fall tun. Ich bin ganz glustrig drauf, wieder mal ein bissel zu tratschen…!«

      *

      »Und?« Heidi sah ihre Gäste am nächsten Morgen nach dem Frühstück fragend an. »Wie war’s in der Lohmühle?«

      »Super«, antwortete Ulla. »Ich hab’ noch nie so ausgefallen gegessen.«

      Jürgen nickte. »Es war wirklich toll. Vor allem hat wohl die Enkelin des Küchenchefs einige Ideen eingebracht, das hat er jedenfalls gesagt.«

      »Die Mizzi arbeitet gewöhnlich in den ›Werdenfelser Stuben‹ in Mittenwald«, erklärte Heidi, »sie kommt dann ab und zu nach Hause und probiert dort, was noch nicht ganz so ist, wie Clemens Haubner es sich vorstellt. Habts ihr die Mizzi gesehen?«

      Ulla und Jürgen schüttelten die Köpfe. »Wieso fragst du?«

      »Sie ist ein ausnehmend apartes Mädel«, antwortete Heidi.

      »Aha…!« Biggi sah Rainer ärgerlich an. »Deswegen warst du so aufgekratzt, als du aus der Küche gekommen bist. Die Kleine hat dir wohl gefallen?« Dann sah sie Heidi an. »Ist sie zierlich, brünett und macht auf


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