Butler Parker 178 – Kriminalroman. Günter Dönges
er engagierte Gegner.«
»Warum will man ihm an den Kragen, Mr. Parker?«
»Mr. Bernie Craine pflegt seine Klienten gern zu betrügen und zu übervorteilen.«
»Natürlich hat er diese Autodiebe zu mir nach Shepherd’s Market geschickt«, wußte die ältere Dame wieder mal genau.
»Mr. Bernie Craine könnte zumindest wissen, wer diese Diebe geschickt hat.«
»Sie haben mich neugierig gemacht, Parker.« Sie ließ sich wieder in die Rückpolster sinken und hing ihren Gedanken nach. Dann kam ihr plötzlich eine Idee.
»Wird in diesem Nachtclub gespielt?« erkundigte sie sich.
»Mylady denken sicher an Glücksspiele diverser Art?«
»Natürlich«, meinte sie, »ich könnte ja vielleicht die Unkosten wieder hereinholen, die ich mit dem Abendessen hatte.«
»Solch eine Möglichkeit wird sich wahrscheinlich ergeben, Mylady.« Parker wußte nur zu genau, daß seine Herrin diese Ausgaben noch längst nicht verschmerzt hatte.
»Erinnern Sie mich an ein nettes Spielchen«, sagte sie nachdrücklich, »eine Frau wie ich muß jede Möglichkeit nutzen, um ein paar Pennies zu verdienen.«
Parker verzichtete auf eine Antwort und konzentrierte sich auf die Fahrbahn. Auch er dachte an den Diebstahl der beiden Luxuswagen und konnte sich kaum vorstellen, daß es sich dabei um eine Gelegenheitsarbeit gehandelt hatte. Seiner Ansicht nach waren die beiden Wagen gezielt gestohlen worden. Und das konnten nur Kriminelle getan haben, die solche Wagen auch wieder abzusetzen vermochten.
»Der Privatclub«, meldete Parker nach einer kleinen Weile. Er fuhr mit dem hochbeinigen Monstrum an einem Baldachin vorüber, der von einer normalen Haustür bis an den Bordstein führte. Rechts von der völlig glatten und schmucklosen Tür war ein kleines Bronzeschild angebracht, das den Namen des Clubinhabers zeigte. Sonst deutete nichts auf einen privaten Nachtclub hin.
»Kein Parkplatz, keine Autos?« fragte Lady Agatha enttäuscht.
»Die Wagen dürften in einer Sackgasse links der Häuserzeile stehen«, erwiderte der Butler, »sie werden wahrscheinlich diskret und gut bewacht.«
»Diesen Parkplatz werde ich mir später ansehen«, erwiderte Agatha Simpson.
»Möglicherweise umgehend, Mylady?« fragte Josuah Parker, »man könnte und sollte den Privatclub vielleicht durch einen Seiteneingang betreten. Mylady hätten dann den Vorzug, überraschend in Erscheinung treten zu können.«
»Genau das wollte ich natürlich gerade vorschlagen«, lautete ihre Antwort, obwohl sie von der Sackgasse und einem Seiteneingang nichts gewußt hatte. Aber um nichts in der Welt hätte sie so etwas zugegeben.
Parker bremste leicht seinen Wagen und fuhr in die Sackgasse. Nach wenigen Metern hielt er vor einem Schlagbaum, hinter dem ein großer, breitschultriger Mann stand, der einen fußlangen Mantel und eine Art Militärmütze trug.
Als das hochbeinige Monstrum stand, kam der Mann um den Schlagbaum herum, salutierte und beugte sich zu dem Wagenfenster hinab.
»Man erlaubt sich, einen wunderschönen Abend zu wünschen«, grüßte Josuah Parker gemessen und höflich, nachdem er das Seitenfenster herabgelassen hatte, »würden Sie freundlicherweise einen prüfenden Blick auf diesen Gegenstand in meiner Hand werfen?«
Der Mann nickte und beugte sich noch weiter vor. Er hätte es besser nicht getan!
*
Parker drückte auf den Knopf der kleinen Sprayflasche in seiner Hand. Worauf der Mann zurückfuhr und hustete. Dann langte er in die rechte Tasche seines fußlangen Mantels und schniefte. Mit der linken Hand wischte er sich durch das feucht gewordene Gesicht, vergaß darüber, was er aus seiner Manteltasche hervorziehen wollte, lachte unvermittelt entspannt und heiter, wischte erneut durchs Gesicht und rieb sich so, ohne es zu wollen, den Spray noch intensiver in die Augen, die bereits nachdrücklich tränten.
»Hatten Sie eventuell die Absicht, eine Schußwaffe zu ziehen?« fragte der Butler, während er ausstieg. Er stand dicht vor dem Schrankenwärter und langte mit der rechten Hand in die bewuße Manteltasche.
Diese Hand, die von einem schwarzen Lederhandschuh umgeben war, bewegte sich dabei recht geschmeidig. Die Finger fanden tatsächlich eine Schußwaffe, die Sekunden später in Parkers Manteltasche verschwand.
»Mr. Craine hat Besuch?« erkundigte sich Parker.
»Eben gekommen«, antwortete der Mann lächelnd und machte dabei einen etwas versonnenen Eindruck, »zwei tolle Typen sind da bei ihm, aber die kenn’ ich nicht.«
»Sie sollten sich jetzt ein wenig der Ruhe hingeben«, schlug Parker dem Mann vor, »die Nacht ist noch sehr lang, wie ich bemerken möchte.«
»Ich hau’ mich in meinen Glaskasten«, meinte der Schrankenwärter und deutete auf einen Verschlag, der hinter einem Mauervorsprung in Teilen auszumachen war. Dann setzte er sich in Bewegung und war bald darauf verschwunden.
»Sie haben wieder mal Zeit verschwendet, Mr. Parker«, ließ Agatha Simpson sich vernehmen, nachdem der Butler ihr die hintere Wagentür geöffnet hatte, »ich hätte so etwas anders und schneller erledigt.«
Sie ließ ihren perlenbestickten Pompadour pendeln, einen Handbeutel an langen Schnüren, wie ihn die Damen um die Jahrhundertwende trugen. Sie meinte allerdings eindeutig ihren sogenannten Glücksbringer im Pompadour, nämlich ein echtes, großes Pferdehufeisen, das nur oberflächlich in dünnen Schaumstoff gewickelt war.
»Mylady werden mit einiger Sicherheit noch sehr nachdrücklich werden müssen«, entgegnete der Butler, »wenn es gestattet ist, wird meine Wenigkeit vorausgehen.«
Er wartete die Erlaubnis allerdings nicht ab, sondern setzte sich in Bewegung. Parker kannte sich hier in etwa aus. Vor Jahresfrist war er schon mal in diesem Club gewesen und hatte dabei Ortskenntnisse gesammelt. Lady Agatha folgte energisch. Man sah es ihr deutlich an, daß sie darauf brannte, sich endlich mal wieder betätigen zu können.
Parker hatte einen Seiteneingang erreicht, der selbstverständlich geschlossen war. Für ihn war das jedoch kein Hinderungsgrund. Mit seinem Spezialbesteck, das oberflächlich an das eines passionierten Pfeifenrauchers erinnerte, brachte Parker das Yale-Schloß dazu, sich umgehend zu öffnen. Parker drückte die Tür auf und betrat einen schmalen Korridor, der mit einem Teppichläufer ausgelegt war. Man hörte leise Musik aus der Tiefe des Hauses, wenig später das Klirren von Gläsern und Geschirr. Parker und Lady Agatha passierten eine nur angelehnte Tür, die den Blick in die Küche des Privatclubs gestattete. Nachdem sie eine vierstufige Treppe hinter sich gebracht hatten, erreichten sie eine Art Lichthof, auf den einige Türen mündeten. Die Musik war jetzt besser zu hören.
Josuah Parker hielt auf eine der Türen zu und zuckte mit keiner Wimper, als sie plötzlich geöffnet wurde. Ein drahtiger Mann, vielleicht dreißig Jahre alt in tadellos geschnittenem Smoking blieb überrascht stehen und musterte Parker und Lady Agatha.
»Wo kommen Sie denn her?« fragte er.
»Kann man davon ausgehen, daß Sie schweigen können?« stellte Parker die Gegenfrage, während er höflich die schwarze Melone lüftete.
»Natürlich kann ich schweigen«, reagierte der junge Mann verblüfft.
»Meine Wenigkeit ebenfalls«, betonte Josuah Parker und ... setzte dann die Wölbung seiner Kopfbedeckung auf die Stirn des Mannes. Da die Melone mit Stahlblech gefüttert war, rutschte der Getroffene wieder gegen die Tür, öffnete sie ungewollt und war dann nicht mehr in der Lage, weitere Fragen zu stellen.
*
Die drei beleibten Männer in einem komfortabel eingerichteten Büro nahmen erst mit einiger Verspätung wahr, daß sich Besuch eingestellt hatte. Bernie Craine, dick, groß und mit einer Halbglatze versehen, stemmte sich aus seinem Ledersessel und blickte Parker völlig irritiert an. Die beiden anderen Männer, gut und gern einen Kopf kleiner, waren nur neugierig. Sie hatten eindeutig