Butler Parker 178 – Kriminalroman. Günter Dönges
zusammenzuarbeiten. Dazu war dieser Mann einfach zu gerissen. Er agierte aus dem Hintergrund und hielt sich stets bedeckt. Bernie Craine war bisher nie ein unnötiges Risiko eingegangen.
»Werde ich bereits verfolgt?« lautete Myladys nächste Frage. Parker hatte bereits mit ihr gerechnet.
»Bisher vermochte meine Wenigkeit keinen auffälligen Wagen auszumachen, Mylady.«
»Das ist eigentlich eine Frechheit«, grollte die ältere Dame.
»Man könnte Mylady in der Firma des Mr. Jimmy Stoker erwarten.«
»Wer ist Jimmy Stoker?« Sie hatte wieder mal den Namen vergessen.
»Der Verleiher von Lastwagen, dessen Adresse Mr. Craine nannte.« Parkers höfliche Geduld war einfach nicht zu erschüttern.
»Die Dinge passen haargenau ineinander«, redete Agatha Simpson munter weiter. »Ich habe natürlich bereits über Einzelheiten nachgedacht, Mr. Parker, und weiß jetzt, nach welcher Methode die Auto-Gangster arbeiten.«
»Mylady sehen in meiner Wenigkeit einen äußerst interessierten Zuhörer.«
»Die gestohlenen Wagen werden zu diesem Lkw-Verleih gebracht, dort umgespritzt und dann mit falschen Papieren in irgendeinen kleinen Hafen gebracht, von wo aus man sie hinüber auf den Kontinent schafft.«
»Mylady dürften mit dieser Theorie bereits den oft zitierten Nagel auf den Kopf getroffen haben.«
»Ich weiß, ich weiß.« Sie lächelte wohlwollend. »Mir kann man eben nichts vormachen. Übrigens habe ich vor einigen Wochen einen Kriminalfilm im Fernsehen gesehen, in dem man ähnlich vorging.«
»Das Problem besteht in der Tat darin, die gestohlenen Luxuswagen außer Landes zu schaffen«, erklärte Josuah Parker, »nur auf dem Kontinent oder im noch weiter entfernten Ausland dürften diese Wagen abzusetzen sein.«
»Ich sehe alles ganz deutlich vor mir«, behauptete Lady Agatha, »um die Details, Mr. Parker, dürfen Sie sich kümmern. Ich lasse Ihnen da wieder völlig freie Hand. Für Sie muß es doch eine Kleinigkeit sein, den Verladehafen ausfindig zu machen.«
»Meine Wenigkeit wird sich immer strebend bemühen, Mylady. Vielleicht sollte man aber vorher noch herausfinden, ob es sich bei dem Diebstahl der beiden Wagen tatsächlich nicht nur um einen Einzelfall handelt.«
»Gut, Mr. Parker, auch das dürfen Sie noch übernehmen«, entschied sie, »auch Sie sollen mal ein Aha-Erlebnis haben. Ich gönne es ihnen von Herzen.«
»Mylady sind wieder mal zu gütig.«
»So ist meine Natur, Mr. Parker. Übrigens, werde ich noch immer nicht verfolgt?«
»Man scheint Mylady in Sicherheit wiegen zu wollen«, erwiderte der Butler höflich.
»Das wird es sein.« Sie war beruhigt. »Aber man wird sich wundern, Mr. Parker. Als ehemalige Pfadfinderin bin ich allzeit bereit.«
Parker hielt es für angebracht, darauf nicht näher einzugehen. Ihm war allerdings klar, daß wieder ein mittelgroßes Chaos auf ihn wartete.
*
Das zweiflügelige Tor im Bretterzaun war weit geöffnet und lud förmlich zum Nähertreten ein. Am hinteren Ende des großen Platzes war eine Lagerhalle auszumachen. Im ersten Stock waren einige Fenster beleuchtet. Selbst nach Mitternacht schien man in Jimmy Stokers Betrieb noch zu arbeiten.
Vor der Lagerhalle und rechts davon in Parktaschen standen Lastwagen aller Art, schwere Krangeräte, Spezial-Schwertransporter und kleinere Kastenlieferwagen. Jimmy Stokers Betrieb machte einen durchaus seriösen Eindruck. Hier schien man nichts verbergen zu wollen. Peitschenlampen erhellten den Parkplatz.
»Nun, Mr. Parker, was halte ich davon?« erkundigte sich Lady Agatha. Der Butler hatte sein hochbeiniges Monstrum vor dem Tor gestoppt, damit man sich einen ersten Überblick verschaffen konnte.
»Die Firma Stoker macht einen durchaus seriösen Eindruck, Mylady.«
»Dieser Eindruck täuscht natürlich«, gab sie zurück, »in der Lagerhalle ist man schon dabei, die beiden gestohlenen Wagen umzufrisieren.«
»Mylady beabsichtigen, einen prüfenden Blick in die Lagerhalle zu werfen?« erkundigte sich Josuah Parker.
»Worauf warten Sie noch, Mr. Parker?« Sie nickte nachdrücklich und machte sich einsatzbereit. Dann prüfte sie den sogenannten Glücksbringer im Pompadour und griff nach den beiden Hutnadeln, die das skurrile Modegebilde in ihrem Haar festhielten. Sie erinnerten an kleine Bratspieße.
Josuah Parker hatte den Gang eingelegt und fuhr auf das Grundstück. Im Rückspiegel beobachtete er das Tor und wartete eigentlich darauf, daß es sich schloß. Erstaunlicherweise war dies aber nicht der Fall.
Vor dem Lagerhaus angekommen, hielt Parker und blieb am Steuer sitzen.
»Worauf warte ich denn jetzt?« erkundigte sich Agatha Simpson grollend.
»Man müßte das Nahen des Wagens unbedingt wahrgenommen haben, Mylady«, gab Josuah Parker zurück, »nach Lage der Dinge müßte recht bald ein Mitarbeiter der Firma erscheinen.«
»Ich lasse mich überraschen.« Sie lehnte sich wieder zurück. »Ich habe gute Nerven und kann warten.«
Parker setzte natürlich auf die Schußsicherheit seines Wagens. Mit normalen Feuerwaffen konnte man gegen Insassen nichts ausrichten. Dieser Schutz hatte sich in der Vergangenheit schon häufig bewährt und Leben erhalten.
Die Sekunden verstrichen, und Lady Agatha bewies recht bald, wie einmalig gut ihre Nerven waren. Sie räsonierte, als sich nichts tat, wollte aussteigen und die Lagerhalle stürmen, doch Parker brachte sie dazu, weiter sitzen zu bleiben. Als eine Minute vergangen war, wurde Agatha Simpson ärgerlich.
»Diese Subjekte haben Zeit, wichtige Spuren zu verwischen«, mäkelte sie aufgebracht, »Mr. Parker, Sie begehen wieder mal einen Kardinalfehler.«
»Für den meine Wenigkeit sich bereits jetzt entschuldigen möchte«, erwiderte der Butler. Bevor er noch etwas hinzufügen konnte, fiel plötzlich ein Lichtschein in das Halbdunkel vor dem Lagerhaus. Eine Tür war weit geöffnet worden. Ein untersetzter Mann, der von einem Wachhund begleitet wurde, trat ins Freie und näherte sich dem hochbeinigen Wagen.
»Es geht eben nichts über starke Nerven«, meinte die Detektivin selbstzufrieden, »meiner Geduld ist man nicht gewachsen.«
»Mylady sind in allen Lebenslagen ein Vorbild«, behauptete Josuah Parker und blickte in den Außenspiegel. Er hatte den Eindruck, daß hier eine Art Ablenkungsmanöver inszeniert wurde. Der Mann mit dem Wachhund sollte die Aufmerksamkeit auf sich lenken, damit andere Personen sich an den Wagen pirschen konnten.
Und Parker hatte sich nicht getäuscht ...
Zwei Gestalten waren bereits hinter dem hochbeinigen Monstrum auszumachen, die höchstens noch vier bis fünf Meter vom Wagenheck entfernt waren. Sie hatten sich geduckt und fühlten sich eindeutig unbeobachtet. Für den Butler war es klar, daß er etwas unternehmen mußte. So legte er einen der vielen Kipphebel auf dem reichhaltig bestückten Armaturenbrett um, nachdem er eine Zentralsicherung unter dem Wagenboden gelöst hatte. Unmittelbar nach der Betätigung dieses Hebels war eine Art dumpfer Abschuß zu vernehmen. Aus zwei Düsen unter dem Heck des Wagens schossen pechschwarze Wolken hervor, die die beiden Gestalten völlig einhüllten. Zwei bis drei Sekunden später war bereits ein erstes Husten zu vernehmen, das durchaus gequält und verzweifelt klang.
*
Der Schäferhund bellte hysterisch und riß an der Leine, die der Mann in beiden Händen hielt. Das Tier war wie von Sinnen und zeigte sein ausgeprägtes Gebiß. Dann riß es sich los und jagte auf den Wagen zu.
Parker hatte das Fenster an seiner Seite ein wenig abgesenkt und wartete darauf, daß der Hund die Schnauze in den Fensterspalt zwängte. Der Butler hatte bereits eine kleine Spraydose aus einer seiner vielen Westentaschen geholt und war bereit, einen eventuell aufkommenden Schnupfen des Vierbeiners prophylaktisch zu