Butler Parker Paket 2 – Kriminalroman. Günter Dönges
Sir, würde er mit seinem Leben spielen!«
Rander sah seinen Butler überrascht an, stellte aber keine weiteren Fragen. Er wußte, daß Josuah Parker wieder einmal die richtige Nase gehabt haben mußte.
»Dieses Zigarettenetui, Sir, enthält eine Art Pistole, die mit Preßluft betrieben wird.«
Rander sah zu, was Parker ihm demonstrierte.
Der Butler verwies auf einen schmalen Schieber an der flachen Breitseite des Etuis. Als er diesen Schieber zur Seite bewegte, wurde eine Öffnung frei, die nicht größer war als der Durchmesser einer Zigarette.
»Die Mündung der Waffe«, erläuterte der Butler sach- und fachgerecht.
»Und was verschießt dieses Ding?«
»Mit Sicherheit eine Kartusche, Sir, die wahrscheinlich mit einem schnell wirkenden Gift gefüllt ist. Ich darf an den Tod des Norman Flush erinnern, der als Killer galt, wie Mister Clayton sich auszudrücken beliebte.«
»Blausäure?«
»Sehr wahrscheinlich, Sir. Aber ich möchte mich noch nicht festlegen. Wenn Sie gestatten, werde ich diese Waffe nach unserer Ankunft im Bungalow naher studieren.«
»Und ob ich das erlauben werde. Wie haben Sie übrigens das Mädchen außer Gefecht gesetzt?«
»Zu einem Zigarettenetui, Sir, schien mir ein Feuerzeug zu passen. Ich war so frei, es der jungen Dame zu präsentieren, worauf sie allerdings in eine Ohnmacht fiel, die aber auf keinen Fall gesundheitsschädigend sein wird.«
»Womit war Ihr Feuerzeug gefüllt? Doch weder mit Gas noch mit Benzin, oder?«
»Mit Gas, selbstverständlich. Allerdings mit einem speziellen Schlafgas, wenn ich es so umschreiben darf. Ich fürchte, die junge Dame wird sich nach dem Erwachen nicht besonders wohl fühlen und nur den einen Wunsch haben, so schnell wie möglich in ihr Quartier zu kommen.«
»Es geht ihr wirklich nicht gut«, meinte Rander trocken und wies unauffällig zur Seite. Parker sah in die angegebene Richtung und nickte innerlich.
Die junge Dame mit dem lackschwarzen Haar wurde von einer Boden-Stewardeß durch die Halle geführt und nach draußen zu den wartenden Taxis gebracht. Ihr Gang war reichlich unsicher.
»Wir sollten uns um das Girl kümmern«, schlug Mike Rander unternehmungslustig vor.
»Sehr wohl, Sir.«
»Aber dabei höllisch aufpassen, Parker. Ich habe keine Lust, wie dieser Flush ermordet zu werden.«
Sie folgten unauffällig der Lackschwarzen, die inzwischen bei den Taxis stand. Sie war aber dagegen, von der Boden-Stewardeß in einen wartenden Wagen verfrachtet zu werden. Sie bedankte sich, überquerte die Auffahrt zur Wartehalle und ging dann, immer noch ziemlich unsicher, hinüber zu den Parkplätzen.
Nicht ohne Grund, wie sich zeigte.
Die Lackschwarze wurde erwartet. Aus dem Wagen stieg ein junger Mann von etwa dreißig Jahren. Er ging der Lackschwarzen schnell entgegen, legte seinen Arm um ihre Schulter und brachte sie zurück zu seinem Fahrzeug, das abenteuerlich aussah.
Es handelte sich um einen uralten Rolls-Royce, dessen Blech mit schreiend bunten Pop-Motiven im Jugendstil bemalt war. Wenig später fuhr der Rolls-Royce vom Parkplatz und nahm Kurs auf den breiten, modernen Zubringer.
Rander und Parker saßen längst in einem Taxi.
»Hängen Sie sich vorsichtig an den Rolls-Royce«, sagte Rander zu dem Fahrer, »Sonderprämie für Sie, falls wir dabei nicht auffallen!«
»Die Prämie hab’ ich schon in der Tasche«, meinte der Driver selbstsicher, »die alte Mühle da kann man ja nicht aus den Augen verlieren.«
»Mir scheint, Sir, daß man auch Sie und meine Wenigkeit nicht aus den Augen verliert«, sagte Parker leise, nachdem sie etwa zehn Minuten unterwegs waren. »Ich möchte mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit behaupten, daß wir unsererseits verfolgt werden.«
Rander war zu abgebrüht, um sich sofort umzuwenden und durch das Rückfenster zu sehen. Er lieh sich von Parker den kleinen Spiegel aus, den der Butler bereits aus einer seiner vielen Westentaschen gezückt hatte.
Im Taschenspiegel waren die Verfolger einwandfrei zu erkennen. Es handelte sich um zwei jugendlich aussehende Männer, die Sonnenbrillen trugen und in einem Ford saßen. Sie gaben sich sehr lässig wie zwei junge Leute, die sich die Zeit vertreiben müssen. Sie hatten die Wagenfenster heruntergekurbelt und winkten hin und wieder jungen Mädchen zu, die sie mit ihrem Wagen passierten. Sie wirkten im Grund überzeugend harmlos.
»Sieht so aus, als hätten wir bereits eine heiße Spur aufgenommen«, meinte Rander und reichte Parker den Taschenspiegel zurück, »ich frage mich nur, warum dieser Aufwand getrieben wird?«
»Diese Frage sollte man zurückstellen, Sir. Ich möchte annehmen, daß die weitere Verfolgung des Rolls-Royce sinnlos sein dürfte. Die junge Dame und ihr Begleiter müssen inzwischen längst gewarnt worden sein.«
»Richtig. Steigen wir aus. Wir wollen unseren Fahrer nicht unnötig gefährden.«
Der Taxifahrer konnte mit Sicherheit nichts gehört haben. Aber er steuerte den Wagen plötzlich hart an den Straßenrand und bremste scharf.
»Panne!« rief er Rander und Parker zu, um dann mit einer ungewöhnlichen Schnelligkeit aus dem Taxi zu steigen. Seine Eile steigerte sich, als er den Asphalt unter den Schuhsohlen hatte. Der Mann rannte zu einem nahen Grundstück, wo Wohnwagen zum Verkauf standen. Innerhalb weniger Sekunden war er verschwunden.
»Vorsicht, Sir!«
Parker befand sich wieder einmal in Höchstform und schaltete blitzschnell.
Er klinkte die Wagentür auf und warf eine seiner Spezialzigarren auf die Straße.
Sie kollerte über den Asphalt und platzte mit leichtem Knall auseinander.
Wie durch Zauberei stieg in Sekundenbruchteilen eine undurchdringliche Nebelwand hoch, in die der Ford der beiden Nichtstuer automatisch hineinfuhr.
»Vielleicht sollte man sich empfehlen, Sir!«
Rander hatte längst begriffen. Man hatte eine tödliche Falle bauen wollen. Noch bestand die Chance, dieser Falle zu entwischen.
Er klinkte die Wagentür auf seiner Seite auf und ließ sich hinausfallen. Parker folgte gemessen, aber nicht gerade langsam.
Rander rappelte sich hoch und lief auf die nahen Wohnwagen zu. Parker, der die Lage vielleicht etwas besser übersah, nahm hinter einem Telefonmast volle Deckung.
Nicht zu früh, wie sich zeigte.
Aus der Nebelwand kamen zwei kleine Fußbälle, die unter das Taxi kollerten.
Diese beiden Fußbälle entpuppten sich allerdings Sekunden später als sehr ausgewachsene Bomben, die den Wagen etwa einen Meter in die Luft hoben, ihn dort in seine Bestandteile zerlegten und die Trümmer zurückregnen ließen. Dies alles wurde begleitet von einem scharfen Explosionsknall, von Rauch und Feuer …
»Sehr freundliche Zeitgenossen«, stellte Rander fest und sah hinüber auf die tobende Flammenhölle, in die sich das Auto verwandelt hatte.
»Ich bitte um Vergebung, Sir, daß ich die wirkliche Rolle des Taxifahrers nicht erkannte.«
»Sie haben vielleicht Sorgen«, gab Rander zurück, »verschwinden wir besser. Ich habe keine Lust, bohrende Fragen zu beantworten.«
Parker registrierte die Haltung seines jungen Herrn mit Wohlgefallen. Normalerweise hätte Rander darauf bestanden, die Behörden zu informieren. Als Anwalt fühlte er sich dazu besonders verpflichtet. Da er auf diese Dinge freiwillig verzichtete, schien er sich innerlich sehr engagiert zu haben. Diesmal brauchte er wirklich nicht zur Klärung eines Falles überredet zu werden, wie es nach Parkers Ansicht leider sehr oft geschehen mußte.
»Polizei!« Rander hob den Zeigefinger. Das auf und ab