Butler Parker 174 – Kriminalroman. Günter Dönges
sollte man vorher noch Miß Porter und Mister Rander entsprechend informieren.«
»Tun Sie das, Mister Parker.« Sie nickte huldvoll. »Die guten Kinder wissen bereits Bescheid, worum es geht?«
»Meine Wenigkeit war so frei, Mylady, Miß Porter und Mister Rander noch vor dem Frühstück ins Bild zu setzen.«
»Ich glaube, Mister Parker, ich bin sehr mit Ihnen zufrieden«, verkündete sie und prüfte den Inhalt ihres perlenbestickten Pompadours. Sie vergewisserte sich, daß der sogenannte Glücksbringer sich im Handbeutel befand. Dabei handelte es sich um ein großes Pferdehufeisen, das nur oberflächlich in Schaumstoff eingewickelt war.
Butler Parker stand bereits am Telefon und sprach mit Mike Rander.
»Es empfiehlt sich vielleicht, Sir, Mylady zu folgen«, sagte er, nachdem er kurz von der Absicht gesprochen hatte, Hazel Swinton aufzusuchen. »Es liegt durchaus im Bereich des Möglichen, daß man versuchen wird, Mylady bereits während der Fahrt zu attackieren.«
»Wann fahren Sie los, Parker?« wollte der Anwalt wissen.
»Würden Ihnen fünf Minuten reichen, Sir?«
»Das geht in Ordnung, Parker, kommen Sie an meiner Kanzlei vorbei, dann fädeln wir uns ein.«
»Ich werde bald wissen, wer da draußen auf dem Land auf mich geschossen hat«, meinte die ältere Dame, als Parker vom Telefon zurückkehrte. »Im Grund ist dieser Fall für mich bereits geklärt. Die wenigen unwichtigen Details überlasse ich Ihnen, Mister Parker.«
Der Butler deutete nur eine knappe Verbeugung an. In seinem glatten Gesicht rührte sich auch jetzt kein Muskel.
*
Für einen Augenblick entdeckte Parker im Rückspiegel seines hochbeinigen Monstrums den kleinen Mini-Cooper Kathy Porters. Der Butler hatte die Kanzlei des Anwalts in der Curzon Street passiert und damit das Signal gegeben, Mylady und ihm zu folgen.
Mike Rander, seines Zeichens Anwalt, war nach seiner Rückkehr aus den Staaten von Lady Simpson förmlich vereinnahmt worden. Neben seiner eigentlichen Tätigkeit als Anwalt verwaltete er das immense Vermögen der älteren Dame und wurde dabei von Kathy Porter unterstützt, die die Sekretärin und Gesellschafterin der Lady Agatha war.
Lady Simpson träumte davon, Mike Rander und Kathy Porter miteinander zu verheiraten. Sie tat alles, um dies zu fördern und sorgte dafür, daß die Kinder, wie sie sich gern ausdrückte, möglichst oft zusammen waren.
»Werde ich endlich verfolgt?« fragte sie leicht gereizt nach vorn.
»Momentan läßt sich in dieser Hinsicht nichts Konkretes vermelden, Mylady«, gab der Butler höflich zurück.
»Was denken die Gangster sich eigentlich?« entrüstete sie sich weiter. »Sind Sie sich sicher, Mister Parker, daß Sie auch nichts übersehen?«
»Meine Wenigkeit kann natürlich durchaus einem Irrtum unterliegen«, räumte der Butler ein.
»Wie ist es denn mit diesem Motorradfahrer?« wollte sie wissen und deutete auf einen jungen Mann in roter Lederkleidung, der auf einer japanischen Maschine saß und gerade überholte.
»Es könnte sich selbstverständlich um einen potentiellen Gegner Myladys handeln«, erwiderte Parker geduldig und höflich, während der Motorradfahrer bereits vorbeizog und im Verkehrsgewühl verschwand.
»Wahrscheinlich hat dieses Subjekt sich nicht getraut«, meinte Agatha Simpson verächtlich. »Nun, ich werde wachsam bleiben.«
Sie blieb es in der Tat. Trotzdem ereignete sich nichts während der Fahrt hinunter nach Pimlico. Lange dauerte diese Fahrt nicht. Parker näherte sich bereits dem Churton Place, bog in die entsprechende Straße ein und minderte die Fahrt.
Der Mini-Cooper mit Kathy Porter und Mike Rander war längst verschwunden. Auf Umwegen näherten sich die »lieben Kinder« der entgegengesetzten Straßeneinfahrt, um möglichst unerkannt zu bleiben. Als der Mini-Cooper dann weit unten auf der Straße erschien, steuerte der Butler sein hochbeiniges Monstrum an das Haus heran, in dem laut Nummer Hazel Swinton auf ihn wartete.
Es handelte sich um einen ansehnlichen Backsteinbau mit vier Etagen. Dieser ehemalige hochherrschaftliche Sitz war in Apartment-Wohnungen aufgeteilt worden, die durchweg teuer sein mußten. Die Lage war außerordentlich gut und galt als feine Adresse.
»Wie kann eine Sekretärin sich hier eine Apartment-Wohnung leisten?« fragte die ältere Dame erstaunt.
»Möglicherweise sind die Einkünfte entsprechend«, erwiderte der Butler und hielt. Der Weg vom Straßenrand bis hinüber zum Eingang wurde von einem Baldachin überspannt. Und in der geöffneten Tür machte Parker Hazel Swinton aus, die einen Hosenanzug trug.
Parker entdeckte aber auch einen älteren Herrn, der einen kleinen Cairn-Terrier ausführte und gerade den Baldachin kreuzte. Dieser ältere Herr trug einen einfachen Staubmantel und einen Traveller-Hut. Er hielt eine Zeitung unter dem linken Arm, die zu Boden glitt. Der ältere Herr bückte sich, nahm die Zeitung hoch und klemmte sie sich recht umständlich wieder unter den linken Arm. Dabei wandte er sich ein wenig um und richtete es so ein, daß die vorstehende Zeitung unter dem Arm in eine ganz bestimmte Richtung wies.
Damit wußte Josuah Parker Bescheid.
Er richtete seine Aufmerksamkeit auf die andere Straßenseite und entdeckte dort neben einem parkenden Wagen einen Mann, der Handschuhe trug und damit beschäftigt war, eine Golfschlägertasche in einen japanischen Kleinwagen zu schieben.
Am Steuer dieses Wagens saß ein Mann mit Sonnenbrille.
»Darf man Mylady noch um einen Moment Geduld bitten?« fragte Parker, der bereits in die Innentasche seines schwarzen Zweireihers griff und eine Gabelschleuder hervorzog, die aus schwarz lackiertem Stahl bestand. Aus einer der vielen Westentaschen holte der Butler anschließend eine mehrfach durchlöcherte Plastikkapsel. Er legte dieses seltsame Geschoß in die Lederschlaufe, die mit beiden Gummisträngen verbunden war, zog sie straff durch – und ließ die Kapsel hinüber in den japanischen Kleinwagen zischen.
Hier angekommen, zerplatzte die Glasampulle in der Plastikkapsel und gab eine wasserklare Flüssigkeit frei, die sich sofort mit dem Sauerstoff der Luft zu einem flüchtigen Gas verband.
Das Resultat war frappierend.
Hustend und gestikulierend sprang der Fahrer aus dem Kleinwagen und riß sich die Sonnenbrille vom Gesicht. Parker entdeckte dahinter ein ihm nicht unbekanntes Gesicht. Er hatte es genau mit jenem Untersetzten zu tun, den er im Waschraum des Hospitals dazu überredet hatte, sich auf den gekachelten Boden zu legen.
Der Mann mit der Golftasche wurde kaum weniger irritiert.
Er warf sie weg und rannte hinter seinem Fahrer her, der in einer Seitengasse verschwand. Nur sein Husten war noch laut und deutlich zu vernehmen.
»Was ist denn, Mister Parker?« fragte Lady Agatha, die kaum etwas von diesem Zwischenfall mitbekommen hatte, der sich innerhalb weniger Sekunden ereignete.
»Aus gegebenem Anlaß sah meine Wenigkeit sich gezwungen, Mylady, zwei Gangster dazu zu bringen, das sogenannte Weite zu suchen«, antwortete Josuah Parker höflich und ließ die Gabelschleuder wieder in der Innentasche seines Zweireihers verschwinden.
»Zwei Gangster?« Sie schüttelte den Kopf. »Haben Sie sich da auch nicht getäuscht, Mister Parker?«
»Mister Pickett war so freundlich, entsprechende Hinweise zu geben«, redete der Butler weiter und deutete auf den älteren Herrn, der mit seinem Cairn-Terrier geduldig neben einer Straßenlaterne stand.
»Pickett?« fragte sie überrascht. »Das soll Mister Pickett sein?«
»Er machte ein wenig Maske, Mylady«, erklärte der Butler, »woher er allerdings den Terrier hat, entzieht sich der Kenntnis meiner Wenigkeit.«
»Und wo ist nun mein Schützling?« wollte die Detektivin wissen und blickte wieder zum Eingang des Apartmenthauses hinüber.
»Miß