Butler Parker 128 – Kriminalroman. Günter Dönges

Butler Parker 128 – Kriminalroman - Günter Dönges


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      »Ja, aber...« Kathy Porter spielte ihre Rolle weiter. »Woher wissen Sie denn, daß ich nichts sagen werde? Sie sind doch nicht dabei. Und wenn jetzt ein anderer Zeuge ...? Ich meine ...«

      »Die Sorge brauchst du nicht zu haben, Hübsche.« Der Mann lachte beruhigend und gab sich nach wie vor zivil. »Ich erfahre schon, wie du dich verhalten hast. Alles klar?«

      Kathy nickte nur und ließ nicht erkennen, daß sie blitzschnell überlegte. Wenn dieser Mann ging, hatte sie kaum eine Möglichkeit, ihm vorsichtig zu folgen. Selbst bei aller Geschicklichkeit konnte sie ihr Aussehen nicht so verändern, daß er sie übersah. Auf der anderen Seite durfte sie ihn nicht entwischen lassen. Er war das einzige Bindeglied zu den Gangstern. Und sie konnte davon ausgehen, daß dieser Mann Dinge bei sich trug, die Hinweise auf seine Identität zuließen.

      »Gehört der Herr dort auch zu Ihnen?« fragte sie gespielt ängstlich und deutete hinüber auf die Straße. Der Mann fiel auf diesen einfachen, aber immer wieder wirkungsvollen Trick herein. Er nahm den Kopf herum und ... brach eine Sekunde später in sich zusammen. Er hatte überhaupt nicht mitbekommen, daß Kathy ihn nachhaltig außer Gefecht gesetzt hatte. Kathy hatte Zuflucht zu einem gefährlichen Karateschlag genommen.

      Der Mann schnappte verzweifelt nach Luft, stierte Kathy überrascht an und fiel auf die Knie. Dann rollte er auf die Seite und blieb keuchend liegen.

      Kathy kümmerte sich natürlich um den Hilflosen. Sie durchsuchte blitzschnell die Innentasche des Jacketts und fand eine Brieftasche, die sie in ihrer Umhängetasche verschwinden ließ. Sie sah hoch, als einige Passanten herbeiströmten.

      »Rufen Sie einen Rettungswagen«, bat sie hastig. »Mein Begleiter hat einen Herzanfall bekommen, schnell! Bitte, beeilen Sie sich!«

      *

      »Sie sind ja ein Goldkind, Kathy«, freute sich Agatha Simpson. »Und was haben Sie in der Brieftasche entdeckt?«

      Die Detektivin war von Kathy angerufen, worden. Parker stand neben seiner Herrin und hörte mit dem zweiten Hörer. Selbst er konnte es sich nicht verkneifen, anerkennend zu nicken.

      »Der Mann heißt Marty Ballister, Mylady«, erwiderte Kathy. »Er wohnt in London, Soho, Wells Street. Er muß dort einen Buchladen haben. Mehr geht aus seinen Papieren nicht hervor.«

      »Diesen Lümmel werde ich mir kaufen, Kindchen, seien Sie ganz beruhigt!« Lady Agatha glühte wieder mal vor Begeisterung.

      »Ich werde Ihnen die Brieftasche zuschicken, Mylady«, versprach Kathy und lachte leise. »Wahrscheinlich wird Mister Parker noch mehr entdecken als ich.«

      »Nun, überschätzen Sie Mister Parker nicht«, meinte die ältere Dame. »Auch er kocht nur mit Wasser. Was ist aus diesem Subjekt geworden?«

      »Er hat das Hospital vor etwa fünfzehn Minuten verlassen, Mylady. Er ist jetzt in einer kleinen Fremdenpension am Strand. Ich bin ihm bis dahin gefolgt. Ich ahnte gleich, daß er nicht lange im Krankenzimmer bleiben würde.«

      »Gut recherchiert.« Lady Agatha war weiterhin sehr zufrieden. »Passen Sie auf sich auf, lassen Sie sich nicht erwischen!«

      »Ich glaube kaum, daß er mich wiedererkennt, Mylady. Ich muß jetzt Schluß machen, er kommt gerade aus dem Haus. Ich werde mich später wieder melden.«

      Agatha Simpson legte den Hörer auf, bevor Parker es tun konnte. Sie wandte sich an ihren Butler.

      »Ist sie nicht ein Schatz?« fragte sie. »Durch sie sind wir diesen Supermarktgangstern auf den Pelz gerückt.«

      »Falls es sich um dieselbe Bande handelt, Mylady.«

      »Papperlapapp, Mistet Parker! Natürlich ist das eine einzige Bande, die mal hier und mal dort arbeitet. Sie wissen hoffentlich, was wir jetzt tun werden, oder?«

      »Ich würde unterstellen, daß Mylady sich den von Miß Porter erwähnten Buchladen ansehen möchte.«

      »Und zwar umgehend.« Sie nickte entschlossen. »Dieser Lümmel ist nicht da, also werden wir uns in aller Ruhe mit diesem Geschäft befassen können.«

      Aus Erfahrung wußte Parker, daß Widerspruch sinnlos war. Einmal in Fahrt geraten, war eine Lady Simpson nicht mehr zu bremsen. Parker holte also sein hochbeiniges Monstrum aus der hinteren Garage und erschien wieder vor dem Hauseingang. Während der kurzen Fahrt hatte er sich die nähere Umgebung genauestens angesehen. Seinem Gefühl nach war mit baldigen Überraschungen zu rechnen. Die beiden nächtlichen Besucher gehörten seiner Vermutung nach zu den Gangstern, die den Supermarkt hier in London überfallen hatten.

      Parker stellte den Wagen so dicht vor dem Vorbau ab, daß seine Herrin nicht gefährdet wurde. Selbst für einen Scharfschützen, der irgendwo im Hinterhalt lauerte, war sie unerreichbar.

      Während der Fahrt nach Soho entdeckte Parker schon recht bald einen Verfolger.

      Es handelte sich um einen kleinen französischen 2 CV, der sie hartnäckig nicht aus den Augen ließ. Am Steuer des Wagens saß ein langmähniger Jüngling, der einen völlig unverdächtigen Eindruck machte.

      »Was soll denn das?« entrüstete sich Agatha Simpson grollend, als Parker von der Hauptstraße abbog und sein Monstrum in eine Tiefgarage bewegte.

      »Ein Manöver, Mylady, das ich als Ablenkung bezeichnen möchte«, erwiderte der Butler. »Die jähe Richtungsänderung bitte ich entschuldigen zu wollen. Sie ergab sich aus dem passenden Moment.«

      »Wir werden verfolgt?« fragte die ältere Dame animiert.

      »In der Tat, Mylady«, lautete Parkers Antwort. »Nach Lage der Dinge jedoch nicht mehr lange.«

      *

      Kathy Porter hatte sich in eine andere Frau verwandelt.

      Sie trug eine blonde Perücke, einen schwarzen Lackmantel und hochhackige Schuhe. Sie sah ein wenig billig aus, aber ungemein sexy. Von einem scheuen Reh konnte keine Rede mehr sein.

      Sie hatte die Telefonzelle verlassen und beobachtete Marty Ballister und die vier anderen Männer, die sich in seiner Begleitung befanden. Sie gingen auf einen Ford-Bus zu, der neben der Pension auf einem Parkplatz stand. Alle fünf Männer waren mit Reisetaschen und kleinen Koffern ausgerüstet. Sie lachten und lärmten, amüsierten sich prächtig und erinnerten an die Mitglieder eines kleinen Vereins, der in Brighton Urlaub macht.

      Kathy hatte die Straße überquert und schlenderte auf die Gruppe der Männer zu. Ihr Gang war eine einzige Herausforderung, das Schwingen ihrer Hüften eine Einladung.

      Sie hörte anerkennende Pfiffe, aber auch anzügliche Bemerkungen. Die fünf Männer waren stehen geblieben und ließen sich diesen anregenden Anblick nicht entgehen. Es war Ballister, der zum Einsteigen drängte. Er schien so etwas wie der Wortführer und Reiseleiter der Gruppe zu sein.

      Kathy sah sich die Reisenden genau an. Dabei entdeckte sie genau jenen jungen Mann, den sie bereits während des Überfalls im Supermarkt gesehen hatte. Eine Verwechslung war ausgeschlossen.

      »Hallo, Jungens«, sagte sie und blieb herausfordernd vor den jungen Männern stehen. »Wer ist denn hier der Boß?«

      »Was wollen Sie?« fragte Ballister abweisend. Er machte einen nervösen Eindruck. Kathy lächelte kokett und musterte ihn betont. Sie wollte herausfinden, ob es bei ihm zündete. Erinnerte er sich? Kam ihm ein Verdacht?

      »Ich brauche eine Freifahrt«, sagte Kathy. »Mir ist das Kleingeld ausgegangen.«

      »Wir sind besetzt«, sagte Ballister knapp. Nein, er schien sich nicht zu erinnern. Seine Absage rief bei den übrigen vier jungen Männern Proteste hervor. Sie hatten überhaupt nichts dagegen, mit einer munteren Begleiterin durchs Land zu fahren.

      »Wir kutschieren nach Portsmouth«, meinte Ballister. »Wir sind ’ne Werbekolonne.«

      »Nach Portsmouth? Ist das ein Zufall!« Kathy Porter strahlte. »Genau da will ich hin.«

      Während sie das behauptete, stellte sie sich in Positur und verkaufte förmlich


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