Butler Parker 105 – Kriminalroman. Günter Dönges
gerötet. Als Kathy geendet hat-te, sah die Lady ihren Butler ein wenig irritiert an.
„Irgendwie enttäuschend“, meinte sie schließlich, „die beiden Kidnapper sind verschwunden. Und wir wissen noch nicht mal, wo wir sie unter Umständen suchen müssen.“
„Wenn Mylady gestatten, möchte ich mir die Freiheit nehmen zu widersprechen“, antwortete der Butler in seiner gewohnten barocken Art. „Es gibt da doch einige Anhaltspunkte, die ich als durchaus erfreulich be-zeichnen möchte.“
„Wir wissen, wie der Fahrer des Jaguar heißt“, zählte Kathy sofort auf.
„Ein gewisser Burt Lister, der offensichtlich in Bristol beheimatet ist“, pflichtete der Butler Myladys Sek-retärin bei und nickte ihr wohlgefällig zu.
„Falls das sein richtiger Name ist“, warf Agatha Simpson ein.
„Doch, Mylady, die beiden Männer hatten keinen Grund, mich zu täuschen“, fuhr Kathy weiter fort. „Im-merhin wollten sie mich später für immer mundtot machen. Das hörte ich deutlich heraus.“
„Dann wissen Sie, Mr. Parker, was Sie zu tun haben. Stellen Sie fest, wer dieser Burt Lister ist!“ Myladys Augen funkelten schon wieder hoffnungsvoll. „Was haben wir sonst noch? Mein erster Krimi kann schließ-lich nicht nur aus einem einzigen Kapitel bestehen.“
„Vielleicht sollten Mylady erst mal eine Kurzgeschichte verfassen“, ließ Parker sich vernehmen.
„Papperlapapp“, herrschte sie ihn sofort an. „Mit solchen Kleinigkeiten gebe ich mich gar nicht erst ab. Kurzgeschichte! Einfach lächerlich! Ich will einen Bestseller schreiben, vergessen Sie das bitte nicht!“
„Besagter Mr. Lister scheint in regelmäßigen Abständen von Bristol nach London gefahren zu sein“, zähl-te der Butler weiter auf. „Wie Miß Porter berichtete, wurde er von den beiden Kidnappern wiederholt dabei beobachtet.“
„So habe ich den breitschultrigen Mann verstanden“, erklärte Kathy und nickte.
„Wenn Mylady erlauben, möchte ich nun auf die Handlungsweise des besagten Mr. Lister kommen“, ließ der Butler sich wieder vernehmen, sehr höflich und zurückhaltend. „Er erlitt einen Unfall, wurde wahr-scheinlich aus dem Wagen geschleudert und suchte in einer Art Schockzustand das, was man gemeinhin das Weite nennt.“
„Oder er war angetrunken und fürchtete sich vor einer Blutprobe“, warf Lady Simpson ein.
„Auch diese Möglichkeit sollte man durchaus in Betracht ziehen, Mylady“, antwortete, der Butler, „es gä-be da aber noch eine dritte Art des Verhaltens.“
„Sie machen es wieder mal sehr spannend, Mr. Parker“, äußerte Lady Simpson leicht ungehalten.
„Besagter Mr. Lister hat etwas zu verbergen.“
„Vor den beiden Strolchen, die Kathy gekidnappt haben?“
„Falls er von der Beobachtung seiner Person wußte, Mylady, würde ich dieser Theorie beipflichten, ich dachte allerdings, wenn Sie erlauben, an eine andere Reaktion. Mr. Lister fürchtet den Kontakt mit der Poli-zei, ohne betrunken gewesen zu sein.“
„Er hat also etwas zu verbergen!“ Lady Simpsons Stimme klang triumphierend. Sie nickte ihrem Butler beifällig zu. „Ich denke da an illegale Dinge. Vielleicht ist er ein Spion.“
„Es gibt der Möglichkeiten mehrere, Mylady.“ Parker wollte auf das Thema Spionage nicht näher einge-hen, er kannte die Phantasie seiner Herrin.
„Es handelt sich um Spionage“, wiederholte Lady Agatha noch mal, diesmal sehr nachdrücklich. „Ich spüre das, Mr. Parker, ich spüre das sehr deutlich. Wunderbar! Das paßt genau zu dem Krimi, den ich schreiben werde.“
„Mylady sollten sich vielleicht nicht zu früh festlegen“, warnte der Butler vorsichtig.
„Papperlapapp“, herrschte sie ihn daraufhin an, „nur ein Spion benimmt sich derart ungewöhnlich. Was sagen Sie dazu, Kindchen?“
„Natürlich, Mylady.“ Kathy nickte ergeben. Widerspruch war ohnehin sinnlos, das wußte sie aus Erfah-rung.
„Wir müssen diesen Mr. Lister finden, bevor er von der Polizei aufgespürt wird“, begeisterte Mylady sich weiter. „Das Kennzeichen des Jaguar ist schnell ermittelt, damit auch der Besitzer des Wagens und dessen Wohnort. Wollen Sie mir etwa widersprechen, Mr. Parker?“
„Das Mylady, würde ich mir nie erlauben.“
„Also dann an die Arbeit“, entschied Agatha Simpson und strahlte. „Der Polizei gegenüber haben wir be-reits einen beträchtlichen Vorsprung, den wir nicht verspielen wollen. Wir kennen den Namen des Jaguar-Fahrers und wissen, daß er aus Bristol kam und dort wahrscheinlich auch wohnt. Dieser Mann muß demnach doch zu finden sein, oder?“
„Mylady haben spezielle Wünsche hinsichtlich meiner Aktivitäten?“
„Bristol ist keine Entfernung“, präzisierte die kriegerische ältere Dame und erhob sich energisch. „Oder sollten Sie darüber anders denken, Mr. Parker?“
„Keineswegs, Mylady.“
„Dann wünsche ich Ihnen eine gute Fahrt“, meinte sie leutselig. „Ich erwarte beste Nachrichten. Wenn Sie zurück sind, werde ich Ihnen bereits die ersten beiden Kapitel meines Thrillers vorlesen. Spionage ist immer ein rasantes Thema.“
*
Josuah Parker war ein eigenwilliger Mensch.
Natürlich dachte er nicht eine Sekunde daran, die nächtliche Fahrt nach Bristol zu unternehmen. Mylady hatte in ihrem Eifer übersehen, daß es Telefone gab. Und private Verbindungen wollte Parker nutzen. Er war zwar mit seinem hochbeinigen Wagen losgefahren, landete aber in der Fleet Street, im Herzen von London. Hier suchte er den Redakteur eines Massenblattes auf, der ihm verpflichtet war. Parker hatte diesem wohlbe-leibten Mann mit dem riesigen Schnauzbart vor Jahresfrist mal aus einer Affäre herausgeholfen.
„Wie war der Name?“ fragte Hubert Falsom. „Burt Lister?“
„Ihr Gedächtnis ist bemerkenswert, Mr. Falsom.“
„Ich werde einen Kollegen in Bristol anrufen“, meinte der Zeitungsschreiber und zog den Telefonapparat zu sich heran. „Kann ich eventuell mit einer Titelstory rechnen, Mr. Parker?“
„Diese Annahme ist nicht von der Hand zu weisen, Mr. Falsom.“
„Moment“, entschuldigte sich der Wohlbeleibte und wählte eine Nummer. Parker sah und hörte, wie schnell und präzise der Redakteur arbeitete. Er sprach mit seinem Kollegen in Bristol, schien auf Anhieb einen Treffer gezogen zu haben, ließ sich Namen und weitere Telefonnummern geben, wählte, sprach, machte sich Notizen, sah zwischendurch immer wieder zu Parker hinüber, war ungeduldig mit seinen jewei-ligen Gesprächspartnern, dann wieder überaus höflich und verbindlich, um schließlich den Hörer zurück in die Gabel zu donnern.
„Mann“, sagte er dann und wischte sich den Schweiß von der Stirn, „Mann, Mr. Parker, wissen Sie eigent-lich, wer dieser Burt Lister ist?“
„Um das zu erfahren, Mr. Falsom, lenkte ich meine Schritte zu Ihnen“, erwiderte Josuah Parker gemessen.
„Burt Lister ist Leiter der Forschungsgruppe ‚Schneegans‘, begreifen Sie?“
„Nicht ein Wort, wie ich zu meiner Schande gestehen muß.“
„Es geht da um ein Zukunftsprojekt für die Air Force“, erläuterte Falsom. „Diese Forschungsgruppe bas-telt an einem neuen Jagdbomber für den Überschallbereich.“
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