Butler Parker 115 – Kriminalroman. Günter Dönges

Butler Parker 115 – Kriminalroman - Günter Dönges


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Küste, in der Nähe des Fischereihafens. Parker hatte hier bereits telefonisch Quartier gemacht. Lady Simpson bewohnte zwei Räume mit Blick auf die See. Parker und Kathy Porter hatten Zimmer auf der gegenüberliegenden Seite des schmalen Korridors. Im Moment hielten sie sich in Agatha Simpsons Räumen auf, was Peter B. Morgan sichtlich irritierte.

      »Ich bin nicht befugt, Mylady, über den mir gesteckten Rahmen hinaus...«

      »Papperlapapp«, schnauzte die Sechzigjährige ihren Besucher an. »Reden Sie wie ein vernünftiger Mensch! Kopieren Sie nicht ungewollt meinen Butler! Was haben Sie mir zu sagen?«

      »Mylady«, wandte sich Peter B. Morgan an seine Gesprächspartnerin.

      »Kommen Sie in zehn Minuten noch mal wieder«, entschied Agatha Simpson grimmig und schnitt ihm das Wort ab. »Telefonieren Sie mit Ihrem Innenministerium und verlangen Sie Sir Gerald zu sprechen! Teilen Sie ihm mit, daß ich diese Unterredung nur in Anwesenheit von Mr. Parker und Miß Porter führen werde! Worauf warten Sie noch, junger Mann?«

      »Mylady haben bei Sir Gerald die gegenwärtige Adresse hinterlassen?« Parker sah seine Herrin an. Peter B. Morgan sauste inzwischen bereits aus dem Zimmer und warf Agatha Simpson von der Tür her einen fast ängstlichen Blick zu.

      »Natürlich«, beantwortete Agatha Simpson Parkers Frage, »ich wußte doch schon in London, daß wir es mit Außerirdischen zu tun haben würden.«

      Sie sagte das mit solch einer Selbstverständlichkeit, daß sowohl Parker als auch Kathy Porter verstohlen schluckten.

      »Sie sehen, daß ich recht habe«, redete die Detektivin sichtlich zufrieden weiter. »Sir Gerald scheint meiner Ansicht zu sein, sonst hätte er mir diesen jungen Mann nicht auf den Hals geschickt. Scheint übrigens ein ziemlicher Tölpel zu sein.«

      Der Tölpel kam schon nach wenigen Minuten zurück, pochte sehr höflich an und wurde von Agatha Simpson in Gnaden aufgenommen.

      »Ich wußte nicht, daß Mr. Parker und Miß Porter ...«

      »Entschuldigen Sie sich später«, drängte Lady Simpson, »was haben Sie uns zu berichten, junger Mann? Sie dürfen sich immer noch setzen.«

      Peter B. Morgan entpuppte sich schon nach wenigen Minuten als ein gut informierter Beamter. Er berichtete von einem Lastwagenfahrer namens Melness, von einem Bankfilialleiter Owen Carn und einem Kaufmann Shepherd. Er hatte noch mehr zu bieten. Er wußte zu erzählen von völlig irritierten Fischkutterkapitänen, deren Kompasse nicht mehr funktioniert hatten, und von plötzlich auftretenden Nebelbänken, die dicht und dick wie Brei waren.

      »Und was folgert das Innenministerium daraus?« fragte Agatha Simpson.

      »Es steht vor einem Rätsel, Mylady.«

      »Donnerwetter, das also hat man schon herausgefunden«, höhnte die Sechzigjährige.

      »Man bemüht sich behördlicherseits, diese erstaunlichen Dinge zu klären. Dazu gehört ja jetzt auch diese eigenartige Zwischenlandung des Hubschraubers, nicht wahr?«

      »Hat Ihre Behörde wenigstens eine brauchbare Theorie?«

      »Experten arbeiten zur Zeit daran«, sagte Peter B. Morgan, »aber die Meinungen gehen auseinander.«

      »Nämlich, junger Mann?« Lady Simpsons ausgeprägtes Adele-Sandrock-Organ vibrierte vor Spannung.

      »Sie reichen vom Ulk bis hin zum Auftauchen gegnerischer Agenten. Mylady.«

      »Seit wann weiß man von diesen Dingen?« schaltete sich jetzt Butler Parker gemessen ein.

      »Seit gut anderthalb Wochen, Sir«, lautete die Antwort Peter B. Morgans. »Diese eigenartigen Beobachtungen wurden hier entlang der Nordküste gemacht. Sie reichen von Thurso bis nach Durness. Wenn ich in diesem Zusammenhang vielleicht auf Professor Leslie Toycraft hinweisen darf, Mylady. Professor Toycraft gilt als ein exzentrischer Erfinder, der angeblich mit Wunderstrahlen experimentiert. Sir Gerald bittet Mylady, diesem Professor einen Besuch abzustatten. Sir Gerald ist der Ansicht, daß Mylady es vielleicht gelingt, vorgelassen zu werden.«

      *

      »Ich brauche jetzt einen Kreislaufbeschleuniger«, sagte Agatha Simpson, nachdem Peter B. Morgan gegangen war.

      Josuah Parker wußte aus Erfahrung wonach Mylady gelüstete. Er öffnete die Reisetasche, holte einen lederumkleideten Krug hervor und füllte daraus einen silbernen Reisebecher mit altem französischen Kognak.

      »Nach diesem hahnebüchenen Unsinn leide ich stets unter der gerade herrschenden Witterung«, beklagte sich die Detektivin grimmig und kippte äußerst gekonnt den Kreislaufbeschleuniger hinunter. Danach wirkte sie wesentlich friedlicher und schaute ihren Butler erwartungsvoll an. »Was sagen denn Sie dazu? Ich bitte um Ihre Stellungnahme, Mr. Parker!«

      »Der Hinweis auf besagte Wunderstrahlen hört sich zumindest interessant an«, räumte Parker ein.

      »Horrender Blödsinn«, entschied Agatha Simpson. »Warum wollen diese Schwachköpfe im Innenministerium nicht einsehen, daß wir es mit Wesen vom Mars zu tun haben?«

      »Diese ungewöhnliche Vorstellung müßte sich vielleicht erst noch durchsetzen, Mylady.«

      »Wunderstrahlen, wenn ich das nur höre!« Agatha Simpson verlangte nach einem zweiten Kreislaufbeschleuniger. »Wenn sie einer besitzt, dann die kleinen, grünen Männchen vom Mars.«

      »Sehr wohl, Mylady.«

      »Die Vorfälle, die uns dieser Schwachkopf erzählt hat, sind doch unerklärbar, oder?«

      »Im Augenblick sieht es so aus, Mylady.«

      »Sie glauben nicht an die Marsmenschen, Mr. Parker?« Agatha Simpson sah ihn streng an.

      »Nicht unmittelbar und direkt, wenn ich es so ausdrücken darf, Mylady.«

      »Sie werden sich noch wundern, Mr. Parker. Und wie sieht Ihre Theorie aus? Ich darf doch wohl sehr hoffen, daß Sie eine vorzuweisen haben, oder? «

      »Wie die berichteten Dinge geschehen, vermag ich im Moment nicht zu sagen, Mylady, doch möchte ich davon ausgehen, daß sie das Vorspiel zu einem besonders raffinierten Gangsterstück sein dürften.«

      »Aha! Und was wollen diese Gangster hier oben erbeuten? Eine lächerliche Bankfiliale ausnehmen? Oder Seefische rauben?«

      »Man sollte sich wohl in der Tat ein wenig um die Atom-Versuchsstation kümmern, .«

      »Soweit pflichten Sie mir also bei?«

      »Ich bin so kühn, Mylady.«

      »Wenigstens etwas«, stellte die resolute Dame zufrieden fest. »Und an die Marsmenschen werden Sie auch noch glauben, verlassen Sie sich darauf. Was werden wir also unternehmen?«

      »Falls Mylady einverstanden sind, werde ich einen Mietwagen besorgen, um ein wenig unabhängiger zu sein.«

      »Einen Jeep und eine Limousine«, entschied die ältere Dame. »Ich werde mich jetzt aufs Ohr legen. Der Flug hat mich angestrengt. Kindchen, Sie können sich auch ein wenig die Füße vertreten. Vergessen Sie dabei aber nicht, die Augen offenzuhalten!«

      Agatha Simpson stieg aus ihrem derben Tweedkostüm, streifte sich einen bequemen Ankleidemantel über und legte sich aufs Bett. Natürlich hatte der Flug sie überhaupt nicht angestrengt. Sie wollte nur allein sein, um sich die Dinge noch mal in aller Ruhe durch den Kopf gehen zu lassen.

      Sie war sicher, einer echten Sensation auf der Spur zu sein. Diese Tatsachen waren fast zu einmalig und zu gut für einen Bestseller. Die Erde wurde also doch von Außerirdischen besucht, daran zweifelte sie nicht länger.

      Behauptungen dieser Art waren im Lauf der Jahre immer wieder laut geworden, die Propheten dieser Meinung aber waren stets verlacht worden. So sollte es zum Beispiel keine Ufos geben. Lady Agatha war da allerdings erheblich anderer Meinung. Schon wegen der unvorstellbaren Entfernungen im All sollte es Außerirdischen unmöglich sein, der Erde einen Besuch abzustatten. Agatha Simpson fand diese Behauptung ihrerseits lächerlich. Die


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