Butler Parker Box 1 – Kriminalroman. Günter Dönges

Butler Parker Box 1 – Kriminalroman - Günter Dönges


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»Sie wollen den Boß sprechen?«

      »Man kann es auch so ausdrücken, wenngleich mir meine Version bedeutend besser gefällt.«

      »Der Boß ist jetzt nicht zu sprechen.«

      »Setzen Sie ihn bitte von meinem Wunsch in Kenntnis.«

      Mehr sagte Parker nicht. Er sah den Pförtner ruhig an. Das reichte. Der untersetzte, massige Mann huschte wie ein flüchtendes Wiesel in das Pförtnerhäuschen und telefonierte. Nach wenigen Sekunden kam er zurück zur Barriere.

      »Sie sollen raufkommen.«

      Parker lüftete seine schwarze Melone und überquerte den Lagerhof, in dem einige Trucks und Thermoswagen standen. Arbeiter sah er nicht. Das vierstöckige Büro- und Lagerhaus am Ende des Grundstücks war bis auf einige Fenster unbeleuchtet.

      Als Parker die Halle betrat, kam ihm ein hochgewachsener, schlanker, elegant aussehender Mann entgegen. Er mochte etwa vierzig Jahre alt sein, trug einen kleinen Schnurrbart und kleidete sich sehr teuer und sorgfältig.

      »Wollen Sie mich sprechen?« fragte er den Butler. »Ich bin Walt Hostans.«

      Seine grauen Augen ruhten prüfend auf Parker. Erstaunen ließ Hostans sich nicht anmerken.

      »Mein Name ist Parker, genauer ausgedrückt, Josuah Parker, Sir. Darf ich mir die Freiheit nehmen, Sie einige Minuten zu belästigen?«

      Amüsiert verzogen sich die schmalen Lippen von Walt Hostans. Solch eine Anrede hatte er ganz sicher nicht erwartet.

      »Natürlich, schießen Sie los …!«

      »Darf ich mich erkunden, ob Ihnen ein Mr. Joel Harrison bekannt ist?«

      »Joel Harrison?« fragte Hostans zurück, »wer soll das sein?«

      »Dazu möchte ich mich, mit Ihrer Erlaubnis, erst später äußern«, antwortete Josuah Parker. »Erhielten Sie in der vergangenen Stunde einen Anruf, der aus dem ›Pewell-Hotel‹ kam?«

      »Hören Sie mal, Mr. Parker, was sollen Ihre Fragen? Wer sind Sie eigentlich? Nein, ich meine natürlich nicht Ihren Namen. Mit welchem Recht stellen Sie mir diese Fragen?«

      »Sie kennen das ›Pewell-Hotel‹ und seinen Nachtportier nicht?«

      »Nein, zum Donnerwetter. Aber jetzt will ich endlich wissen …«

      »Sir, ich bedanke mich für Ihre freundliche Auskunft«, unterbrach Parker ihn mit sanfter Stimme. Er verbeugte sich, zog seine Melone und schwenkte sie grüßend durch die Luft. Dann wendete er sich um und ließ Walt Hostans einfach stehen

      Der Inhaber der Früchtefirma brauchte einige Sekunden, bis er sich von seiner Verblüffung erholt hatte. Dann reagierte er allerdings sehr sauer. Mit schnellen Schritten eilte er dem Butler nach, faßte ihn an der Schulter und wirbelte ihn herum. Das heißt, er wollte Josuah Parker, den er für einen alten Mann hielt, herumwirbeln.

      Seine Muskeln schafften es allerdings nicht. Parker schien sich plötzlich in eine Marmorstatue verwandelt zu haben. Erst als Hostans Hand von seiner Schulter abrutschte, drehte Parker sich um.

      Milde und Freundlichkeit lagen auf seinem Gesicht.

      »Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, daß Sie etwas von mir wollen«, sagte er.

      »Ich will wissen … Zum Teufel, so können Sie mir nicht kommen …! Wer sind Sie eigentlich?«

      »Da Sie meinen Namen bereits kennen, ihn also nicht noch einmal hören wollen, werde ich mich näher erklären müssen, Sir.« Parker nickte zustimmend. »Ich bin Kriminalist aus Leidenschaft. Zur Zeit beschäftige ich mich mit dem Verschwinden eines Mannes, der aus unverständlichen Gründen nicht in den Schoß seiner recht angesehenen Familie zurückkehren will. Ich hoffe, Ihnen damit ausreichend gedient zu haben, Sir.«

      Erneut das höfliche Lüften der schwarzen Melone. Während Hostans noch an Parkers Worten herumkaute, hatte Parker sich wieder umgedreht und schritt würdevoll wie ein Premierminister zum Tor.

      Diesmal verzichtete Hostans darauf, Parker noch einmal zu folgen. Er hob aber seinen rechten Arm und winkte dem Pförtner am Tor verstohlen zu. Parker, der ihm den Rücken zuwandte, konnte das natürlich nicht sehen. Handelte der Butler nicht etwas leichtsinnig?

      Der Pförtner gab durch nichts zu erkennen, daß er die Handbewegung seines Chefs gesehen hatte. Er verschwand jedoch im Torhaus und beugte sich über ein Schaltbrett mit Klingelknöpfen und Drehschaltern.

      Josuah Parker hatte das Tor noch nicht ganz erreicht, als der Pförtner wieder an der Barriere erschien. Er grinste den Butler an und hinderte ihn nicht daran, das Grundstück zu verlassen …!

      *

      Parker wußte natürlich längst Bescheid.

      Zwar besaß er keine Augen im Rücken, doch ein kleiner Handspiegel hatte ihm das Zeichen Mr. Hostans genau verraten. Er konnte sich also an fünf Fingern ausrechnen, daß er ab sofort beschattet und verfolgt werden sollte.

      Als höflicher Mensch tat Josuah Parker alles, dieses Vorhaben zu erleichtern. Er schritt langsam die belebte Straße hinunter. Vom See kam ein leichter, salziger Wind auf. Er war jedoch mit Feuchtigkeit geladen und brachte kaum Erleichterung.

      Ein medizinisches Wunder, daß Josuah Parker in seiner schwarzen Kleidung nicht schwitzte. Wie er das machte, war und blieb ein Geheimnis.

      Vor der Auslage einer Bücherei blieb Parker stehen.

      Falls nun ein Beobachter auftauchte, hatte er es mit einer gut eingespielten und straff geführten Organisation zu tun. Er war sehr gespannt, wie der Fall sich weiter entwickelte.

      Und richtig, schon nach wenigen Sekunden sah er neben sich einen jüngeren Mann auftauchen, der gelassen auf seinem Chewing-gum herumkaute und nur einen abfälligen Blick auf die Bücher warf. Warum blieb dieser junge Mann am Schaufenster stehen, wenn er von der Auslage nichts hielt?

      Parker schritt weiter.

      Steif und aufrecht, als habe er einen Ladestock verschluckt, bog er in eine enge Seitenstraße ein, die hinunter zu den Kaianlagen führte.

      Hier war es bereits recht dunkel. Die hohen Mauern der Lagerschuppen schirmten sogar den Widerschein der Leuchtreklamen ab. Parker hörte hinter sich leise, schnelle Schritte.

      Versuchte sein Beobachter aufzuholen? Wollte er vielleicht sogar zum Angriff übergehen?

      Jeder andere Mensch wäre stehengeblieben, hätte Verteidigungsstellung bezogen.

      Aber nicht Butler Parker.

      Angst war ein Fremdwort für ihn. Ohne auch nur eine Spur schneller zu gehen, hielt er auf die beiden Lokale zu, die am Ende der engen Gasse zu sehen waren.

      Da passierte es …!

      Er blieb sofort stehen, als ein harter Gegenstand seinen Rücken berührte.

      »Mach’ bloß kein Theater …!« redete ihn eine hastige, schrille Stimme an, »los, komm mit rüber in die Toreinfahrt. Ich hab’ ’ne Kanone in der Hand, Alterchen, die geht prompt los, wenn du Ärger machst …!«

      »Ich muß mir in aller Form Ihre Vertraulichkeiten verbitten«, erwiderte Parker.

      Der Druck gegen seinen Rücken verstärkte sich.

      Da gab Parker seinen Widerstand auf, ließ sich von dem wechselnden Druck des Revolvers in den dunklen Torweg dirigieren. Selbstverständlich dachte Parker nicht im Traum daran, schneller zu gehen. Es sah ganz so aus, als beherrsche er die Situation, nicht der junge Mann.

      Sie standen kaum am Torweg, als sich ein Wagen näherte. Dieser Überfall war bis in alle Einzelheiten vorbereitet worden. Parker rührte sich nicht. Er war innerlich gespannt, wie es weitergehen würde. Sollte sein kurzes Gespräch mit Mr. Hostans bereits gewirkt haben?

      Ganz wie Parker es erwartete, hielt der Wagen unmittelbar vor dem Torweg.

      »Los, raus, Alter …!«

      Parker


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