Butler Parker Box 1 – Kriminalroman. Günter Dönges
ja, wir arbeiten schließlich in der gleichen Branche«, meinte Joe mitteilsam. »Man weiß ja, wie schwer man es hat. Manchmal ekelt mich der ganze Betrieb richtig an.«
»Sie sprechen mir fast aus dem Herzen«, entgegnete der Butler fast gerührt. »Ich könnte mir durchaus ein ruhigeres Leben vorstellen.«
»Warum steigen wir nicht einfach aus und lassen diesen ganzen Rummel?«
»Eine Frage, die ich mir schon häufiger gestellt habe.«
»Irgendwo ein Lokal oder ein kleines Geschäft, und man hätte endlich seine Ruhe und brauchte nicht herumzuhetzen.«
»Wir stecken zu tief in gewissen Dingen«, deutete Parker vage an, doch er hätte nicht sagen können, um welche Dinge es sich handelte.
»Dafür verdient man natürlich ganz schön«, erklärte Joe träumerisch.
»Das allerdings, der Wahrheit die Ehre«, räumte nun auch Parker schleunigst ein. »Das Berufsrisiko wird erstaunlich gut honoriert.«
»Deswegen werde ich auch dabei bleiben«, meinte Joe. »Und wenn man nur einigermaßen auf Draht ist, kann einem kaum was passieren.«
Er hatte seinen Satz gerade beendet, als er irritiert zur Seite schaute. Ein junger Mann, er mochte knapp fünfundzwanzig Jahre alt sein, trat an die Sitzgruppe heran, in der Joe und Parker saßen.
Dieser junge Mann deutete auf die Zeitschriften und Magazine, die auf dem niedrigen Rauchtisch herumlagen.
»Darf ich mal?« erkundigte er sich.
»Aber selbstverständlich«, antwortete der Butler höflich. »Bedienen Sie sich nur!«
Der junge Mann beugte sich vor und griff nach einer Zeitschrift. Gleichzeitig hatte er plötzlich ein Zigarettenetui in der Hand, das er auf springen ließ.
Joe sah den jungen Mann völlig überrascht an.
Sein Mund öffnete sich, als wollte er etwas sagen, doch dann sackte Joe leicht in sich zusammen und entspannte sich in seinem tiefen Sessel.
»Los, stehen Sie auf, mitkommen, sonst sind auch Sie dran«, sagte der junge Mann lächelnd zu Parker.
»Wie bitte?« Parker verstand nicht ganz.
»Stehen Sie unauffällig auf und gehen Sie raus auf die Straße«, sagte der lächelnde junge Mann, dessen Stimme jetzt tödliche Kälte verspüren ließ. »Oder soll ich Sie wie diesen Spitzel abknallen?«
Parker war in der Tat etwas verwirrt, begriff aber sehr schnell.
Ein schneller Blick hinüber zu Joe sagte ihm, daß sein Gesprächspartner schon nicht mehr lebte. Joes Prognose, ihm könne kaum etwas passieren, hatte sich also innerhalb weniger Sekunden als falsch erwiesen.
Parker stand auf.
»Gehen Sie endlich!« sagte die kalte Stimme des fröhlichen jungen Mannes.
Parker griff schleunigst nach Regenschirm und Melone und setzte sich überraschend gehorsam in Marsch. Er wußte plötzlich, daß der junge Mann keineswegs bluffte.
Stocksteif, als habe er einen Ladestock verschluckt, ging der Butler auf die Glastür der Halle zu.
Der junge Mann befand sich jetzt neben ihm. Er deutete mit der Kinnspitze auf einen Wagen, der am Straßenrand parkte.
»Einsteigen«, sagte der junge Mann.
»Sind Sie sicher, daß Sie mich meinen?« erkundigte sich Parker.
»Machen Sie schon!«
Parker nickte und ging auf den Wagen zu. Im Näherkommen sah er, daß am Steuer ein zweiter, etwas älterer Mann saß, er ihm keinen einzigen Blick gönnte.
Parker nahm im Fond des Wagens Platz. Der junge Mann setzte sich dicht neben Parker und lächelte dünn.
»Los!« rief er dem Fahrer zu. »Ziel wie abgesprochen. Nicht zu schnell, wir wollen nicht auffallen!«
Dann wandte er sich an Parker und grinste.
»Überrascht, was?« fragte er.
»Überrascht und einigermaßen verwundert«, gestand Parker, »zumal ich überhaupt nicht begreife, wer Sie sind und was Sie von mir wollen!«
*
Der junge Mann wartete mit seiner Antwort, bis der Wagen samt Inhalt in einer Garage verschwunden war. Nach einer Fahrt durch die Stadt war der Fahrer in eine stille Seitenstraße abgebogen und hatte nur kurz vor einer Garage gehalten, deren Tür sich wie durch Zauberhand öffnete.
»So, da wären wir!«
Der junge Mann mit dem strahlenden Lächeln stieg aus dem Wagen und nickte dem Butler auffordernd zu, es ihm nachzutun. Parker kam diesem Wunsch nach und sah sich in der Garage neugierig um.
Viel war nicht zu sehen.
Sein Blick fiel auf eine Treppe, die hinunter in einen Kellerraum führte.
»Sie haben es erfaßt«, sagte der junge Mann. »Gehen wir in den Keller, da sind wir ungestört.«
Parker kam auch diesem Wunsch nach. Seine Neugierde wuchs von Sekunde zu Sekunde. Er wußte nicht, weshalb man ihn entführt hatte. Er konnte sich nur vorstellen, daß auch dieses Abenteuer mit den Vorfällen der vergangenen Stunde in einem engen Zusammenhang stand.
Der Fahrer des Wagens, ein mittelgroßer, kompakter Mann von etwa vierzig Jahren, baute sich neben Parker auf. Erst jetzt konnte der Butler das Gesicht dieses Mannes genauer erkennen. Es war grobknochig und sah roh aus. Die kleinen Augen, die sehr eng zusammenstanden, wirkten gefährlich und tückisch.
Muffige, abgestandene Luft schlug dem Butler entgegen, als er die Treppen hinunterstieg. Hinter sich hörte er die leisen Schritte des jungen Mannes, dann das fast schwer zu nennende Stampfen des bulligen Fahrers.
Der Keller war mit Kanistern, Gerümpel und alten Autoreifen angefüllt.
Der Geruch von Öl und Benzin wurde penetrant. Parker blieb stehen und wandte sich den beiden Entführern zu.
»Reden wir Fraktur«, sagte der junge Mann immer noch lächelnd. »Wo steckt Henderson, Sie billige Imitation?«
Bevor Parker antworten konnte, versetzte der bullige Fahrer ihm einen mehr als derben Schlag, der vollkommen ausreichte, Parker auf die alten Autoreifen zu werfen. Parker registrierte, daß dieser Fahrer über Bärenkräfte verfügte.
»Darf ich Ihre Frage noch einmal hören?« erkundigte sich der Butler höflich. »Sie müssen einem alten, müden und verbrauchten Mann zugestehen, daß seine Auffassungsgabe nicht mehr besonders gut ist.«
»Wo steckt Henderson?« Der junge Mann baute sich breitbeinig vor Parker auf, der nun auf den Autoreifen saß. »Wer bezahlt Sie dafür, sich als Henderson auszugeben?«
»Ich fürchte, Sie unterliegen einem Irrtum«, meinte Parker und erhob sich scheinbar mühsam. »Ich habe mich niemals für einen Mr. Henderson ausgegeben.«
»Mach’ ihn weich, Butch«, sagte der junge Mann lächelnd zu dem bulligen Fahrer. Dann holte er eine Zigarettenpackung aus der Tasche und zündete sich eine Zigarette an.
Butch schien auf dieses Stichwort nur gewartet zu haben.
Er griff in seine Rocktasche und holte eine Metallhülse hervor, die er scharf und hart aus dem Handgelenk heraus in die Luft schlug. Ein scharfes Klicken, und aus dieser Metallhülse schoß eine wippende Stahlspiralfeder hervor.
»Letzte Chance, Mann«, sagte der Bullige mit quäkender, überraschend heller Stimme.
»Ich muß Sie enttäuschen«, entschuldigte sich der Butler. »Ich habe wirklich nichts zu sagen.«
»Soll ich, Walt?« der Bullige wandte sich an seinen jungen Begleiter.
»Klar, worauf wartest du noch!?«
Butch, wie der bullige Fahrer mit der