Butler Parker 185 – Kriminalroman. Günter Dönges

Butler Parker 185 – Kriminalroman - Günter Dönges


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natürlich wieder einen Kriminalfall. Aber damit wir uns richtig verstehen, sobald sich herausstellt, daß wir es mit einer Gaunerei zu tun haben, werden wir die Polizei verständigen.«

      »Ich werde mir erlauben, Sir, Sie daran zu erinnern«, behauptete der Butler mit würdevoller Stimme. »Darf ich übrigens bemerken, daß wir das Schloß in Schätzungsweise fünfzehn Minuten erreichen werden?«

      »Wieso? Seit wann haben Sie Radar im Wagen? Ich kann weit und breit nichts von einem Schloß sehen.«

      »Wir nähern uns einer Straßengabelung, Sir. Nach meiner Erinnerung und dem einschlägigen Kartenstudium beginnt von dieser Gabelung aus die letzte Wegstrecke.«

      Im Licht der Autoscheinwerfer war die Straßengabelung zu sehen, die die beiden Killer Cleveland und Longless bereits hinter sich gelassen hatten.

      Parker vermißte kein Hinweisschild, zumal die Straßensperre eine deutliche Sprache redete. Der Weg nach links war versperrt, also blieb nur der Weg nach rechts offen. Ohne zu zögern, steuerte der Butler seinen hochbeinigen Wagen in die richtige Abbiegung, die hinauf zum Schloß führte.

      Weder er noch Mike Rander ahnten, wie ungewollt vorsorglich ihre Dauerschatten für sie gearbeitet hatten.

      Longless war etwas schneller geworden.

      Die innere Freude, den Auftrag bald erfüllt zu haben, drückte seinen Fuß fester auf das Gaspedal. Der kleine Sportwagen tat einen gehörigen Sprung nach vorn und hopste durch die Schlaglöcher und Pfützen. Er hielt auf eine kleine Steigung zu, die die Auffahrt zu einer Holzbrücke war, die man aus diesem Blickwinkel heraus allerdings noch nicht erkennen konnte.

      Es war die Brücke, die das Schild als einsturzwillig bezeichnet hatte.

      »Wohin willst du eigentlich?« wunderte sich Cleveland.

      »Nur noch bis hinter den Hügel«, erwiderte Longless junior, »dann sind wir in Deckung.«

      »Okay«, meinte Cleveland und räkelte sich zufrieden in seinem Sitz zurecht, »dann brauchen wir uns keine Sorgen mehr zu machen. Der Genickbruch kommt bestimmt.«

      Longless gab dem Sportwagen zusätzlich die Sporen und donnerte über die Auffahrt hinauf auf die Brücke, die tatsächlich einen mehr als morschen und brüchigen Eindruck machte.

      »Komisch«, stellte Longless fest, »hier ist auch ’ne Brücke, Clevie!«

      »Warum auch nicht«, erwiderte Cleveland gelassen und fühlte sich im gleichen Moment aus dem Schalensitz gehoben. Er hatte das untrügliche Gefühl, daß der Sitz samt dazugehörigem Wagen unter ihm wegsackte und ihn in der Luft hängen ließ.

      Longless junior hatte ein ähnliches Gefühl, doch da er sich am Steuerrad festhielt, senkte er sich mit dem nach unten abrutschenden Wagen, der wie ein Expreßlift in die Tiefe sauste.

      Noch in der Luft hängend, hörte Cleveland ein Brechen und Lärmen, als würde ein mittlerer Wald abgeholzt. Dann flog auch er senkrecht nach unten und knallte mit dem Gesäß zurück in den Schalensitz des Sportwagens, der inzwischen im aufspritzenden Moorwasser landete.

      Der Sportwagen hielt sich nur einen kurzen Moment auf dem Wasser, schlug dann leck und ging auf Tauchstation.

      »Hufe …!« gurgelte Longless, dessen Mund sich mit Wasser füllte.

      »Idiot!« hustete Cleveland, bevor er Wasser spuckte. Er drückte sich aus dem Sportwagen und merkte zu seiner Erleichterung, daß der Bach, den die Brücke überspannte, nicht tief war. Er konnte stehen, wenngleich er auch bis zu den Knien einsank.

      Er schaute sich nach seinem Schützling Longless um.

      Longless befand sich noch unter Wasser, erschien jetzt aber und klammerte sich in panischer Angst an seinen Lehrherrn Cleveland.

      »Ich … Ich ertrinke … Hiiilfe!« gurgelte er.

      »Irgendwann mal, aber nicht jetzt und hier«, stellte Cleveland fest und klopfte auf Longless’ Finger, die sein Oberhemd ruinierten. »Los, komm!«

      »Longless tappte wie blind los und erreichte das rettende Ufer. Hier ließ er sich erschöpft auf den weichen Boden fallen. Cleveland folgte wesentlich langsamer und maß seinen Schützling mit mörderischen Blicken. Als er das Ufer erreicht hatte, trat sein Fuß auf ein Schild, das von der Brücke heruntergerissen worden war. Auf diesem stand die deutliche Warnung: Achtung, Einsturzgefahr!

      Cleveland nahm dieses Schild hoch und ging damit hinüber zu Longless, der sich gerade aufgerichtet hatte und das Moorwasser aus dem linken Ohr herauslaufen ließ.

      »Sieh mal, was ich hier habe«, sagte Cleveland und präsentierte Longless die Schriftzeichen.

      »Ein Schild!« erwiderte Longless irritiert.

      »Und was steht drauf?« verlangte Cleveland zu wissen.

      »Achtung, Einsturzgefahr«, las Longless junior.

      »Eben«, sagte Cleveland lakonisch und knallte ihm das Schild unsanft auf den Kopf.

      *

      Donovan-Castle stammte aus dem Mittelalter und sah dementsprechend aus. Es gab eine Vielzahl von Türmchen, Erkern und Schornsteinen. Das burgähnlich ausgebaute Schloß machte einen finsteren, abweisenden Eindruck. Dieser Eindruck wurde noch verstärkt dadurch, daß nur hinter einem der vielen Fenster ein schwaches Licht brannte.

      Parker hielt sein hochbeiniges Monstrum vor dem Schloßportal an und ließ seinen jungen Herrn aussteigen.

      »Wenn Sie gestatten, Sir, werde ich unsere Ankunft bemerkbar machen.«

      Parker überholte Rander, der bereits hinauf zur Tür ging, und passierte unmittelbar vor dem Eingang eine Ritterrüstung, die als eine Art Wache links am Türbogen stand. Parkers schwarz behandschuhte Hand griff nach dem großen Türklopfer und ließ ihn gegen die Eisenklappe fallen.

      Hinter der Tür war daraufhin ein dumpfes Dröhnen zu hören.

      »Ein ausgesprochen herzlicher Empfang«, stellte Rander ironisch fest, als sich nichts rührte.

      »Vielleicht sollte man sich ein wenig deutlicher bemerkbar machen, Sir.« Parker setzte den Türklopfer erneut in Bewegung. Diesmal schien hinter der schweren, massigen Tür ein Kanonenschuß abgefeuert worden zu sein.

      »Jetzt müßten aber eigentlich die Ehrenjungfrauen nur so herausstürmen«, sagte Rander, »sind Sie sicher, Parker, daß wir vor dem richtigen Schloß stehen?«

      »Mit letzter Sicherheit«, antwortete der Butler und spielte erneut mit dem Türklopfer. Plötzlich dröhnte ein zweiter Kanonenschuß, der beinahe Tote aufgeweckt hätte.

      »Die Tür wird wahrscheinlich noch gebraucht«, sagte Rander warnend zu seinem Butler. Weder er noch Josuah Parker achteten auf die Ritterrüstung, die links im Türbogen stand. Sie hielten sie verständlicherweise für leer, was aber keineswegs der Fall war.

      Im Spalt des kaum geöffneten Visiers glühten plötzlich zwei Augen, die einem Geist zu gehören schienen. Dann hob sich die linke Hand der Rüstung, leise und langsam wie in Zeitlupe. Die Bewegung wurde schneller. Plötzlich donnerte die eisengepanzerte Hand des Ritters derart hart gegen das Türblatt, daß die Tür aufschwang.

      »Vielen Dank«, sagte Rander, der noch gar nicht begriffen hatte, und nickte der Ritterrüstung freundlich zu. Dann allerdings, nach Verklingen der Schrecksekunde, wandte er sich noch mal zur Rüstung um, die sich gerade in Bewegung setzte und davonmarschierte.

      »Das darf doch nicht wahr sein«, murmelte der Anwalt und schluckte betreten. »Haben Sie das mitbekommen, Parker?«

      »Ich will gestehen, Sir, daß ich das bin, was man gemeinhin beeindruckt nennt«, sagte der Butler und starrte der Rüstung nach, die auf einen Erkervorsprung des Herrenhauses zumarschierte und dann dahinter verschwand.

      »Immerhin, erstklassiger Service«, sagte Rander ironisch anerkennend. »Wer hier lebt, braucht wahrscheinlich keine Krimis mehr zu lesen.«

      *


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