Fiona - Gefühle. Zsolt Majsai

Fiona - Gefühle - Zsolt Majsai


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Sie bricht in Tränen aus und Jack hat Mühe, sie zu beruhigen. Schließlich reiche ich ihr eine Zigarette und gebe ihr Feuer. Das hilft. Das hilft immer. Sie wischt sich die Tränen ab und schnieft.

      Nachdem sie weg ist, sieht Jack mich an. „Schneewittchen“, nicke ich. „Endlich eine Spur. Wir brauchen dringend das Phantombild.“

      „Sie lässt es ja jetzt anfertigen. Was hältst du von ihrem Begleiter?“

      Ich zucke die Achseln. „Ein Dämon. Spannend finde ich die Frau. Einerseits kannte sie sich mit unseren Gepflogenheiten aus, aber so richtig auch wieder nicht.“

      „Das ist wahr. Glaubt, dass wir ihr helfen können und wollen, einen David zu finden. Welchen von den zigtausend?“

      „Das bedeutet, sie lebt nicht in der Zivilisation. Damit wird ihre Vorgehensweise zumindest teilweise verständlich. Und es macht sie und ihren Begleiter gefährlich. Genauer gesagt, ihre Begleiter. Im Garten waren definitiv die Spuren von mehr als zwei Dämonen.“

      „Wie viele?“

      „Vielleicht 4. Oder mehr. Genau konnte ich das nicht erkennen, dazu waren die Spuren zu durcheinander.“

      Jack lässt sich seufzend in einem der Sessel nieder. „Jetzt nehme ich auch eine Zigarette.“

      Wir sitzen schweigend da und rauchen.

      Falls Nasnat vor meiner Ankunft schlechte Laune hatte, wird sie durch meinen Anblick auch nicht besser. Da ich das allerdings schon gewohnt bin, lasse ich mich dadurch nicht verunsichern. Trotzdem wäre es sicherlich interessant zu erleben, wie Nasnat sich verhält, wenn er gute Laune hat. Falls er dazu überhaupt fähig ist. So allmählich habe ich da meine Zweifel.

      „Was willst du?“, bellt er, nachdem ich mich an ihm vorbeigedrängelt habe.

      „Zu dir.“

      „Du bist bei mir. Kannst also wieder gehen.“

      „Und mit dir reden!“

      „Das kostet aber extra.“

      „Das gehörte mal zum Basistarif.“

      „Du bist eine harte Verhandlungspartnerin. Na schön. Willst du einen Tee?“

      „Klar.“

      Wir setzen uns in die Küche. An die unsichtbare Bedienung habe ich mich schnell gewöhnt, jetzt fällt sie gar nicht mehr auf. Ich denke auch daran, mich nicht zu bedanken. Nasnat hatte mir mal erklärt, dass ich genauso gut zu der Wand „Danke“ sagen könnte.

      „Fang an zu reden.“

      Ich mustere den kleinen Nasnat. Wenigstens sind wir auf Augenhöhe. „Du warst auch schon mal freundlicher. Nicht viel freundlicher, aber so eine kleine Nuance, da bin ich mir ganz sicher.“

      „Ich bin kein Psychoonkel.“

      „Das ist wohl wahr.“ Zum Glück habe ich nichts im Mund und kann mich auch nicht verschlucken. „O. K., dann komme ich direkt zur Sache.“

      „Ich bitte darum.“

      „Kennst du Schneewittchen?“

      „Natürlich. Ich habe sie immer besucht, wenn die Zwerge in dem Berg waren.“

      „Oh. Warum hast du sie denn besucht?“

      Nasnat betrachtet mich mitleidig. „Meine Verehrteste, dein Mann tut mir leid. Läuft er schon über?“

      Ich schlage mir auf die Stirn. „Jetzt verstehe ich! Du hast einen Witz gemacht! – Entschuldige, es ist mir völlig entgangen.“

      „Wie gesagt, dein Mann tut mir leid. Was ist mit Schneewittchen? Schon wieder schwanger?“

      Ich umfasse die Teetasse mit beiden Händen, beuge mich über den Tisch und starre Nasnat in die Augen. „Sie und ihre Zwerge haben erst eine Bank überfallen, alle Menschen dort zerfetzt und teilweise aufgefressen. Dann haben sie heute meinen Freund Lieutenant Ben Norris zu Hause überfallen, entführt und vorher seinen Freund ausgeweidet und teilweise aufgegessen.“

      „Hm. So psychopathisch habe ich sie nie erlebt, da kann ich jetzt nichts dazu sagen. – Von der Bank habe ich gehört, das mit dem Polizisten ist neu für mich. Bist du sicher, dass es nicht bloß besonders durchgeknallte, menschliche Idioten sind?“

      „Bin ich. Ich konnte sie riechen.“

      Nasnat nickt langsam. „Das ist schade. Durchgeknallte menschliche Idioten, die so was machen, sind mir deutlich lieber als durchgeknallte Dämonen.“

      „Mir auch, Nasnat. Ich habe gehofft, du kannst mir helfen.“

      „Das würde ich gerne. Ich fürchte nur, dass ich in diesem Fall weniger weiß als du.“

      „Das geht gar nicht.“

      „Dann wissen wir beide nichts.“

      „Schade.“

      Nasnat nippt an seinem Tee und beobachtet mich aus den Augenwinkeln. „Er ist ein guter Freund?“

      „Ja. Er war dabei, als das mit … mit meinem Onkel geschah. Gefühlt der einzige Polizist, der auf meiner Seite stand.“

      „Ich verstehe. Es tut mir leid. Vielleicht bringt es was, intensiv darüber nachzudenken, wo sich solche Dämonen verstecken könnten. Denn eins ist offensichtlich: Sie halten sich noch nicht lange in der Zivilisation auf.“

      „Den Verdacht habe ich auch. Aber kannst du das ein wenig konkretisieren?“

      Er zuckt die Achseln. „Sie werden sich ja wohl kaum ein Appartement gemietet haben.“

      „Bleiben bloß eine Million Möglichkeiten“, erwidere ich. „Aber du hast recht, mit ihren Essgewohnheiten würden sie auffallen. Und wahrscheinlich auch mit ihren sonstigen Gewohnheiten. Jedenfalls, der Tee war mal wieder sehr gut.“

      „Daran wird sich auch niemals etwas ändern. Eher geht die Welt unter.“

      Er begleitet mich zur Tür hinaus. Wir verabschieden uns nicht, das tun wir nie. Denn dann müsste er ja zugeben, dass er sich über den Besuch gefreut hat.

      Draußen stelle ich erstaunt fest, dass es schon dunkel geworden ist. Mein Wagen, vielmehr der von James, steht unversehrt dort, wo ich ihn abgestellt habe. In dieser Gegend eigentlich gar nicht so selbstverständlich, allerdings scheint es, als würden das Haus und die nähere Umgebung von Leuten, die der Idee des Eigentums ablehnend gegenüberstehen, gemieden. Für den Rest der Gegend gilt das vermutlich eher nicht.

      Nach einem Blick auf die Tür zum geheimnisvollen Haus von Nasnat drehe ich mich um und will zu meinem Auto gehen. In der Drehbewegung nehme ich etwas wahr, was den inneren Roten Alarm auslöst, bevor ich bewusst wahrgenommen habe, dass etwas Großes und Dunkles auf mich zukommt. Zukommt? Zurast! Und zwar so schnell, dass ich trotz meiner übermenschlichen Reflexe keine Chance habe, den Angriff abzuwehren. Etwas Handartiges umschließt meinen Hals, eine andere Hand packt meine kurzen Haare, zusammen heben sie mich hoch und drücken mich gegen die Hauswand. In meinem Blickfeld erscheint das Gesicht meiner Albträume.

      Leuchtend blaue Augen mustern mich neugierig, Zähne, die selbst einem weißen Hai zur Ehre gereichen würden, blitzen hinter den sich öffnenden Lippen auf, als das Etwas zu mir spricht: „Du wirst Nasnat rausrufen.“

      „Warum klopfst du nicht bei ihm an, wie es sich gehört?“, erkundige ich mich.

      Er schlägt meinen Kopf mit einer lässigen Bewegung gegen die äußerst harte Hauswand. „Dein Humor ist berüchtigt. Man sagt, dass man dir die Augen rausreißen kann und du machst noch Witze über innere Welten.“

      „Anscheinend habe ich mir einen guten Ruf erarbeitet ...“ Das zweite Mal, als mein Kopf gegen die Hauswand klopft, tut es schon richtig weh. Wahrscheinlich habe ich eine Platzwunde. Die Situation wird ungemütlich.

      „Was hältst du davon, wenn du mich loslässt, bevor wir uns weiter unterhalten?“

      „Nichts.


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