Eine Münze für Anna. Anne Gold

Eine Münze für Anna - Anne Gold


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kenn ich nicht.»

      «Ein kleines Restaurant direkt am Kleinbasler Rheinufer, ein Steinwurf von der Mittleren Brücke entfernt. Dort lässt sichs ungezwungen plaudern und das Essen ist gut. Soll ich dich an der Schifflände ausladen oder kommst du mit zur Garage?»

      «Ich laufe gern noch ein paar Schritte.»

      Nicole fuhr die Petersgasse hoch und stellte den Mercedes in die Einzelgarage eines Altstadthauses.

      «So. Bitte alles aussteigen.»

      «Ich bin immer wieder von Neuem fasziniert, wie dir das gelingt. Die Garage muss ein Vermögen kosten.»

      «Finanziert durch den Steuerzahler. Schlappe vierhundertfünfzig Mäuse im Monat.»

      «Das ist nicht dein Ernst?»

      «So viel wird ein Nationalrat doch seinem Volk wert sein.»

      «Das machst du auf der Stelle rückgängig. Wenn du schon unbedingt aus Bequemlichkeit in der Altstadt parkieren willst, dann bezahlen wir es aus dem eigenen Sack.»

      «Der Herr ist wieder einmal höchst empfindlich. Wenn ich sehe, was sich deine Kolleginnen und Kollegen so alles leisten, dann sind die paar Franken zu vernachlässigen. Eine Investition in den Vorzeigenationalrat. Aber ich kann dich beruhigen, unser Parkplatz wird gesponsert.»

      «Noch schlimmer. Womöglich von einer Person, die dafür die ewige Dankbarkeit erwartet.»

      «Es sind nicht alle auf dein Beziehungsnetz aus.»

      «Sag mir seinen Namen und ich sage dir, was er von mir will.»

      «Ernst Christ.»

      «Paps?»

      «Exakt. Das Haus gehört ihm. Ich habe ihm die Garage abgeluchst. Clever, nicht?»

      Markus trat einige Meter zurück und schaute sich das kürzlich renovierte Gebäude an, bestimmt einige Hundert Jahre alt.

      «Johannes Froben soll in diesem Haus gelebt haben.»

      «Der Buchdrucker?»

      «Ernst ist sich sicher. Erasmus von Rotterdam sei bei ihm ein und aus gegangen. Er druckte für ihn auch das griechische Neue Testament in Zusammenarbeit mit seinen Druckerspezies Johannes Amerbach und Johannes Petri.»

      «Paps sammelt alte Bibeln. Warst du einmal in seiner Bibliothek?»

      «Er lud mich auf einen Drink ein, doch ich bin noch nicht dazu gekommen.»

      «Das darfst du dir nicht entgehen lassen. Er besitzt aus der Zeit von Froben einige Bücher, die von Hans Holbein dem Jüngeren illustriert wurden … Interessant … Ich wusste nichts von dem Kauf. Will er darin wohnen?»

      «Das verriet er mir nicht. Vielleicht sein Lustschloss, wo er ungestört von seinem neugierigen Sprössling und seinen Enkeln Damen empfangen kann.»

      «Denen begegnest du auch in seiner Villa.»

      «Los, komm. Mit einem Zwischenspurt sind wir beinahe pünktlich.»

      Nicole rannte die Stufen des Kellergässleins hinunter durch die Stadthausgasse zum Marktplatz, wo einige wenige Früchte- und Gemüsehändler sehnsüchtig auf Kunden warteten.

      «Nicht gerade Hochbetrieb.»

      «Wunderts dich bei den Preisen? Am Dienstag kaufte ich ein Kilo Schwarzwurzeln für acht Franken. Ganz schön heftig, wenn man bedenkt, dass beim Rüsten ein Drittel verloren geht.»

      «Dafür sind es lokale Produkte, das hat eben seinen Preis. Waren sie gut?»

      «Hervorragend.» Im Büro am Rheinsprung angelangt, überprüfte Nicole die Mails. «Dein Besucher verspätet sich anscheinend. Ich bring ihn zu dir rein, wenn er da ist. Kaffee?»

      «Gern. Und ein Croissant.»

      Nicole bat eine der beiden Sekretärinnen, Croissants zu besorgen, die andere servierte inzwischen einen Kaffee. Fünf Minuten später traf ein sichtlich genervter Ingo Rust ein. Ohne Nicole zu beachten, stürmte er ins Büro des Nationalrats.

      «Setz dich, Ingo. Kaffee oder Tee?»

      «Weder noch, danke. Ich war gerade drüben im Schiesser. Bumsvoll. Es dauerte eine geschlagene Viertelstunde, bis ich zahlen konnte. Deshalb bin ich auch zu spät.»

      «Du wolltest mich dringend sprechen, um was geht es?»

      Rust warf einen prüfenden Blick auf Nicole, die in der offenen Tür stand.

      «Unter vier Augen.»

      «Nicole ist meine Vertraute», er lächelte seine Assistentin an. «Komm bitte rein und schliess die Tür. Du musst also mit sechs Augen vorliebnehmen. Was gibts so Geheimnisvolles?»

      «Es geht um Bernd.»

      «Was ist mit ihm?»

      «Du musst dich von ihm trennen. Sofort.»

      «Weshalb?»

      «Er ist in den Fall Michael Redding verstrickt.»

      «Ich weiss, er vertritt ihn vor Gericht.»

      «Ja, das auch, doch darum geht es nicht. Bernd ist in Wirklichkeit einer der Strippenzieher.»

      «Sagt wer?»

      «Das spielt keine Rolle. Er ist an der Schweinerei beteiligt, dafür gibt es genügend Beweise. Verstehst du? Er ist nicht nur Reddings Anwalt, sondern sein Kompagnon. Du musst dich vor ihm fernhalten, sonst reisst es dich mit in den Abgrund. Es ist eine Frage von Tagen, dann sitzen beide im Waaghof.»

      «Sagen deine Zuträger.»

      «Du kannst dich darauf verlassen, es stimmt. Ich weiss es aus erster Quelle.»

      «Deine Sorge um mich ist wirklich nett. Aber ich kenne Bernd seit meiner Kindheit, wir studierten zusammen. Er mag ein Schlitzohr sein, doch mit Sicherheit kein Betrüger. Da musst du mir schon konkrete Beweise vorlegen. Und selbst dann würde ich zuerst mit Bernd reden, bevor ich ihm meine Freundschaft aufkündige.»

      «Du bist ein Narr, Markus. Du stehst kurz vor dem Sprung in den Bundesrat. Wenn wir dich nominieren, wird dich die Vereinigte Bundesversammlung im ersten Durchgang wählen. Mit einem Glanzresultat. Hältst du an Bernd fest, bist du erledigt. Möglicherweise kannst du dich nicht mal als Nationalrat halten.»

      «Ich opfere keinen Freund aufgrund vager Anschuldigungen.»

      «Wie du meinst. Somit stellen wir dich nicht als Bundesratskandidaten auf. Was gibts da zu lachen, Frau Ryff?»

      «Das ist der grösste Blödsinn, den ich in letzter Zeit gehört habe. Wen wollt ihr denn nominieren?»

      «Es gibt einige, die nur darauf warten, dass wir sie berücksichtigen.»

      «Mir fällt auf die Schnelle in Basel niemand ein. Sie können lediglich aus einer Ansammlung von lebenden Leichen wählen.»

      «Das verbitte ich mir.»

      «Gut. Nennen Sie mir einen vollwertigen Ersatz für Markus und ich entschuldige mich bei Ihnen … Ich warte.»

      «Sie werden überrascht sein, wenn ich Ihnen unseren neuen Kandidaten präsentiere. Markus, überleg es dir. Ich meine es gut mit dir. Du wärst ein hervorragender Bundesrat. Aber du hast nicht den Hauch einer Chance, solange sich Otter an dich klammert. Du musst ihn loswerden.»

      «Meine Antwort kennst du. Bernd ist und bleibt einer meiner besten Freunde. Ich danke dir, dass du mich auf die Gefahren hinweist.»

      «Wie du willst.» Rust erhob sich schwerfällig. «Etwas Zeit bleibt dir noch, falls du es dir noch anders überlegst. Sie planen, Otter und Redding am Freitag hochzunehmen. Wir könnten morgen mit einer Pressekonferenz dem Ganzen zuvorkommen.»

      «Und was soll ich da sagen?»

      «Dass dich der Fall Redding bis ins Mark getroffen hat und du die Staatsanwaltschaft aufforderst, schonungslos


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