Familie Dr. Norden Classic 42 – Arztroman. Patricia Vandenberg
kritisch und vorsichtig.
*
Die Wohnung war eingerichtet. Es fehlte noch so manches, aber Laura verstand es zu improvisieren. Dieser Traum hatte sich erfüllt, aber wenn sie darüber nachdachte, war es doch nur ein Wachtraum gewesen und sie hatte ihn durch ihre Tatkraft verwirklicht. Ihr wurde aber auch bewußt, daß sie in ihrem jungen Leben schon eine Menge Geld verdient hatte, aber auch, daß sie damit haushalten mußte. Wenn sie nach New York ging, würde sie nichts verdienen und die Kosten dafür waren hoch. Wollte sie nicht zuviel auf einmal?
Unwillkürlich wanderten ihre Gedanken zu Maren, die auch einmal ganz erfolgreich gewesen war, aber dann sehr rasch vergessen wurde. Immerhin hatte sie verstanden, sich in ein gemachtes Nest zu setzen. Laura wollte gar nicht wissen, wieviel Geld sie ihren Vater schon gekostet hatte. Sie war nicht gehässig, aber Marens Überheblichkeit und ihr ganzes Benehmen empfand sie als Ärgernis.
Sie hatte aber nie zuvor einen Menschen kennengelernt, der es so gut verstand wie sie, sich rigoros durchzusetzen. Es wäre für Laura eine Freude gewesen, Maren jetzt zu sehen, nachdem sie vergeblich versucht hatte, sich wieder bei Paul einzuschmeicheln. Diesmal blieb er hart. Zu sehr nagte es noch an ihm, daß sie Laura vertrieben hatte. So sah er es, und er fühlte sich auch nicht frei von Schuld.
Maren wußte jedenfalls, was die Glocke geschlagen hatte und fühlte sich entsprechend. Als Paul dann jedoch das Haus verlassen hatte, wußte sie schon, wie sie sich auf andere Gedanken bringen konnte. Sie tätigte einen Anruf und beschäftigte sich danach eine Stunde mit ihrem Outfit, um sich dann in ihr Auto zu setzen und nach Garmisch zu fahren. Dort wurde sie im Casino von Jo Jordan erwartet, wenn auch nicht gerade überschwenglich begrüßt.
»Wieso der überraschende Besuch?« fragte er spöttisch.
»Ich habe das Gefühl, daß ich einen guten Tag habe. Außerdem habe ich etwas mit dir zu besprechen. Ich brauche dich, Jo.«
Er warf ihr einen schrägen Blick zu und lächelte zynisch.
»Was führst du im Schilde? Hat dich dein Alter durchschaut?«
»Sei nicht so gemein, wenn bei uns etwas nicht stimmt, ist seine Tochter schuld. Sie ist ein ganz raffiniertes Biest.«
»Was du nicht sagst, hat sie sich so viel bei dir abgeschaut in den paar Jahren?«
Sie kniff die Augen zusammen. »Vielleicht hätte ich doch nicht kommen sollen, aber für dich wäre allerhand drin, wenn du mal zuhören würdest.«
Er zündete sich eine Zigarette an und lehnte sich zurück. »Wieviel?« fragte er.
»Etwa fünfzigtausend.«
»Das ist nicht gerade viel. Ich denke in anderen Dimensionen.«
»Ich will ja nur, daß du mir jemand vermittelst, der zuverlässig ist.«
»Dann laß mal hören«, sagte er grinsend.
Sie beugte sich dicht zu ihm, und mit gedämpfter Stimme raunte sie ihm zu, was sie geplant hatte.
»Und was versprichst du dir davon?« fragte er, als sie schwieg.
Sie schnippte mit den Fingern. »Rate mal, du wirst schon noch darauf kommen. Und jetzt will ich mein Glück versuchen.«
Sie gewann tatsächlich und konnte mit ungefähr zwölftausend Mark Gewinn nach Hause fahren.
*
Paul Lanzing war zu Lauras Wohnung gefahren. Es hatte ihn hingetrieben. Er wollte ihr noch einmal sagen, daß sie seine Hilfe jederzeit in Anspruch nehmen könne.
Zufällig war Laura noch anwesend, als er kam und war doch überrascht über sein Erscheinen.
»Du hast die Adresse aber schnell herausgefunden«, meinte sie lässig.
»Das war nicht schwer. Du weißt doch, daß ich meine Verbindungen habe. Aber mir wäre es recht gewesen, wenn du vorher mit mir darüber gesprochen hättest.«
»Ich wollte dir beweisen, daß ich allein zurechtkomme, Papa. Du dachtest immer noch, daß ich nicht erwachsen sei, aber jetzt wirst du wohl überzeugt sein.«
»Was deine Geschäftstüchtigkeit betrifft, scheinst du etwas von mir mitbekommen zu haben.«
»Das habe ich nie bestritten. Bitte, nimm Platz, eine Tasse Kaffee kannst du bei mir auch bekommen, aber ich habe nicht viel Zeit, denn ich habe noch eine sehr wichtige Verabredung.«
»Ich wollte dir sagen, daß ich eine sehr ernste Auseinandersetzung mit Maren hatte.«
»Es interessiert mich nicht, Papa. Es ist ganz allein deine Angelegenheit.«
»Ich habe einen Fehler gemacht, den ich längst eingesehen habe. Willst du mich dafür ewig bestrafen, Laura?«
»Du bestrafst dich nur selbst«, meinte sie, und er sah sie staunend an. Sie erschien ihm so überlegen, daß er sich jetzt noch jämmerlicher fühlte.
»Ich habe den Entschluß gefaßt, mich von Maren zu trennen. Sie weiß, daß es mir ernst ist.«
»Dann möchte ich nicht wissen, was sie jetzt ausheckt, um sich zu rächen. Nimm dich in acht, Papa.«
»Woher nimmst du nur soviel Weisheit?« fragte er beklommen.
»Das ist keine Weisheit, das ist die Erfahrung in meinem Beruf. Nirgendwo sonst gibt es so viel Intrigen, Konkurrenzneid und falsches Getue.«
»Und wie paßt du da hinein?«
»Ich habe den Vorteil, daß ich alles so nehme, wie es kommt. Ich habe bisher keinen großen Ehrgeiz und hatte das Glück, daß mir alles zugefallen ist. Ich brauchte um keine Rolle zu kämpfen. Ich will auch nicht geliebt und bewundert werden, außerdem bin ich dafür zu unbedeutend. Wenn ich von einem Regisseur oder einem anderen Darsteller dumm angeredet werde, zucke ich die Schultern. Es geht mir nicht unter die Haut, weil ich eigentlich keine großen Erwartungen habe und auch nicht unter Erwartungsdruck stehe.«
»Und wie kommt es, daß du so viel Erfolg hast?«
»Ich betrachte das auch nicht als Erfolg. Ich bin wahrscheinlich für bestimmte Rollen richtig, und die verantwortlichen Leute merken schon, daß ich kein Dummchen bin. Ich überlege nicht, warum ich wenig Schwierigkeiten habe. Außerdem bin ich immer pünktlich, und deshalb muß ich jetzt gehen, Papa.«
Er hatte sich schon erhoben. »Wann sehen wir uns wieder, Laura?«
»Kommst du zur Premiere?«
»Wenn ich noch eine Karte bekomme?«
»Ich bringe sie dir morgen ins Büro, aber nur eine Karte.«
»Ich will auch allein kommen.«
Sie ließ es sich gefallen, daß er sie in den Arm nahm und auf die Wangen küßte.
Sie verließen zusammen das Haus, jeder ging zum eigenen Wagen. Paul blieb an seinem noch stehen und winkte Laura zu.
Sie hatte plötzlich ein wehmütiges Gefühl, weil er so verloren wirkte. Sie begriff, daß er für seinen Fehler sehr teuer bezahlte, auch mit seiner Selbstachtung.
*
Bei der Verständigungsprobe traf Laura Bobby Dreek. Plötzlich war ihr der Traum wieder ganz gegenwärtig. Bobby war ein sehr attraktiver junger Mann, ein Mädchenschwarm. Wo immer er sich in der Öffentlichkeit zeigte, wurde er umlagert. Es gefiel ihm, man sah es ihm an.
Laura konnte sich auch nicht beklagen über ihre Fans, aber sie mied die Öffentlichkeit und das Gedränge und auch, mit Bobby gesehen zu werden, obgleich er es darauf anlegte.
Auch an diesem Tag. »Gehen wir noch irgendwohin, Laura?« fragte er. »Nur auf einen Drink, damit wir mal ein bißchen privat reden können.«
»Ich habe keine Zeit, bin gerade erst umgezogen.« Sie hätte das lieber nicht als Ausrede benutzen sollen, denn er fragte sofort, warum sie nicht mehr zu Hause wohne.
»Hat dich die flotte Maren