Familie Dr. Norden Classic 42 – Arztroman. Patricia Vandenberg
soll. Fehler machen wir alle. Hoffentlich bleiben dir Fehlentscheidungen erspart. Du scheinst ganz schön clever geworden zu sein.«
»Ich gehe mit offenen Augen und Ohren durch die Welt, Romi. Ich bin durch Papas Fehltritt sehr mißtrauisch geworden. Das hat auch sein Gutes, aber ich will nicht zusehen, wie er zugrunde geht. Jedenfalls weiß ich, daß er nicht so energisch nach einer Lösung suchen würde, wenn ich mir nicht eine eigene Wohnung gesucht hätte, ohne ihn zu fragen und um Geld zu bitten. Ich habe sie von meinem selbstverdienten Geld gekauft. Und im Herbst will ich nach New York gehen.«
»Das auch noch«, sagte Rosemarie, »wozu kaufst du dir dann in München eine Wohnung?«
»Eine gute Geldanlage, und ich spare Steuern.«
Rosemarie riß die Augen auf. »Wenn ich mit neunzehn Jahren doch auch schon so clever gewesen wäre! Aber ich habe ganz gern auf Kosten meines Vaters studiert, und wozu habe ich es gebracht? Zu diesem Geschäft, in dem Reiseandenken besser gehen als Antiquitäten, die mein Vater schon herbeigeschafft hat.«
»Was soll denn das nun wieder? Du bist tüchtig und unabhängig, und wenn man danach geht, brauchst du keinen Mann, der für deinen Lebensunterhalt aufkommt. Maren ist faul und geldgierig. Papa braucht einen Menschen, der ihn versteht, den er respektiert. Wir wollen jetzt gar nicht von Liebe reden, Romi, die muß sich erst in vielen Dingen beweisen. Wie oft wird dieses Wort entwertet. Ich kriege jedes Mal einen dicken Hals, wenn unsere Stars und Sternchen mit irgend jemand telefonieren und zum Schluß immer sagen: ›Ich liebe dich!‹ Und beim nächsten sagen sie es auch. Es ist alles so verlogen.«
»Das klingt aber gar nicht begeistert, und man sollte meinen, daß dieser Beruf immer ein Wunschtraum für dich war.«
»Träume habe ich genug, Romi, aber wenn ich in diesem Beruf wirklich etwas werden will, muß ich mich von vielen Illusionen lösen. Als Tänzerin werde ich gleich an die Wand gespielt. Es ist wohl in jedem Beruf so, daß man seine Grenzen erkennen muß. Jetzt muß ich aber fahren, es wird eine lange Nacht. Hier hast du meine neue Adresse und Telefonnummer. Ich hoffe, daß ich bald von dir höre.«
»Sagst du mir Bescheid, wenn sich bei Paul etwas tut?«
»Ich werde ihm sagen, daß er dich mal besuchen soll.«
*
Dr. Norden bekam an diesem Nachmittag in seiner Praxis den Besuch von Paul Lanzing. So sehr er auch überrascht war, Pauls Aussehen verriet ihm, daß er ärztliche Hilfe brauchte.
Paul versuchte das zu verharmlosen. »Ausgerechnet heute geht es mir nicht gut, aber ich kann Laura nicht enttäuschen. Ich muß zu ihrer Premiere gehen. Bitte geben Sie mir etwas, damit ich den Abend einigermaßen überstehe.«
»Ich kann Ihnen doch nicht einfach irgend etwas geben, Herr Lanzing. Sie müssen mir schon gestatten, daß ich Sie wenigstens untersuche.«
»Ich bin nicht krank, nur überarbeitet, und ich schlafe so schlecht in letzter Zeit.«
»Sonst keine Beschwerden? Sagen Sie lieber die Wahrheit, ich bringe es doch heraus.«
»Ich habe keinen Appetit, aber um ehrlich zu sein, auch viel Ärger.«
»Dann reden wir doch mal darüber. Ist es, weil Laura ihre eigenen Pläne hat?«
»Ich verstehe sie ja, daß sie sich eine eigene Wohnung gesucht hat, es geht einfach nicht mit ihr und Maren unter einem Dach. Sie hat vollkommen recht, ich habe mit dieser Heirat einen Riesenfehler begangen.«
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