Die Flut. Ulrike Schmitzer

Die Flut - Ulrike Schmitzer


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Frau.

      Paula war verlegen.

      Mama, ich bitte dich, sei nicht böse, sagte sie.

      Ich versteh schon, sagte die Frau. Da riecht’s aber gut nach Kaffee. Sie grinste die Kleine an, die durch die Armbeuge hervorlugte.

      Was ist denn bloß mit den Schweinen los, fragte Paula. Die sind riesig.

      Den Schweinen geht es gut, sagte der Bauer. Das sind die einzigen, denen es gut geht. Die werden immer fetter und frecher.

      Der Bauer deutete auf die Schweine, die sich im ganzen Hof breit machten.

      Die scheißen jetzt rosa, sagte er.

      Alles rosa, sagte die Frau und beugte sich zur Kleinen. So wie du das immer in deinen Bildern zeichnest.

      Schön, kreischte die Kleine, klatschte in die Hände und verlangte einen Stift zum Malen.

      Wo ist der Bub, fragte der Bauer.

      Die Frau sah ihn an und dann Paula.

      Ich weiß es nicht, sagte Paula und weinte. Sie haben ihn direkt von der Schule weggeholt. Ganz am Anfang, vielleicht eine Woche nach der Flut, haben sie gesagt, die Schule muss weitergehen. Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich ihn doch zu Hause behalten. Wer konnte denn so was ahnen?

      Wann hast du ihn zuletzt gesehen, fragte der Bauer.

      Als ich den Buben abholen wollte, war er weg. Aus jeder Klasse fehlten ein paar. Niemand weiß, wie sie sie ausgewählt haben. Warum haben sie bloß ihn mitgenommen? Wir haben geschrien, protestiert. Nichts. Ich glaube, die Schulleitung weiß auch nichts. Der Direktor hätte das nie zugelassen. Der war ein starker, wenn auch oft sehr sturer Mann. Aber er war zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr da. Als seine Ohren schwarz wurden, haben sie ihn sofort abgezogen. 54 Kinder haben sie mitgenommen. Das Warten war furchtbar. Wir hofften doch alle, dass sie wiederkommen. Zwei Wochen später hat Else – die Mutter von Fabian – angerufen. Sie hat geheult, und ich konnte sie erst gar nicht verstehen. Der Fabian war plötzlich wieder da. Sie haben ihn aus einem Bus geschmissen und laufen lassen. Eine Woche später Lukas. Und nach vier Wochen Edgar, der war der Letzte, der zurückgekommen ist. Ich wusste nicht, ob ich noch warten soll. Was, wenn sie die Kleine in der Zwischenzeit auch noch holen? Was, wenn er heimkommt und wir sind nicht mehr da? Hätte ich noch warten sollen, Mama, was hätte ich denn tun sollen?

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