CHAOS. Alec Xander
brachte Lucas unwillkürlich zum Kichern. „Hätte mich auch gewundert, wenn dem so gewesen wäre.“
„Mir fällt gerade echt nichts ein.“ Bastian war konsterniert.
„Mir aber.“
„Ach und was?“
„Ausdauer.“
„Ausdauer?“, wiederholte Bastian langsam fragend.
„Yep. Für drei Jahre des Aushaltens auf dieser Schule. Dafür sollte man dir ’n Orden verleihen“, war er überzeugt.
„Vielleicht bekomme ich den ja noch.“
„Ernsthaft. Ich hätte mich schon gleich zu Beginn prügeln können.“
Wenn der herausfindet, dass ich schwul bin, bangte Bastian innerlich. „Mit wem denn?“
„Ach, ich weiß nicht. Mit fast jedem. Die sind alle so unfreundlich und ziehen eine Fresse, als sei die Welt untergegangen.“
„Du prügelst dich also gern?“, horchte Bastian vorsichtig auf.
„Nein, nicht wirklich. Nur, wenn jemand versucht, mich anzugreifen, dann …“
„Dann?“
„Yep.“
„Wie meinst du das?“
„Wie meine ich was?“
„Du sagtest, wenn jemand versucht …“
„Yep.“
„Wieso versuchen?“
„Na, weil sie es nicht schaffen“, stellte Lucas selbstbewusst klar.
„Okay. Dich mach ich mir dann mal lieber nicht zum Feind.“ Er verzog die Mundwinkel.
Als brutaler Schlägertyp wollte Lucas nun wirklich nicht rüberkommen und Bastian Angst zu machen, lag auch nicht in seinem Interesse. „Keine Sorge. Ich schlage keine Menschen, die mir sympathisch sind.“
Hatte Bastian sich etwa verhört? „Du kennst mich kaum“, sagte er überrascht.
„Die ersten Sekunden sind doch immer die wichtigsten überhaupt.“
Bastian versuchte das aufkommende Grinsen zu unterdrücken.
„Du warst echt ohne Scheiß der Erste hier, dem ich nicht sofort ein paar Zähne ausschlagen wollte.“
„Ich fasse das jetzt mal als Kompliment auf.“
„Oh, ja“, sagte Lucas zustimmend. „Das kannst du. Allerdings kann sich ja auch noch herausstellen, dass du genauso ein Arschloch bist wie diese Spastis.“
„Nein, keine Sorge.“
Eine kurze Grabesstille folgte.
„Wie alt bist’n eigentlich?“, erkundigte Lucas sich.
„Ich?“
Scherzend sah Lucas um sich. „Ich sehe hier sonst niemanden.“
Abermals lief Bastian regelrecht rot an. „Ich, ähm bin sechzehn. Selbst?“
„Siebzehn.“
„Und, wo kommst du her?“, traute sich Bastian, ihn neugierig zu fragen.
„Aus meiner Mutter“, erwiderte Lucas trocken, musste sodann aber lachen. Er stieß den Entgeisterten sanft gegen die Schulter und streckte ihm scherzhaft die Zunge heraus.
„Das ist ekelig.“
„Tja, leider kommen wir alle aus einer Muschi.“
„Hör auf oder ich kotz gleich!“
„Was’n? Ist doch so. Oder schon mal einen schwangeren Mann gesehen?“
„Komische Vorstellung. Ein Mann mit Bauch. Wobei, davon gibt es reichlich.“
„Ich rede nicht von einem Bierbauch“, entgegnete Lucas.
„Dann nicht.“
War Bastian nur ein zurückhaltender und schamhafter Typ oder war er auch schwul? Lucas wollte dies unbedingt in Erfahrung bringen. „Du, Basti?“
„Hm?“
„Kann ich dich was fragen?“
„Ja, klar.“
„Hast du eigentlich ‘ne Perle?“
Bastian machte ein bedauerliches Gesicht. „Schmuck besitz ich nicht wirklich.“
Unwillkürlich musste Lucas lachen.
„Oh!“, machte Bastian, als er schnallte, was der Attraktive damit gemeint hatte. „Nein, so meinte ich das nicht.“
„Scheiße, bist du vielleicht mal cool, Mann“, gestand Lucas und zündete sich eine weitere Zigarette an.
„Ähm, gleichfalls.“ Leichter Wind ließ seine Haare wehen. „Ist dir nicht kalt?“, wunderte er sich mit dem Blick auf Lucas‘ Oberteil.
„Nein, sollte es?“
„Sag du es mir.“
„Nicht wirklich. Ham doch irgendetwas mit zwanzig Grad oder so.“
„Siebzehn.“
„Hast’n Thermometer dabei?“
„N-nein. Ich schau morgens meistens nur ein wenig fern. Musik meistens, aber manchmal schaue ich kurz vorm Gehen den Wetterbericht.“
„Ich treibe lieber Sport.“
„Man sieht es.“
„Echt?“ Lucas erhob sich, um mit seinen Armmuskeln Eindruck zu schinden. „Findeste?“
„Ähm, ja schon“, entgegnete Bastian, als Lucas seine Muskeln anspannte. Wie schön es wohl sein muss, von ihm in den Arm genommen zu werden, träumte er vor sich hin.
„Alles okay?“, fragte Lucas, als er erkannte, dass sein Gegenüber wieder dieses seltsame Gesicht machte. War seine Aktion vielleicht zu angeberisch?
„Wieso fragst du mich das ständig?“, wollte Bastian lächelnd wissen.
„Sorry, Mann. Du wirkst halt nur manchmal etwas … verträumt.“
„Bin noch nicht ganz bei mir“, redete Bastian sich gekonnt raus und sah stracks auf sein Handy. Acht Minuten hatte er nur noch, bis er zurück in den Unterricht musste.
„Welches Modell?“, fragte Lucas.
„Ähm, 3310, glaube ich.“
„Hab das gleiche, nur in Rot.“ Lucas versuchte sein Handy aus der Tasche zu holen, was gar nicht so leicht war, da der Stoff verdammt eng ansaß.
Bastian traute sich kaum, dabei zuzusehen, wie der Begehrenswerte beinahe schon verzweifelt probierte, das Handy aus der Jeans zu bekommen. Abwechselnd fielen seine Blicke auf Lucas‘ Schritt und die Hand, die sich bemühte, in der Tasche zu wühlen.
„Leck mir doch einer das Fell vom Kopf!“ Endlich schaffte er es, das Handy herauszuholen.
„Ganz schön gewagt“, entfuhr es Bastian, wobei er auf Lucas‘ Hose blickte.
„Und was genau meinst du?“
„Diese Hose.“
Grüblerisch sah Lucas an sich herab. „Was stimmt denn mit der Hose nicht?“
„Gar nichts. Sie sieht gut aus“, sagte er und fügte ungewollt hinzu: „Steht dir.“
„Ach, sie steht mir?“
„Ja, schon.“ Bastian versuchte sich das Grinsen zu verkneifen.
Lucas